Lebensqualität während der Krebstherapie

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Die Integrative Therapie spielt in der Krebsbehandlung eine zunehmend größere Rolle. In vielen Tumorzentren in den USA ist sie fester Bestandteil der leitliniengerechten Therapie. Aber auch hierzulande tut sich was, so Dr. Eva-­Marie Braun vom Universitätsklinikum des Saarlandes.

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Mamma Mia!: Frau Dr. Braun, Sie bieten in Ihrer Klinik regelmäßig eine sogenannte „Natum“-Sprechstunde an. Was ist das Besondere daran und an wen richtet sie sich?

Dr. Eva-Marie Braun: NATUM e. V. (Naturheilkunde, Komplementärmedizin, Akupunktur und Umweltmedizin in der Frauenheilkunde) ist ein eigenständiger wissenschaftlicher Verein in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG). Ihr Ziel ist, Patientinnen eine alternativmedizinische Beratung im Rahmen einer ganzheitlichen onkologischen Behandlung zuteilwerden zu lassen. Mittwochs von 8 bis 14 Uhr beraten Frau Lena Gabriel und ich Patientinnen zu den Möglichkeiten integrativer Maßnahmen im Rahmen ihrer leitliniengerechten Tumorbehandlung. Wir haben beide das Zertifikat „Ganzheitliche Gynäkologische Onkologie“ der NATUM und die Zertifizierung „Onkologische Diagnostik und Therapie“ der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) erworben.

Mamma Mia!: Welchen Stellenwert hat die Integrative Medizin in der Behandlung von Krebspatienten?

Dr. Eva-Marie Braun: Meiner Meinung nach hat die Integrative Medizin einen hohen Stellenwert im persönlichen Empfinden der Krebspatienten. Bei einer onkologischen Diagnose werden diagnostische und therapeutische Maßnahmen terminiert, die Selbstbestimmtheit im eigenen Leben wird massiv eingeschränkt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass durch die Integrative Medizin das eigene Handeln und somit auch das Vertrauen in den eigenen Körper bestärkt wird. Patienten, die zum Beispiel nicht durch eine chronische Fatigue isoliert sind, nehmen eher Chemotherapie­ oder Kontrolltermine wahr – auch aufgrund des Wissens, wie sie Nebenwirkungen selbst in den Griff bekommen können. Im klinischen Kontext ist die Integrative Therapie zunehmend etabliert. So engagieren sich die NATUM sowie die AGO für ihre Implementierung im deutschen Raum. Zu meiner großen Freude wurde ich in die Kommission Integrative Medizin der AGO sowie zur Vorsitzenden des Nachwuchsressorts der NATUM gewählt und hoffe, dass wir die Integrative Medizin auch in den nächsten Jahren publiker darstellen können.

Mamma Mia!: Welche Maßnahmen finden Sie für Frauen mit Brustkrebs besonders hilfreich?

Dr. Eva-Marie Braun: Einige grundlegende Maßnahmen gehören fast immer dazu: Die Kombination aus Ausdauer­ und Kraftsport, Ernährungs-empfehlungen und Entspannungsmaßnahmen wie Yoga, Traumreisen oder Meditation. Oft verweise ich auf das Angebot der Psychoonkologie in unserem Haus. Zu den weiteren Maßnahmen gehören Naturheilverfahren, Homöopathie, Anthroposophische Medizin mit der Misteltherapie, Ayurveda, Traditionelle Chinesische Medizin, Orthomolekulare Medizin, Physiotherapie, Hydrotherapie mit Kneipp´schen Anwendungen, Paar­ oder Sexualtherapie.

Mamma Mia!: Welche Erfahrung haben Sie mit der Misteltherapie gemacht?

Dr. Eva-Marie Braun: Unsere Erfahrungen mit der Misteltherapie sind gut. Vor allem nach einer Chemotherapie können die Patientinnen eine Grundstabilisierung bezüglich Stimmung, Tagesrhythmus und Körpertemperatur erfahren. Die Frauen berichteten, dass sie sich „normaler“ fühlen, teils wie vor der Erkrankung. Das erscheint nicht bahnbrechend, doch ich bewerte diesen Aspekt als überaus positiv: Gerade in dieser Zeit brauchen die Patientinnen das Gefühl, dass in ihrem Leben wieder ein Stück Normalität einkehrt. So viele Lebensbereiche bekommen durch die Tumordiagnose und ­die Therapie Risse, oft geht das Vertrauen in den Körper verloren. Die Misteltherapie kann das als mögliches Nebenwirkungsspektrum bestehende Gefühl des Ausgeliefertseins während einer Krebserkrankung vermindern, gerade wenn eine tumorbedingte Fatigue jegliche Aktivität lahmlegt.

Erschienen: Juni 2020

Dr. Eva-Marie Braun

Klinik für Gynäkologie, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes
Kirrberger Str. 100
66424 Homburg
E-Mail: eva­marie.braun@uks.e

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