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Antihormontherapie bei Brustkrebs

Redaktion Mamma Mia!

Antihormontherapie
© iStock / FilippoBacci
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Die Antihormontherapie ist eine Behandlungsmöglichkeit für Frauen mit hormonabhängigem Brustkrebs. Der Tumor braucht in diesem Fall die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und/oder Progesteron für sein Wachstum. Lesen Sie, wie die Antihormontherapie funktioniert, welche Medikamente es gibt und welchen Frauen sie helfen kann.  

Die Antihormontherapie ist eine wichtige Säule bei der Behandlung von Brustkrebs – neben der Operation, Bestrahlung, Chemotherapie und zielgerichtet wirkenden Medikamenten. Sie kann Frauen helfen, deren Tumor unter dem Einfluss von weiblichen Geschlechtshormonen wächst – allen voran Östrogenen, aber auch Progesteron. Die Krebszellen besitzen in diesem Fall Andockstellen – sogenannte Rezeptoren – für diese Hormone. Ärztinnen und Ärzte sprechen auch davon, dass der Brustkrebs Hormonrezeptor-positiv (HR+) oder hormonempfindlich ist. Bei ungefähr zwei Dritteln aller Frauen mit Brustkrebs sei dies der Fall, berichtet die Deutsche Krebsgesellschaft. Östrogen und Progesteron docken an diese Rezeptoren an und regen die Krebszellen so zur Teilung und Vermehrung an. Und an diesem Punkt setzt die antihormonelle Behandlung an. Sie heißt in der Fachsprache auch „endokrine Therapie“.  

Die Antihormontherapie wirkt im gesamten Körper, also systemisch (wie auch zum Beispiel die Chemotherapie). Zum Einsatz kommen verschiedene Medikamente, die nach unterschiedlichen Wirkprinzipien funktionieren: Antiöstrogene, Aromatasehemmer und GnRH-Analoga (siehe unten).  

 Ziel der Antihormontherapie ist es, das Wachstum der Krebszellen zu unterbinden. So möchten Ärztinnen und Ärzte das Risiko für einen Rückfall (Rezidiv) oder ein Fortschreiten der Brustkrebserkrankung senken. 

Schon gewusst?
    • Die Antihormontherapie wird manchmal auch als „Hormontherapie“ bezeichnet. Doch der Begriff ist nicht ganz korrekt. Denn es werden keine Hormone zugeführt, wie das Wort vermuten lässt. 
    • Auch mit der Hormonersatztherapie (HRT, HET), die Frauen in den Wechseljahren manchmal erhalten, hat die Antihormontherapie nichts zu tun. Hier werden nämlich fehlende Östrogene durch Medikamente ersetzt. 

Zunächst aber müssen Ärztinnen und Ärzte durch eine Analyse der Krebszellen feststellen, ob der Brustkrebs tatsächlich hormonabhängig ist. Das geschieht meist schon bei der ersten Gewebeuntersuchung im Rahmen der Biopsie. Lässt sich eine relevante Menge solcher Andockstellen finden, sprechen Fachleute von einem „Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom“ (HR+). Genauer bezeichnet wird es oft mit: 

  • ER+ für Östrogenrezeptor-positiv 
  • PgR+ / PR+ für Progesteronrezeptor-positiv 

Welche Medikamente für welche Frau?

Die Antihormontherapie umfasst verschiedene Medikamente, die unterschiedliche Wirkweisen haben. Welche antihormonelle Therapie zum Einsatz kommt, hängt unter anderem von Ihrem Alter bei der Brustkrebserkrankung ab. Befinden Sie sich vor oder nach den Wechseljahren, also der Menopause? Fachleute sagen dazu, ob eine Frau prä- oder postmenopausal ist. Wer sich gerade in den Wechseljahren befindet und an einem hormonempfindlichen Brustkrebs erkrankt, erhält eine endokrine Therapie wie vor den Wechseljahren.  

Welche Medikamente infrage kommen, richtet sich also nach dem Menopausenstatus, aber auch nach dem persönlichen Rückfallrisiko und der Verträglichkeit der einzelnen Substanzen.

Antihormontherapie bei frühem und fortgeschrittenem Brustkrebs

Die antihormonelle Therapie lässt sich bei frühem Brustkrebs als begleitende und unterstützende (adjuvante) Behandlung nach der Operation einsetzen, um das Rückfallrisiko zu senken. Manche Frauen mit frühem Brustkrebs können nach einer Brust-OP eventuell auf eine zusätzliche Chemotherapie verzichten. Ihnen kann die alleinige Antihormontherapie nach der Operation helfen.  

 

Ob Frauen von einer ergänzenden Chemotherapie profitieren, also einen Nutzen durch die Zytostatika haben, lässt sich heute mithilfe sogenannter Biomarkertests herausfinden. Diese Tests werden auch als Multigentests, Genexpressionstests oder Multigenassays bezeichnet. Sie analysieren die Aktivität verschiedener Krebsgene. Anhand des Testergebnisses können Ärztinnen und Ärzte die Rückfallgefahr und den voraussichtlichen Nutzen einer Chemotherapie besser abschätzen. So lässt sich individuell eine passende Krebstherapie auswählen.  

Die Antihormontherapie kann auch Frauen helfen, deren Brustkrebs schon fortgeschritten oder metastasiert ist. Dann gilt es, das Krebswachstum so lange wie möglich aufzuhalten und Symptome und Beschwerden aufgrund der Krebserkrankung zu verringern.  

Manchmal wächst der Tumor aber trotz Antihormontherapie weiter. Die Krebszellen werden unempfindlich („resistent“) gegenüber der antihormonellen Therapie und die Behandlung wirkt nicht mehr genügend. Dies kann an einer sogenannten ESR1-Mutation liegen, eine Veränderung in einem speziellen Gen (Östrogenrezeptor-1-Gen). Diese genetische Veränderung kann spontan bei Frauen mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs auftreten, die eine antihormonelle Therapie erhalten. Medizinische Fachleute schätzen, dass bis zu 40 Prozent der Frauen mit metastasiertem Östrogenrezeptor-positiven, HER2-negativen Brustkrebs unter einer Antihormontherapie eine ESR1-Mutation entwickeln.  

ESR1-Mutation bei Brustkrebs
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Antiöstrogene

Antiöstrogene wie Tamoxifen stoppen nicht die Produktion der Östrogene. Vielmehr blockieren sie die Wirkung des Hormons auf die Tumorzellen, indem sie die Bindungsstellen der Hormonrezeptoren an den Krebszellen besetzen. So kann das Östrogen nicht mehr andocken und die Krebszellen werden nicht mehr zum Wachstum und zur Teilung angeregt.  Manche Antiöstrogene (SERDs) sorgen zusätzlich für einen Abbau der Rezeptoren. 

Wann eingesetzt?  

Antiöstrogene werden beim Mammakarzinom sowohl vor als auch nach den Wechseljahren angewendet. Vor den Wechseljahren werden sie als alleinige Therapie gegeben oder mit GnRH-Analoga kombiniert, um die Hormonproduktion in den Eierstöcken zu unterdrücken. Als unterstützende (adjuvante) Therapie senken sie bei einem frühen Brustkrebs nach der Operation das Risiko für ein Rezidiv, also die Rückkehr des Brustkrebses. Bei fortgeschrittenen oder metastasierten Tumoren können sie das Fortschreiten des Brustkrebses verlangsamen. 

Wächst der Tumor trotz Antihormontherapie weiter, gibt es zum Beispiel diese Möglichkeiten: 

  • Test auf eine ESR1-Mutation: Ist diese genetische Veränderung nachweisbar, kann der neu zugelassene Wirkstoff Elacestrant helfen. Er zählt zur Gruppe der „Selektiven Estrogen-Receptor-Degrader“ (SERD) und kann die Östrogenrezeptoren der Krebszelle vollständig ausschalten. Zudem bewirkt der Wirkstoff einen Abbau dieser Rezeptoren.  
  • Kombination der Antihormontherapie mit einer zielgerichteten Therapie (engl. „targeted therapy“). Diese setzt ebenfalls an speziellen Merkmalen der Krebszellen an. 

Ihr Behandlungsteam überlegt immer, welche Behandlung für Sie am besten geeignet ist. Eine wichtige Rolle bei diesen Entscheidungen spielt zum Beispiel die Verträglichkeit der Medikamente und Ihre Lebensqualität – die Nebenwirkungen sollten den Nutzen nicht übersteigen. 

Aromatasehemmer

Bei Frauen nach den Wechseljahren produziert der Körper noch Östrogen, allerdings nicht mehr in den Eierstöcken, sondern in den Muskeln, im Fett- oder Brustdrüsengewebe. Mit Hilfe eines Enzyms – der sogenannten Aromatase – werden die Vorstufen des Östrogens in das Östrogen selbst umgewandelt. Die Aromatase ist also bei der Bildung von Östrogen ein wichtiger Mitspieler. 

Aromatasehemmer (auch Aromataseinhibitoren) sind Stoffe, die an dieses Enzym binden und es deaktivieren. Dadurch wir die Produktion der Geschlechtshormone im Gewebe gedrosselt oder gestoppt. Grundsätzlich unterscheidet man: 

  • Steroidale Aromatasehemmer (Wirkstoff: Exemestan) 
  • Nicht-steroidale Aromatasehemmer (Wirkstoffe: Anastrozol, Letrozol) 

Aromataseinhibitoren werden in der Regel nur bei Frauen nach den Wechseljahren eingesetzt. Bei Frauen vor der Menopause würde der Körper die Östrogenproduktion auf anderen Wegen aufrechterhalten. Nur bei Frauen vor den Wechseljahren, die ein besonders hohes Rückfallrisiko haben, kommen Aromatasehemmer infrage. Dann müssen sie jedoch mit einer Behandlung kombiniert werden, welche die Hormonproduktion in den Eierstöcken unterdrückt – entweder durch GnRH-Analoga oder durch die Entfernung der Eierstöcke. 

Wann eingesetzt?  

Wie Antiöstrogene können auch Aromataseinhibitoren im frühen und fortgeschrittenen Stadium einer Brustkrebserkrankung eingesetzt werden. Adjuvant, also nach der Operation, senken sie das Risiko, dass erneut ein Tumor auftritt. 

Aromatasehemmer lassen sich nach den Wechseljahren auch in einer Abfolge mit Tamoxifen anwenden. Ob Tamoxifen, ein Aromatasehemmer oder eine Sequenz aus beiden Substanzen eingesetzt wird, legen Ärztinnen und Ärzte individuell für jede Frau fest. 

Bei metastasiertem Brustkrebs können die Medikamente das Tumorwachstum stoppen oder verlangsamen. Hier kommen – je nach vorheriger Therapie – nacheinander verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz, die oft mit zielgerichteten Therapien kombiniert werden. 

Gonadotripin-Releasing-Hormon-Analoga

Eine dritte Möglichkeit der Antihormontherapie bei Brustkrebs sind sogenannte GnRH-Analoga. Das sind künstliche Wirkstoffe, die ähnlich (analog) aufgebaut sind wie ein Hormon, das in der Hirnanhangdrüse (Hypothalamus) produziert wird: das „Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) oder LH-Releasing-Hormon (LHRH). Der Hypothalamus ist ein Bereich im Zwischenhirn. 

GnRH stimuliert die Ausschüttung der Fruchtbarkeitshormone LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon). Beide regen wiederum die Bildung von Östrogen und Progesteron in den Eierstöcken an, wenn die Stimulation in regelmäßigen Abständen erfolgt. Die dauerhafte Stimulation mit GnRH-Analoga unterdrückt jedoch die Hormonproduktion in den Eierstöcken 

Wann eingesetzt? 

GnRH-Analoga sind für Frauen mit Brustkrebs vor den Wechseljahren geeignet, werden aber selten als alleinige Therapie verabreicht. Sie werden sowohl in der adjuvanten Therapie (ergänzend nach der OP) als auch bei einer fortgeschrittenen Brustkrebserkrankung eingesetzt. Meist werden sie mit Tamoxifen oder Aromatasehemmern kombiniert. 

Wann mit der antihormonellen Therapie beginnen?

Bekommen Frauen mit Brustkrebs die antihormonelle Therapie zusätzlich zu einer Chemotherapie, beginnt diese erst, wenn die Chemo abgeschlossen ist. Eine Strahlentherapie lässt sich dagegen zeitgleich zur endokrinen Therapie einsetzen. 

Auch wenn es bei Frauen mit frühem Brustkrebs um die Frage „Chemotherapie – ja oder nein?“ geht, kann die Antihormontherapie eine Rolle spielen. Eine kurze endokrine Behandlung vor der OP kann zeigen, ob sich das Wachstum des Tumors durch die Behandlung ausbremsen lässt. Falls ja, und wenn noch einige andere Kriterien erfüllt sind, können manche Frauen mit frühem Brustkrebs auf eine Chemotherapie verzichten. Diese Zusammenhänge wurden und werden derzeit noch in klinischen Studien untersucht (ADAPT, ADAPT Cycle). 

Dauer der Antihormontherapie bei Brustkrebs

Bei Brustkrebs im Frühstadium beträgt die Dauer der Antihormontherapie fünf Jahre. Verschiedene Studien kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass eine längere endokrine Therapie das Rückfallrisiko weiter senken kann. Besprechen Sie daher gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam, ob Sie die Therapie nach fünf Jahren weiter fortsetzen sollten. Möglich ist es auch, die antihormonelle Behandlung mit einem anderen Wirkstoff weiterzuführen. 

Bei dieser Entscheidung spielen Faktoren wie das individuelle Rückfallrisiko, die aufgetretenen Nebenwirkungen, der Menopausenstatus und natürlich Ihr persönlicher Wunsch eine Rolle. 

Mögliche Nebenwirkungen der antihormonellen Therapie

Auch wenn viele Frauen die Antihormontherapie deutlich besser vertragen als zum Beispiel eine Chemotherapie – wie jede Behandlung hat auch die endokrine Therapie einige Nebenwirkungen. Aufgrund der längeren Dauer der Therapie können die unerwünschten Wirkungen körperlich und seelisch belastend sein und sich langfristig negativ auf die Lebensqualität auswirken. Sprechen Sie immer mit Ihrem Behandlungsteam darüber, welche Nebenwirkungen Sie erleben und wie intensiv diese sind. Die Art und Stärke der Nebenwirkungen sind von Frau zu Frau verschieden. Es müssen nicht sämtliche Nebenwirkungen in einer intensiven Ausprägung auftreten. 

Das Fehlen der weiblichen Hormone führt meist zu den typischen Symptomen der Wechseljahre. Dazu gehören unter anderem: 

  • Hitzewallungen und Schweißausbrüche 
  • Dünneres Haar 
  • Trockene Haut und Schleimhäute (auch im Vaginalbereich) 
  • Verlust der Libido 
  • Schlafstörungen 
  • Kopfschmerzen 
  • Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmungen bis hin zu Depressionen 
  • Aromatasehemmer können zu Gelenkschmerzen (Arthralgie) und Muskelbeschwerden (Myalgien) führen 

Auf die Knochengesundheit achten

Die Antihormontherapie kann auch das Risiko für Knochenschwund (Osteoporose) erhöhen. Deshalb sollten Sie regelmäßig Ihre Knochendichte bestimmen lassen. Frauen, die schon vor dem Beginn der antihormonellen Behandlung eine niedrige Knochendichte, eine sogenannte Osteopenie, hatten, wird manchmal der vorbeugende Einsatz von Bisphosphonaten oder des Antikörpers Denosumab empfohlen. 

Sie können auch selbst etwas für Ihre Knochengesundheit tun – einige Tipps: 

  • Ernähren Sie sich ausgewogen und vielseitig. Achten Sie auf die ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D, um Ihre Knochen zu kräftigen und einer Osteoporose vorzubeugen. 
  • Regelmäßige Bewegung stärkt die Knochen und die Muskulatur. Gehen Sie zum Beispiel regelmäßig spazieren oder betreiben Sie eine Ausdauersportart wie Schwimmen, Wandern oder Radfahren. 

Mit Nebenwirkungen umgehen lernen

Es gibt einige Tipps, durch die Sie mit den Nebenwirkungen der Antihormontherapie vielleicht besser umgehen können: 

  • Erlernen Sie eine Entspannungsmethode, etwa Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. 
  • Auch Yoga, Meditation oder sanfte Bewegungsarten wie Tai Chi und Qigong können hilfreich sein. 

 

Manchmal kann auch eine Begleitmedikation sinnvoll sein. Aber: Besprechen Sie diese immer mit Ihrem Behandlungsteam und wenden Sie keine Präparate auf eigene Faust an, auch keine freiverkäuflichen oder pflanzlichen Arzneien. Sie dürfen keine Wirkstoffe anwenden, welche die Wirksamkeit der eigentlichen Behandlung mindern könnten. Zu diesen gehören zum Beispiel Johanniskraut oder Sojaprodukte. 

 

Einige allgemeine Tipps: 

  • Sprechen Sie das Thema „Nebenwirkungen“ offen bei Ihrem Behandlungsteam an. 
  • Teilen Sie mit, wie es Ihnen mit der Behandlung geht und welche unerwünschten Wirkungen Ihnen am meisten Probleme bereiten. 
  • Sie müssen nicht alles aushalten, sondern können auch nach Alternativen fragen. Oft lässt sich eine Lösung finden. Der Wechsel auf ein eventuell besser verträgliches Medikament ist sinnvoller, als die Therapie ganz abzusetzen. 
  • Unterbrechen Sie die Antihormontherapie auf keinen Fall selbst und setzen die Medikamente nicht eigenständig ab. 
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