Mündige Eierstockkrebspatientin

Expertin der eigenen Erkrankung
© iStock / Alina Naumova

Wer sich informiert, die richtigen Fragen stellt und seine Bedürfnisse offen kommuniziert, kann die Therapie aktiv mitgestalten.

Die Diagnose Eierstockkrebs verändert alles. Von einem Moment auf den anderen ist nichts mehr, wie es war. Viele Betroffene fühlen sich zunächst überwältigt: von medizinischen Fachbegriffen, Therapieplänen, Ängsten und Unsicherheiten. Die Kontrolle über das eigene Leben scheint plötzlich in fremden Händen zu liegen. Doch genau hier liegt ein entscheidender Punkt: Wer sich mit der eigenen Erkrankung auseinandersetzt und sich aktiv in den Behandlungsprozess einbringt, kann die Situation besser verstehen und mitgestalten.

Patient Empowerment – also die Stärkung von Patientinnen und Patienten – ist heute ein zentrales Ziel in der modernen Krebsmedizin. Es bedeutet: Betroffene werden nicht nur als Empfängerinnen beziehungsweise Empfänger medizinischer Leistungen gesehen, sondern als informierte, mündige Partnerinnen und Partner im Behandlungsteam. Menschen, die ihre Möglichkeiten kennen, Fragen stellen und an Entscheidungen mitwirken, erleben häufig mehr Sicherheit, weniger Ängste und treffen fundierte Entscheidungen, die individuell passen.

Wissen als Grundlage für Mitbestimmung

Niemand muss zum medizinischen Profi werden, um mitreden zu können. Aber ein grundlegendes Verständnis für die eigene Erkrankung, für mögliche Behandlungsverläufe und die jeweiligen Optionen bildet eine wertvolle Basis. Denn eine Therapie ist nicht nur dann erfolgreich, wenn sie medizinisch wirksam ist, sondern auch dann, wenn sie sich mit den persönlichen Lebensumständen und Wünschen vereinbaren lässt. Dabei hilft es, auf verlässliche Informationsquellen zu setzen. Zertifizierte Krebszentren, unabhängige Beratungsstellen, Patientenorganisationen oder der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums bieten fachlich geprüfte und verständlich aufbereitete Informationen. Auch das Behandlungsteam ist eine wichtige Anlaufstelle für individuelle Fragen.

Vorbereitet ins Arztgespräch gehen

Gut vorbereitet in ein Arztgespräch zu gehen, kann vieles erleichtern. Wer vorab Fragen notiert, fühlt sich sicherer und kann gezielt nachhaken. Auch eine vertraute Begleitperson im Gespräch kann unterstützen – sie hilft dabei, Informationen besser aufzunehmen oder später noch einmal zu reflektieren. Hilfreiche Fragen sind zum Beispiel:

  • Welche Behandlungsmöglichkeiten kommen für mich infrage?
  • Gibt es genetische Analysen, zum Beispiel Biomarker-Testungen, die gemacht werden können?
  • Welche Chancen und Risiken sind mit den einzelnen Optionen verbunden?
  • Welche kurzfristigen und langfristigen Nebenwirkungen sind möglich und wie kann ich ihnen begegnen?
  • Wie lässt sich der Alltag während der Therapie gestalten?
  • Gibt es Angebote zur Unterstützung, zum Beispiel psychoonkologische Beratung oder soziale Hilfen?

 

Auch die Frage nach Alternativen, nach Therapiepausen oder nach ergänzenden Maßnahmen wie Bewegung, Ernährung oder komplementärer Medizin kann sinnvoll sein – je nach individueller Situation.

Ärztliche Zweitmeinung einholen

Das Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung ist in vielen Situationen sinnvoll – insbesondere bei komplexen Diagnosen, weitreichenden Therapien oder wenn Unsicherheit im Raum steht. Eine zweite Einschätzung kann bestätigen, was bereits vorgeschlagen wurde, neue Aspekte aufzeigen oder einfach für mehr Klarheit sorgen. Eine Zweitmeinung bedeutet kein Misstrauen gegenüber dem ersten Behandlungsteam. Sie ist ein Instrument, um fundierte Entscheidungen zu treffen – und wird von vielen Ärztinnen und Ärzten ausdrücklich befürwortet. Zahlreiche Krankenkassen unterstützen bei der Suche nach qualifizierten Zweitmeinungsstellen wie einem Kompetenzzentrum für Eierstockkrebs oder übernehmen entsprechende Kosten.

Gemeinsam eine Entscheidung treffen

Die Medizin versteht sich zunehmend als partnerschaftlicher Prozess. Shared Decision Making (auf Deutsch: gemeinsame Entscheidungsfindung) bedeutet, dass Ärztinnen und Ärzte ihre medizinische Expertise einbringen, während Patientinnen und Patienten ihre persönlichen Werte, Vorstellungen und Lebensrealitäten in die Behandlung einfließen lassen. Gerade in der Onkologie gibt es häufig mehrere Therapieoptionen mit unterschiedlichen Auswirkungen auf den Alltag. Ein gemeinsamer Entscheidungsprozess schafft Vertrauen, verbessert die Therapietreue und reduziert das Gefühl von Ohnmacht. Er braucht Zeit, Raum für Fragen – und ein medizinisches Umfeld, das Dialog statt Einbahnstraße ermöglicht.

Nachfragen: Testung auf Biomarker

Biomarker-Tests bei Eierstockkrebs sind spezielle Untersuchungen, die bestimmte biologische Merkmale (Biomarker) im Tumorgewebe oder Blut analysieren. Ziel ist, genetische oder molekulare Veränderungen zu erkennen, die Hinweise auf den Krankheitsverlauf, die Therapiewahl oder ein erbliches Krebsrisiko geben können. Diese Tests unterstützen eine personalisierte Therapie und helfen, unnötige oder unwirksame
Behandlungen zu vermeiden.

Selbstfürsorge und Unterstützung ernst nehmen

Sich als Expertin oder Experte in eigener Sache zu verstehen, heißt auch, auf die eigene Belastbarkeit zu achten. Therapie, Alltag und emotionale Herausforderungen unter einen Hut zu bringen, gelingt nicht immer problemlos. Umso wichtiger ist es, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Kliniken, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen bieten vielfältige Hilfen an – von Checklisten und Fragebögen für das Gespräch mit dem Behandlungsteam über psychosoziale Beratung bis hin zu Angeboten im Bereich Ernährung oder Bewegung. Auch das Führen eines Symptomtagebuchs kann helfen: Welche Beschwerden treten auf? Was lindert sie? Gibt es Muster oder Zusammenhänge? Solche Beobachtungen sind wertvoll für das Behandlungsteam und können zur besseren Steuerung der Therapie beitragen.

Die eigene Stimme zählt

Expertise entsteht durch Erfahrung, Reflexion und aktives Mitgestalten. Wer sich mit der eigenen Erkrankung beschäftigt, Fragen stellt, sich informiert und seine Bedürfnisse offen kommuniziert, übernimmt Verantwortung – nicht nur für die Therapie, sondern auch für das eigene Wohlbefinden. Krebs ist eine Herausforderung, die vieles verändert. Doch selbst in dieser schwierigen Zeit gibt es Gestaltungsspielräume. Patientinnen, die ihre Rolle als Mitentscheidende annehmen, stärken nicht nur ihre eigene Position, sondern oft auch die Qualität ihrer Behandlung.

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