Scheidentrockenheit unter Antihormontherapie: Was hilft?

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Viele Frauen kennen sie, nur wenige reden darüber: die Scheidentrockenheit. Sie kann für Frauen sehr belastend sein. Allen Frauen, die darunter leiden, sei folgendes gesagt: Sie sind nicht allein mit diesem Problem und es gibt Möglichkeiten der Behandlung. Diese fasst Dr. Steffen Wagner aus Saarbrücken im Gespräch mit Mamma Mia! zusammen.

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Mamma Mia!: Warum klagen so viele Frauen mit Brustkrebs über Beschwerden im Scheidenbereich?

Dr. Steffen Wagner: Vor allem unter einer antihormonellen Therapie mit Aromatasehemmern kommt es zu einem (gewollten) starken Abfall des Östrogens. Dies führt bei über zwei Drittel aller Frauen zu einem Dünnerwerden der Scheidenschleimhaut mit Trockenheit und häufigen Schmerzen. Diese reichen von Berührungsempfindlichkeit bis zu heftigen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, der sogar nicht selten ganz unmöglich wird. Da die gesunde Scheidenflora verschwindet, können auch häufiger Infekte auftreten. Bei Tamoxifen ist die Scheidentrockenheit deutlich seltener und kann sich bei älteren Patientinnen sogar bessern.

Mamma Mia!: Aber dieses Problem haben doch nicht nur Brustkrebspatientinnen?

Dr. Steffen Wagner: Nein, auch etwa die Hälfte der gesunden Frauen klagt über ähnliche Symptome. Da eine gesunde Frau nicht so abrupt in die Wechseljahre kommt und auch häufig noch minimale Östrogenspiegel aufweist, werden die Beschwerden aber nicht ganz so stark empfunden wie unter einer antihormonellen Therapie.

Mamma Mia!: Sind auch junge Frauen von dem Problem betroffen?

Dr. Steffen Wagner: Ja und Nein. Bei alleiniger Tamoxifentherapie eher selten. Aber: Besonders gravierend wirkt sich eine Aromatasehemmertherapie (nur gemeinsam mit Ausschaltung der Eierstöcke durch Operation oder Medikamente) aus, so dass hier unbedingt frühzeitig von Anfang an eine Behandlung begonnen werden sollte.

Mamma Mia!: Was können die Frauen in diesen Fällen tun?

Dr. Steffen Wagner: Zunächst ist es wichtig, dass bei Beginn einer antihormonellen Therapie über mögliche zu erwartende Nebenwirkungen gesprochen wird. Wenn die Patientin weiß, was auf sie zukommt, entstehen weniger Ängste und falsche Scham. Mögliche langandauernde Beschwerden durch Schrumpfung der Scheidenwand können durch ein offenes Ansprechen mit frühzeitiger Behandlung verhindert werden. Erst wenn die anatomischen Voraussetzungen dafür geschaffen sind, kann die Frau ihre Sexualität überhaupt (wieder) genießen.

Mamma Mia!: Ist es vielen Frauen nicht peinlich darüber zu sprechen?

Dr. Steffen Wagner: Offen gesagt kommt das äußerst selten vor. Meistens sind die Patientinnen froh und dankbar, wenn man das Thema anspricht. Dies kann natürlich nicht „zwischen Tür und Angel“ stattfinden. Wenn zusätzlich vorbestehende Partnerschaftskonflikte oder sexuelle Probleme vorliegen, sollte unbedingt auch an eine psychosexuelle Mitbetreuung gedacht werden.

Mamma Mia!: Was schlagen sie Ihren Patientinnen konkret vor?

Dr. Steffen Wagner: Das kommt auf den Wunsch der Patientin und den Schweregrad der Beschwerden an. Häufig erreichen die Frauen mit einer täglichen Anwendung von speziellen vaginalen Feuchtigkeitscremes oder -zäpfchen eine sehr gute Befeuchtung und Elastizität der Scheide. Bei Bedarf kann dann noch ein kurzwirksames Gleitgel angewendet werden. Bei starken Beschwerden oder wenn die Vaginalschleimhaut schon lange unter dem Östrogenmangel gelitten hat, reichen diese hormonfreien Cremes und Gele häufig nicht aus. Dann sollten hormonhaltige Zäpfchen angewendet werden.

Mamma Mia!: Hormone bei Brustkrebs? Fördert das nicht das Tumorwachstum?

Dr. Steffen Wagner: Prinzipiell ja. Aber nicht bei einer bestimmten Östrogenform, dem so genannten „Estriol“ (im Gegensatz zum „Estradiol“= Östrogen aus den Eierstöcken). Dieses Hormon wird nur minimal über die Scheidenschleimhaut ins Blut aufgenommen und dies auch nur am Anfang der Therapie, wenn die Scheidenschleimhaut noch sehr dünn ist. Auf jeden Fall ist dies in niedriger Dosierung völlig ungefährlich (0,03 mg Estriol/Zäpfchen. Handelsname: Gynoflor oder Oekolp 0,03). Eine aktuelle Studie von PD Dr. Stefan Buchholtz aus der Uni Regensburg konnte zeigen, dass die oben genannten Zäpfchen ohne Gefahr verwendet werden können, was auch in die aktuellen Leitlinien der AGO eingeflossen ist.

Mamma Mia!: Wie können diese Zäpfchen angewendet werden?

Dr. Steffen Wagner: Am besten für zwei bis vier Wochen täglich vor dem Zubettgehen, dann alle zwei bis drei Tage. Aber bitte ausschließlich die oben genannten niedrig dosierten Zäpfchen verwenden. Achtung: Auf den Beipackzetteln dieser Präparate steht, dass diese bei Brustkrebs eher nicht gegeben werden sollten. Aus verfahrenstechnischen Gründen wird dieser Text auf absehbare Zeit wahrscheinlich nicht geändert. Diese Aussage ist jedoch „veraltet“ und sollte keiner Frau Angst bereiten!

Mamma Mia!: Gibt es noch andere Therapiemöglichkeiten?

Dr. Steffen Wagner: Wenn sich nach längerer Zeit sich die Scheide aufgrund des hormonmangelbedingten Kollagenschwunds bereits verengt hat, ist eine vorsichtige Dehnung mit so genannten Vaginaldilatatoren oder Dildos zusätzlich zur lokalen Östrogentherapie sehr hilfreich.

Dr. Steffen Wagner

Frauenärzte Saarbrücken West
Onkologischer und operativer Schwerpunkt
Lebacher Straße 78
66113 Saarbrücken

Kommentare • 6
  1. Hallo,
    Auch bei mir wurde 5 Jahre lang diese Therapie, auch OP und 25 Bestrahlungen.
    Jetzt gelte ich als gesund!
    Bin schon dankbar – allerdings lt. meinem Arzt soll ich hinnehmen, dass ich keine Lust bzw. starke Schmerzen beim Geschlechtsverkehr verspüre. Dürfte nicht nur Trockenheit sein, da ich keinerlei Erleichterung beim Schmieren mit Vaginalcreme erfahre
    Ich wäre wirklich sehr glücklich, wenn e
    Man mir helfen könnte…

    Lg und ich erwarte Ihre Antwort
    Elisabeth Summer

    1. Liebe Frau S.,
      hier die Antwort unseres Experten:
      Die Probleme aus Ihrer Schilderung werden leider häufig geäußert, weil direkt mit der Antihormontherapie verknüpft. Ein wichtiger Gedanke dazu unsererseits ist, dass aus ärztlicher Sicht Ihre gesamte Lebensqualität betrachtet wird.
      Wir können die Frage nicht wirklich genau beantworten – da nicht klar ist, ob es sich bei der von Ihnen erwähnten Vaginalcreme um eine östrogenhaltige Creme handelt. Auf jeden Fall gibt es vielfältige Behandlungsmethoden, um für Sie eine spürbar bessere Lebensqualität zu erreichen. In den Brustzentren finden sich auf jeden Fall Kolleg:Innen, die sie sehr individuell beraten können.

      Herzliche Grüße
      Das Mamma Mia!-Team

  2. hallo ich hab auch die Ovestin 1mg Creme empfohlen bekommen aber wie ich den Packungsbeilage gelesen habe und die nebenwirkungen gesehen habe wurde ich total verunsichert und haben Angst die nebenwirkungen sind schon heftig mit M.f.g Dagamar Müller

    1. Liebe Frau Müller,
      wir haben diese Frage einmal an unseren Experten weitergeleitet.

      Die Creme ist aus meiner Sicht unbedenklich einzusetzen. Bei Vorliegen (bzw Zustand nach) einer Hormonrezeptor-positiven Brustkrebserkrankung gibt es allerdings zumindest theoretische Bedenken, ob damit das Rückfallrsiko ggf erhöht werden kann. Dagegen müssen sie ihre Beschwerden abwägen.

      Wir hoffen, diese Antwort hilft Ihnen weiter.

      Herzliche Grüße

  3. Hallo, bei mir wurde 2008 mit 44Jahren Brustkrebs festgestellt. Ich habe Chemo Bestrahlung u Antihormontherapie mit Tamoxifen eine Therapie gemacht! 2016 wurde bei mir eine Autoimmunerkrankung das Sjögren Syndrom mit einer Unterlippenspeicheldrüsenbiobsie festgestellt. seit 2008 ist es nichts mehr wie es mal war!! Meine Vaginal Schleimhaut ist nicht mehr wie sie einmal war! Mein neuer FA hat mir Ovestin 1mg Creme empfohlen! Nachdem ich die Packungsbeilage gelesen habe, bin ich jetzt total verunsichert diese anzuwenden, da mir immer gesagt wurde auf eine Anwendung einer Hormonhaltiger Creme zu verzichten! Ich bin jetzt verunsichert und habe bedenken diese anzuwenden!
    MfG Eva Ballweg

    1. Liebe Eva,
      ihre Lebensqualität ist wichtig und Symptome sollten unter Berücksichtigung der Brustkrebserkrankung vor 15Jahren behandelt werden. Bei Trockenheit der Vaginalschleimhaut werden primär zwar nicht hormonelle Vaginalgele empfohlen, aber sie können auch Östriol (E3 0,03mg) als Kur (4Wochen 1×1 pro Tag, dann 8Wochen 3x1pro Woche) lokal anwenden – hierzu gibt es gute Daten, dass die Wirkung sich fast nur auf die Vaginalschleimhaut beschränkt. Besprechen sie Ihre Ängste, die Aufgrund der Packungsbeilage entstanden sind mit ihrem neuen Frauenarzt – eine gute Vertrauensbasis ist unabdingbar für die weitere Arzt-Patientin-Beziehung.

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