Es gibt sie schon lange nicht mehr – die eine Behandlung bei Brustkrebs. Denn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verstehen immer besser, welche Mechanismen zur Entstehung eines Tumors führen. Auf Basis dieses Wissens können dann Medikamente entwickelt werden, die sich gezielt gegen diese Mechanismen richten. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten CDK4/6-Inhibitoren. Sie können bei
Patientinnen und Patienten mit einem hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen Brustkrebs zusätzlich zur Antihormontherapie zum Einsatz kommen, wenn im Frühstadium bei der Diagnose bereits Lymphknoten befallen sind und/oder ein erhöhtes Risiko für einen Rückfall besteht. Aber auch bei der Behandlung eines metastasierten, hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen Mammakarzinoms spielen sie eine wichtige Rolle.
Diese Medikamente blockieren bestimmte Enzyme, die sogenannten Zyklin-abhängigen Kinasen 4 und 6. Da die Vermehrung der hormonrezeptorpositiven Brustkrebszellen und dadurch Tumorwachstum, lässt sich durch ihre Hemmung das Tumorwachstum in der Regel bremsen.
Mögliche Nebenwirkungen im Arztgespräch ansprechen
Neben dieser Wirkung können CDK4/6-Inhibitoren aber auch Nebenwirkungen mit sich bringen – wie eigentlich alle Medikamente. Wichtig ist, sich vor der Einnahme über diese möglichen Nebenwirkungen zu informieren – und zwar im offenen Gespräch mit dem Behandlungsteam.
Mögliche Fragen in diesem Gespräch sind: Welche Nebenwirkungen können bei der Einnahme des Medikaments auftreten? Wie wahrscheinlich ist es, dass sie bei mir auftreten? Kann man Nebenwirkungen verhindern und was kann ich tun, wenn sie auftreten? An wen kann ich mich wenden, wenn ich Nebenwirkungen bemerke? Informationen zu diesen Punkten schaffen eine solide Basis für ein am Bedarfsfall angepasstes Nebenwirkungsmanagement. Es ist wichtig zu wissen, dass Nebenwirkungen nicht einfach ertragen werden müssen. Es gibt viele Möglichkeiten, damit umzugehen – von einfachen Hausmitteln bis hin zu Anpassungen der Dosierung.
Ähnlich wie eine Chemotherapie nehmen auch CDK4/6-Inhibitoren Einfluss auf Zellen, die sich schnell teilen. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören deshalb unter anderem Blutbildveränderungen wie zum Beispiel eine Neutropenie (eine Verminderung einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen) oder eine Anämie (ein Mangel an roten Blutkörperchen). Sie zählen zu den nicht-spürbaren Nebenwirkungen, können aber ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. So kann beispielsweise ein stärkerer Abfall der weißen Blutkörperchen die Anfälligkeit für Infektionen erhöhen. Ein stärkerer Hämoglobinmangel kann zu Müdigkeit, Schwindel und Luftnot führen. Um Blutbildveränderungen rechtzeitig zu erkennen, sind Blutbildkontrollen notwendig.
Zu den spürbaren und damit auch gut erkennbaren Nebenwirkungen gehören zum Beispiel das Fatigue-Syndrom (chronische Erschöpfung) oder Beschwerden im Verdauungstrakt wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö (Durchfall).
Was tun bei Durchfall?
Diarrhö bedingt durch CDK4/6-Inhibitoren kann circa eine Woche nach Therapiebeginn auftreten und lässt sich im Verlauf in der Regel gut kontrollieren. Beim ersten Anzeichen von weichem oder unförmigem Stuhlgang sollten Medikamente gegen Durchfall regelmäßig nach jedem weichen oder unförmigen Stuhl eingenommen werden, in der Regel Loperamid. Diese sogenannten Antidiarrhoika können in vielen Fällen helfen, den Durchfall gut zu kontrollieren. Bei ausbleibender Besserung sollte nach 24 Stunden unbedingt Kontakt zum Behandlungsteam aufgenommen werden.
Neben Medikamenten spielen in der Supportivtherapie, also der die Krebsbehandlung unterstützenden Begleittherapie, auch noch andere Maßnahmen eine Rolle. Sie zielen vor allem auf die Ernährung ab. Wer unter Durchfall leidet, sollte häufiger kleinere Mahlzeiten zu sich zu nehmen und dabei fettreiche und stark zuckerhaltige Lebensmittel meiden. Gut geeignet sind hingegen kalium- und pektinreiche Lebensmittel wie Kartoffeln, Bananen, Bananenchips, geriebener Apfel mit Schale oder weich gekochte Möhren. Eine klare Gemüsebrühe bringt Flüssigkeit und Elektrolyte zurück. Weniger gut geeignet sind Vollkornprodukte. Hier besser auf Weißbrot, Laugengebäck, Reis und normale Nudeln setzen. Anstelle von Milch sollten Betroffene eher Sauermilchprodukte wie Joghurt, Buttermilch, Kefir, Molke wählen, da sie probiotische Kulturen enthalten und sich positiv auf die Darmflora auswirken können. Zuckerausstoffe wie Sorbit, Xylit oder Mannit, die oft in Lightprodukten enthalten sind, können den Durchfall hingegen verstärken, da sie abführend wirken.
In jedem Fall wichtig: Viel trinken. Während normalerweise circa zwei Liter Flüssigkeit pro Tag ausreichen, kann sich diese Menge bei Durchfall auf drei oder mehr Liter erhöhen. Am besten geeignet sind Wasser (ohne Kohlensäure) und Getränke, die eine stopfende Wirkung haben. Dazu gehören schwarzer oder grüner Tee (20 Minuten ziehen lassen). Auch Mate-, Pfefferminz-, Kamillen-, Brombeer-, Heidelbeer- und Erdbeertee haben eine Darm-beruhigende Wirkung.
Individuelles Nebenwirkungsmanagement
Mit diesen Maßnahmen lässt sich der Durchfall in der Regel in wenigen Tagen in Griff bekommen. Ein Durchfall, der trotz entsprechender Maßnahmen fortbesteht oder wiederholt auftritt, kann ein Zeichen für eine zu hohe Dosis des CDK4/6-Inhibitors sein. Jeder Mensch reagiert anders auf Medikamente und die benötigte Dosis kann individuell unterschiedlich sein. Was von einer Person gut vertragen wird, kann bei der anderen unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Deshalb ist es entscheidend, dass Patientinnen und Patienten in den ersten Wochen eng mit ihrem Behandlungsteam zusammenarbeiten, um ein individuell passendes Nebenwirkungsmanagement zu etablieren. Dafür kann es hilfreich sein, auftretende Nebenwirkungen zu dokumentieren, beispielsweise in einem Tagebuch. So erhält das Behandlungsteam einen Überblick und gemeinsam lassen sich Lösungen finden. Im Falle von einschneidenden Nebenwirkungen kann auch eine Dosisanpassung sinnvoll sein. So haben Studien mit CDK4/6-Inhibitoren gezeigt, dass eine Dosisreduktion aufgrund von Nebenwirkungen nicht mit einer geringeren Wirksamkeit einhergeht. Wer eine aufgrund von Nebenwirkungen reduzierte Dosis einnimmt, muss also nicht befürchten, dass die Therapie weniger effektiv wirkt. Vielmehr bleibt damit in der Regel die Effektivität erhalten – mit gleichzeitig weniger Nebenwirkungen.
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