Zielgerichtete Therapie beim Hormonrezeptor-positiven Brustkrebs

früher Brustkrebs

Beim frühen Hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen Brustkrebs ist die Prognose in der Regel gut. Aber auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Welche Behandlungsoptionen dann möglich sind. 

Von frühem Brustkrebs sprechen Medizinerinnen und Mediziner, wenn der Tumor auf die Brust begrenzt ist und nicht in andere Gewebe oder Organe gestreut hat, also keine Metastasen gebildet hat. Auch haben sich die Krebszellen noch nicht in die benachbarten Achsel-Lymphknoten ausgebreitet. Bei der Mehrzahl der Frauen diagnostizieren Ärztinnen und Ärzte den Brustkrebs in einem solchen Frühstadium. Dank der Fortschritte der wissenschaftlichen Forschung, dem immer besseren Verständnis der Erkrankung und den vielen, an spezielle Situationen angepassten Behandlungsmöglichkeiten ist er in der Regel gut behandelbar und mit einer guten Prognose verbunden. So sind laut dem Robert-Koch-Institut fünf Jahre nach der Brustkrebsdiagnose noch 88 Prozent der betroffenen Frauen am Leben, zehn Jahre nach der Diagnose sind es 83 Prozent.1 

Zur Behandlung von Brustkrebs im frühen Stadium stehen heute viele verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung – von Operation und Bestrahlung über die Chemo- und Anti-Hormontherapie bis hin zu modernen zielgerichteten Therapien. Welche dabei individuell zum Einsatz kommen, hängt von vielen Faktoren ab. Umso wichtiger ist die genaue Diagnose beziehungsweise die Beurteilung des Tumors anhand einer Gewebeprobe, der Biopsie. Hierbei wird der Tumor auf verschiedene Merkmale hin untersucht. Das sind die Größe, die Ausbreitung und der Grad der Veränderung der Tumorzellen im Vergleich zu einer gesunden Zelle.  

TNM-Klassifikation beschreibt den Tumor

Zur Beschreibung dieser klassischen Parameter des Tumors ziehen Ärztinnen und Ärzte die sogenannte TNMKlassifikation heran.2 T steht dabei für Tumorgröße und Ausdehnung, N steht für nodus (lateinisch für Knoten) und damit für die umliegenden Lymphknoten und M für Metastasen. Anhand von weiteren Zahlen und Buchstaben kann der Tumor dann noch genauer beschrieben werden (Staging).  

Beschreibung des Tumors

T-Status Bedeutung 
TX Tumor kann nicht beurteilt werden
T0Keine Anhaltspunkte für einen Tumor
T1

Der Tumor ist maximal 2 Zentimeter (cm) groß.  

Je nach Tumorgröße wird nochmal unterteilt in: 

T1mic: Durchmesser von maximal 0,1 cm
T1a: Durchmesser von maximal 0,5 cm
T1b: Durchmesser von maximal 1 cm
T1c: Durchmesser von maximal 2 cm

T2Tumor ist zwischen 2 cm und maximal 5 cm groß.
T3Der Tumor ist größer als 5 cm.
T4

Der Tumor – egal wie groß – dehnt sich direkt auf die Brustwand und/oder in die Haut aus. 

T4a: Ausdehnung auf die Brustwand 
T4b: Ausdehnung in die Haut, etwa als Ödem oder Geschwür 
T4c: Kriterien von T4a UND T4b liegen vor 
T4d: entzündlicher (inflammatorischer) Brustkrebs 

Beschreibung der Lymphknoten

N-Status Bedeutung 
NX Die umliegenden Lymphknoten können nicht beurteilt werden.
N0kein Befall der Lymphknoten (= nodal-negativ)
N1befallene, aber bewegliche Lymphknotenmetastasen in der Achselhöhle
N2befallene, nicht bewegliche Lymphknotenmetastasen
N3Es sind Lymphknoten hinter dem Brustbein befallen

Beschreibung der Metastasen bei Brustkrebs

M-Status Bedeutung 
M0Es wurden keine Fernmetastasen gefunden.
M1Es gibt Fernmetastasen, mit folgender Lokalisation PUL = Lunge, MAR = Knochenmark, OSS = Knochen, PLE = Brustfell, HEP = Leber, PER = Bauchfell, BRA = Gehirn, SKI = Haut, LYM = Lymphknoten, OTH = andere Organe

Stadieneinteilung bei Brustkrebs

Basierend auf der TNM-Klassifikation kann der Tumor dann in eines der vier Stadien nach der UICC2 (Union Internationale Contre le Cancer) eingeteilt werden. Bei dieser Einteilung mit römischen Zahlen und Großbuchstaben gilt: Je höher das Stadium, desto fortgeschrittener ist die Erkrankung – und desto schlechter ist die Prognose.  

Stadium IA  T1 – N0 – M0: Der Tumor ist maximal 2 cm groß, hat keine umliegenden Lymphknoten befallen und auch keine Fernmetastasen gebildet. 
Stadium IB  

T0/T1 – N1mi – M0: 

  • Der Tumor ist nicht auffindbar oder 
  • kleiner als 2 cm und es gibt besonders kleine Metastasen (Mikrometastasen) in umliegenden Achsellymphknoten, aber keine Fernmetastasen. 
Stadium IIA  

T0/T1 – N1 – M0 oder T2 – N0 – M0: 

  • Der Tumor ist nicht auffindbar oder 
  • kleiner als 2 cm und hat umliegende Achsellymphknoten befallenen oder 
  • er ist zwischen 2 und 5 cm groß, hat aber keine umliegenden Lymphknoten befallen.  

Es gibt keine Fernmetastasen. 

Stadium IIB  

T2 – N1 – M0 oder T3 – N0 – M0: 

  • Der Tumor ist zwischen 2 und 5 cm groß und hat Achsellymphknoten befallen oder 
  • er ist größer als 5 cm, hat aber keine Lymphknoten befallen. 

Es gibt keine Fernmetasten. 

Stadium IIIA  

T0 bis T2 – N2 – M0 oder T3 – N1/N2 – M0: 

  • Der Tumor ist kleiner als 5 cm und hat die umliegenden Lymphknoten stärker befallen oder 
  • er ist größer als 5 cm und hat die Lymphknoten nicht so stark befallen.  

Es gibt keine Fernmetasten. 

Stadium IIIBT4 – N0 bis N2 – M0: Der Tumor ist in die Brustwand und/oder in die Brusthaut eingewachsen, hat möglicherweise umliegende Lymphknoten (stärker) befallen, aber keine Fernmetastasen gebildet. Auch inflammatorischer Brustkrebs wird mindestens hier eingeteilt. 
Stadium IIIC  Jedes T – N3 – M0: Der Brustkrebs hat unabhängig von der Tumorgröße viele Achsellymphknoten und/oder Lymphknoten entlang der inneren Brustarterie oder oberhalb des Schlüsselbeins befallen, aber keine Fernmetastasen gebildet. 
Stadium IVJedes T – jedes N – M1: Liegen Fernmetastasen vor, wird Brustkrebs immer als Stadium IV eingestuft, unabhängig von der Größe des Tumors und den befallenen Lymphknoten. Im Stadium IV gilt Brustkrebs als fortgeschritten und ist in der Regel nicht mehr heilbar. 

Wie der Tumor bei Brustkrebs wächst

Einen weiteren Hinweis auf die möglichen Therapieoptionen, aber auch auf die Prognose, liefert das Wachstumsverhalten – und damit die Aggressivität – der Brustkrebszellen. Um dieses zu ermitteln, nutzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwei biologische Eigenschaften des Tumors: das Grading (Abstufung) und den sogenannten Ki-67. Das Grading zeigt, wie stark sich Krebszellen von gesunden Zellen unterscheiden. Je stärker sie verändert sind, desto aggressiver wächst der Tumor und desto höher ist der Zahlenwert. G1 (Grad 1) bedeutet, dass die Krebszellen gesunden Zellen noch sehr ähnlich sind, G2 (Grad 2), dass sich die Zellen etwas von gesunden Zellen unterscheiden. G3 (Grad 3) hingegen besagt, dass die Zellen gesunden Zellen kaum noch ähneln. Ki-67 wiederum ist ein Eiweiß, das in Zellen nur während deren Teilung vorkommt. Daher kann es Aufschluss über das Tumorwachstum geben: Je mehr Ki-67 das Tumorgewebe aufweist, desto mehr teilen sich die Krebszellen und desto stärker wächst der Tumor. 

Eigenschaften entscheiden über Therapie

Neben diesen klassischen Parametern spielen auch molekulare Eigenschaften der Krebszellen eine Rolle bei der Entscheidung für die Therapien. So wächst ein Großteil (rund 75 Prozent)3 der Tumoren in der Brust unter dem Einfluss von Hormonen (Östrogen und/oder Progesteron). Medizinische Fachleute bezeichnen diesen Brustkrebs als Hormonrezeptor-positiv, abgekürzt HR+. 

Eine weitere Form von Brustkrebs ist der HER2-positive Brustkrebs. Hier findet sich auf den Tumorzellen der „Humane Epidermale Wachstumsfaktor Rezeptor 2 (HER2)” in übermäßiger Menge. Er dient als Andockstelle für Wachstumsfaktoren, die wiederum Wachstumssignale ins Innere der Zelle weiterleiten. Ungefähr 15 Prozent aller neu diagnostizierten Mammakarzinome lassen sich so klassifizieren.3 

Es kann aber auch vorkommen, dass der Tumor weder unter dem Einfluss von Hormonen wächst noch HER2-Rezeptoren aufweist. Dann sprechen Fachleute von einem triple-negativen Brustkrebs, kurz TNBC. 

Ungünstige Prognose bei Brustkrebs

All diese Kriterien spielen in die Therapieentscheidung mit hinein, geben sie doch Aufschluss darüber, wie aggressiv der Tumor ist, wie er auf eine bestimmte Behandlung reagieren wird und wie hoch das Risiko für ein Wiederauftreten der Erkrankung, ein sogenanntes Rezidiv, ist. Denn auch wenn Brustkrebs im frühen Stadium mit den zur Verfügung stehenden Therapieoptionen – Anti-Hormontherapie beim Hormonrezeptor-positiven Brustkrebs, eine gegen HER2-gerichtete Antikörpertherapie beim HER2-positiven Brustkrebs oder eine Chemotherapie beim triple-negativen Brustkrebs – gut behandelbar und in vielen Fällen sogar heilbar ist, so gibt es durchaus auch Patientinnen und Patienten, bei denen die Prognose aufgrund der ermittelten Eigenschaften des Tumors ungünstig ist, etwa weil der Tumor besonders aggressiv ist oder bei der Diagnose bereits Lymphknoten befallen sind. So zeigen Studien, dass jede dritte Patientin mit einem frühen Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen Brustkrebs und einem erhöhten Rückfallrisiko innerhalb von fünf Jahren ein Rezidiv erleidet, häufig mit Auftreten einer unheilbaren Fernmetastasierung.4 Bei diesen Patientinnen kann, so die Empfehlung der Fachgesellschaften und der internationalen Leitlinien, zusätzlich zur Anti-Hormontherapie mit einer zielgerichteten Therapie gegen den Tumor vorgegangen werden. Bei der Planung der Therapie ist es deshalb wichtig, alle Faktoren zu berücksichtigen und im Arzt-Patienten-Gespräch gemeinsam zu entscheiden, welche der Behandlungsoptionen in der individuellen Situation geeignet ist, um die Prognose der Patientin beziehungsweise des Patienten zu verbessern.

PP-ON-DE-2552 

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  1. Krebsdaten: Brustkrebs, abgerufen am 14.11.2024
  2. modifiziert nach Krebsinformationsdienst: Brustkrebs, Stadieneinteilung, abgerufen am 14.11.2024
  3. Krebsgesellschaft: Tumorbiologie, abgerufen am 14.211.2024
  4. Sheffield KM, et al. A real-world US study of recurrence risks using combined clinicopathological features in HR-positive, HER2-negative early breast cancer, Future Oncol. 2022 Jul; 18(21):2667-2682.
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