Wer von einer Brustkrebsdiagnose betroffen ist, wird bestätigen, dass die Angst, die eine solche Diagnose mit sich bringt, zu den schlimmsten Aspekten der Erkrankung zählt. Die COVID-19-Krise hat dieser Angst nun eine neue Dimension hinzugefügt. Seien Sie jedoch versichert: Sie – und Ihre Angehörigen – können sich vor einer Corona-Virus-Infektion schützen ohne Kompromisse hinsichtlich Ihrer Krebsvorsorge und/oder -Therapie in Kauf zu nehmen.
Wie bei den meisten Dingen im Leben gilt es hier abzuwägen und einige Abläufe anders zu gestalten.
Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass Ihr Krebstherapie-Team weiterhin alle verfügbaren Möglichkeiten nutzen wird, um Ihnen Sicherheit, Genesung und umfassende Information zu ermöglichen. Daran hat sich nichts geändert. Um jedoch das Risiko einer Infektion mit dem neuartigen Virus möglichst gering zu halten, gibt es eine Reihe von Punkten, die – je nach individueller Situation – einen veränderten Ablauf erfordern können: Die Art und Weise wie Sie sich mit Ihrem Krebstherapie-Team austauschen kann sich ändern. Um der Anordnung, sich wenn irgend möglich nicht am selben Ort aufzuhalten, nachzukommen, werden wir Wege der Ferndiagnostik mit Hilfe des Telefons und Video-Schaltungen mit einbeziehen. Die persönliche Vorstellung in der Ambulanz wird auf ein Minimum reduziert werden basierend auf der Einschätzung des behandelnden Teams. Wenn Sie dem Krankenhaus fernbleiben, verringert sich auch die Gefahr, sich dort mit dem Virus zu infizieren.
Ihr Behandlungsplan kann sich ebenfalls verändern. Es ist wichtig zu wissen, dass Brustkrebs in den allermeisten Fällen keine Erkrankung ist, die eine absolut unaufschiebbare Dringlichkeit der Behandlung erfordert. Obwohl es sich gewiss wie ein Notfall anfühlen mag, gibt es doch meist noch Spielraum bezüglich des Therapiebeginns. Ihr behandelndes Team wird Ihre Therapieschritte nur dann verlegen oder verschieben, wenn es auch von Seiten der Sicherheit keinerlei Bedenken gibt. Es werden keine Kompromisse zu Lasten der Wirkung und des Nutzens Ihrer Therapie geschlossen werden.
Finden Sie nachfolgend einige weitere, die Vorsorge und Therapie in dieser Zeit betreffenden, Richtlinien und Vorschläge, die für Sie hilfreich sein können: Seien Sie in diesem Zusammenhang versichert, dass Ihr behandelndes Team Ihre individuelle Situation am besten beurteilen kann.
Wenn Sie erst vor kurzem die Diagnose „Invasiver Brustkrebs“ erhalten haben, möchten wir Sie informieren, dass eine neoadjuvante Therapie (bei der eine Systemtherapie der Operation vorgeschaltet wird) einen sehr guten Ansatz bietet, um jedes Stadium einer Krebserkrankung zu behandeln. Dieser Weg ist besonders angezeigt bei Erkrankungen mit hohem Risiko und hohem Grading. Informationen darüber zu erhalten, wie Ihr Tumor auf die Therapie reagiert, (sei es Chemotherapie oder Antihormontherapie – je nach dem, was bei Ihnen erforderlich ist), ist in hohem Maße hilfreich für die Entscheidung über Ihre individuelle Behandlung. Auch kann dieser Weg bei einem guten Ansprechen auf die Therapie helfen, radikalere Operationen oder Bestrahlung zu vermeiden. Die Reihenfolge der Therapieschritte zu verändern, hilft dabei, Ihre Behandlung optimal den Erfordernissen anzupassen. Eine große Zahl klinischer Studien hat dies bewiesen. Während der COVID-19 Krise kann uns ein solches Vorgehen ermöglichen, Ihre Operation in ein Zeitfenster zu verschieben, in welchem wir für Sie und unsere medizinische Einrichtung wieder eine höhere Sicherheit bezüglich der Infektionsgefahr gewährleisten können.
Wenn Sie erst vor kurzem die Diagnose Duktales In-Situ-Karzinom (DCIS) erhalten haben, können Sie sich ohne Sicherheitseinbußen einer Antihormontherapie über mindestens drei Monate unterziehen bevor Sie operiert werden. Dieser Ansatz könnte für Sie auch ergeben, dass man in Ihrem Fall eine längerfristige aktive Beobachtung Ihres Status plant. DCIS ist kein invasiver Krebs. Ihr Leben ist nicht bedroht und wenn wir Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs drei Monate mit Antihormontherapie behandeln können, dann gilt dies selbstverständlich ebenso für die Situation des DCIS. Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass dies ein sicheres Vorgehen ist.
Wenn Sie bereits operiert sind und auf Ihre Bestrahlung warten, können Sie ohne Sicherheitsrisiko Ihre Bestrahlung um zwölf Wochen verschieben. Sprechen Sie mit Ihrem Strahlentherapeuten, um sicherzustellen, dass eine Bestrahlung für Sie von Nutzen ist und Ihre Prognose tatsächlich verbessert. In manchen Fällen bedeutet eine Bestrahlung tatsächlich nur einen sehr kleinen oder auch ggf. keinen nennenswerten Vorteil.
Wenn Sie schon älter sind und einen Hormonrezeptor-positiven Brustkrebs haben, können Sie auch ausschließlich eine Antihormontherapie in Erwägung ziehen. Finden Sie heraus, ob es evtl. kürzere Behandlungswege für Sie gibt, die jedoch in gleichem Maße Sicherheit gewährleisten. Die Situation jeder Patientin ist anders, besprechen Sie deshalb Ihre Optionen mit Ihrem Strahlentherapeuten.
Wenn Sie Angst haben, Krebs zu bekommen oder eine Mammografie für Sie ansteht, gehen Sie nicht gerade jetzt zu einer Vorsorgeuntersuchung. Sie können die Vorsorgeuntersuchung bedenkenlos um drei Monate verschieben.
Wenn Sie erst kürzlich erfahren haben, dass Sie ein sehr hohes Risiko für Brustkrebs oder eine ererbte Genmutation haben, die Ihr Risiko für Brustkrebs erhöht, ist auch eine Beratung per Video möglich. Hier erfahren Sie, welche Möglichkeiten Ihnen offenstehen und man hilft Ihnen bei der Planung passender Vorsorgemaßnahmen beginnend in ungefähr drei Monaten. Dies ist ein sicherer Weg und hält Sie aus Umgebungen fern, die für Sie möglicherweise ein hohes Risiko, mit dem Corona-Virus infiziert zu werden, bedeuten. So sind Sie auf der sicheren Seite bis die schwierigste Zeit dieser Krise vorbei ist.
Wenn Sie bereits eine Krebserkrankung überstanden haben, können Sie ohne Sicherheitsrisiko eine planmäßige Nachsorge verschieben. Wenn Sie Symptome haben, kontaktieren Sie Ihren behandelnden Arzt, der darüber entscheiden kann, ob Sie für Aufnahmen bzw. bildgebende Verfahren in die Klinik kommen sollten. Falls dies erforderlich sein sollte, brauchen Sie keine Bedenken bezüglich Ihrer Sicherheit zu haben. Es geht im Augenblick vor allem darum, die Anzahl von Patienten zu reduzieren, die eine Behandlung vor Ort erhalten – zum Schutz Ihrer selbst, aber auch zum Schutz anderer Patienten und unseres Klinikpersonals.
Wenn Sie Schmerzen in der Brust haben, insbesondere wenn dies beide Seiten betrifft, ist es sehr unwahrscheinlich, dass dies auf eine Krebserkrankung zurückzuführen ist. Warten Sie in diesem Fall einige Monate bis die COVID-19 Krise vorbei ist und wenn die Probleme dann noch immer vorhanden sind, suchen Sie dann die Klinik auf.
Wenn Sie einen neuen Knoten in Ihrer Brust ertasten, sollten Sie in die Klinik gehen. Die Kliniken sind in einem solchen Fall noch immer für Ihre Behandlung im Einsatz.
Bleiben Sie so viel wie möglich zu Hause. Nutzen Sie wo immer es möglich ist, die Option einer Video-Beratung oder eines Telefonats, um mit Ihren Ärzten zu kommunizieren. Wenn es einer Behandlung bedarf, ist dies noch immer möglich – dies schließt auch die Möglichkeiten von Chemotherapie und Operation mit ein.
Wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt, werden wir durch diese Krise als Gemeinschaft besser hindurchkommen und sicherstellen, dass wir das Beste für Sie und jeden tun können, der durch diese herausfordernde Pandemie hindurchgeht.
Von zentraler Bedeutung ist es jedoch, folgendes zu beachten: Wenn Sie krank sind und Fieber haben und/oder Husten, rufen Sie auf alle Fälle zuerst die Praxis Ihres Hausarztes an. Lassen Sie sich dort beraten und gegebenenfalls an ein Testzentrum in Ihrer Nähe verweisen.
Zusätzliche Informationen zur fortgeschrittenen Brustkrebserkrankung
Bei Patientinen mit fortgeschrittener (metastasierter) Brustkrebserkrankung ist es auch während der Zeit von COVID 19 in der Regel möglich, die festgesetzte Therapie (einschließlich Chemotherapie) wie geplant durchzuführen. In Absprache mit dem behandelnden Onkologen können in einzelnen Fällen individuelle Anpassungen des Therapieplans vorgenommen werden. Die üblichen Maßnahmen der Infektionsvermeidung (Händehygiene, ggf. Mundschutz, körperliche Distanz etc.) sollten in besonderem Maße beachtet werden
Laura Esserman, MD, MBA (USA), Erstveröffentlichung auf www.eubreast.com, März 2020
Mehr zu EUBREAST – ein Non-Profit-Netzwerk renommierter europäischer Brustkrebs-Chirurginnen und -Chirurgen – unter www.eubreast.com