Harmlose Krebsvorstufe oder ernstzunehmende Gefahr?

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Finden sich veränderte Zellen in den Milchgängen, sprechen Mediziner von einem sogenannten duk­talen Carcinoma in situ (DCIS). Mit entsprechender Behandlung ist die Prognose in der Regel gut.

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Unter einem duktalem Carcinoma in situ, kurz DCIS, werden Tumorzellen verstanden, die ihren Ursprung in den Milchgängen haben. Dabei handelt es sich um eine Krebsvorstufe. Brustkrebs entsteht erst, wenn die Tumorzellen die Milchgänge verlassen und in das umliegende Gewebe vordringen. Ein DCIS äußert sich meist durch Mikrokalk, der weder tastbar noch durch Ultraschall sichtbar ist. Gewissheit bringt meist erst eine Mammographie. Doch ist Mikrokalk gleich Mikrokalk? Und wie wird ein DCIS behandelt? Mamma Mia! sprach mit Dr. Friederike Hagemann, Leitung Brustchirurgie am Brustzentrum der Frauenklinik der Universität München über die Diagnose und Behandlung des duktalen Carcinomas in situ.

Mamma Mia!: Frau Dr. Hagemann, was genau ist das, ein duktales Carcinoma in situ (DCIS)?

Dr. Friederike Hagemann: Wie bereits im Einführungstext berichtet, ist das duktale Carcinoma in situ eine Vorstufe einer Brustkrebserkrankung. Hierbei befinden sich abgeänderte Zellen in den Milchgängen der Brustdrüse, die sich zu einem Brustkrebs weiterentwickeln können. Ein DCIS kann nicht streuen und hat eine hervorragende Prognose. Wenn diese Zellen das umliegende Gewebe infiltrieren, spricht man von einer Brustkrebserkrankung, dies möchte man durch die Therapie verhindern.

Mamma Mia!: Wie kann ein DCIS festgestellt werden?

Dr. Friederike Hagemann: Circa 90 Prozent der DCIS können mit einer Mammographie festgestellt werden, da diese Erkrankung häufig mit Mikro-verkalkungen assoziiert ist. Durch eine digitale Mammographie kann die Detektionsrate von langsam und mittel-schnell wachsenden DCIS gesteigert werden. Nicht jede Mikroverkalkung ist jedoch auch eine Brustkrebsvorstufe! Hier unterscheidet man anhand von Form, Anordnung sowie Progredienz der Mikroverkalkungen. Bei auffälligem beziehungsweise suspektem Mikrokalk sollte zur Abklärung eine Biopsie durch-geführt werden.

Mamma Mia!: Gibt es eine bestimmte Altersgruppe, in der ein DCIS besonders häufig vorkommt oder ist das Auftreten altersunabhängig?

Dr. Friederike Hagemann: Ja, es gibt eine Altersgruppe, bei denen eine Vor-stufe von Brustkrebs, ein DCIS, häufiger auftritt als bei anderen Altersgruppen. Die Inzidenz steigt mit zunehmendem Alter und hat ihren Höhepunkt bei 65 bis 69 Jahren. Da die Häufung in diesem Alter auftritt, gibt es unter anderem auch das Mammographie-Screening. Hierbei werden gesunde Frauen zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr eingeladen, alle zwei Jahre eine Mammographie im Rahmen der Früherkennung beziehungs-weise Vorsorge machen zu lassen.

Mamma Mia!: Wie lange dauert es, bis sich aus einer Krebsvorstufe tatsächlich ein bösartiger Tumor entwickelt?

Dr. Friederike Hagemann: Das ist eine ganz schwierige Frage und lässt sich leider nicht einheitlich beantworten. Hier kommt es auf die Ausdehnung des DCIS und auch auf die Schnelligkeit der Zellteilung dieser abgeänderten Zellen an. Wie auch bei der Brustkrebserkrankung wird zwischen einer langsamen, mittelschnellen und schnellen Teilungsgeschwindigkeit unterschieden. Dies ist das sogenannte Grading (G1-G3). Bei unbehandelten DCIS liegt das Risiko eines nachfolgenden invasiven Karzinoms bei 30 bis 50 Prozent. Karzinome entwickeln sich meist innerhalb von zehn Jahren. Es laufen aktuell Untersuchungen/
Studien zu den insbesondere langsam wachsenden Formen, dem sogenannten lowgrade DCIS. Hier wird untersucht, ob eine Verlaufsuntersuchung mittels Mammographie vergleichbar sicher zur Operation ist. Diese Ergebnisse liegen jedoch derzeit noch nicht vor. Aktuell ist die Therapie der Wahl die Operation.

Mamma Mia!: Wie werden Patientinnen mit einem DCIS behandelt?

Dr. Friederike Hagemann: Aktuell ist die Therapie der Wahl die Entfernung mittels Operation. In der Regel kann eine brusterhaltende Operation durchgeführt werden. Bei großer Ausdehnung ist in manchen Fällen jedoch auch eine Brustentfernung notwendig. Dies ist nötig, wenn die Brust-Vorstufen/Mikrokalk-Relation ungünstig ist. Nach einer brusterhaltenden Operation ist eine Bestrahlung des Drüsengewebes in der Regel zu empfehlen. Es kann das Risiko eines erneuten Auftretens der Erkrankung deutlich reduzieren. Dies hat jedoch auf das Gesamtüberleben der Patientin keinen Einfluss. Bei hormonsensiblem (rezeptorpositivem) DCIS ist eine medikamentöse Behandlung (endokrine Therapie) mit der Patientin zu diskutieren. Ein Überlebensvorteil konnte durch eine endokrine Therapie nicht belegt werden. Somit sollte eine Nutzen-Risiko-Beratung mit den Patientinnen ausführlich besprochen werden.

 
Das lobuläre Carcinoma in Situ (LCIS oder CLIS):

Im Gegensatz zum DCIS liegt der Ursprung des LCIS nicht im Milchgang, sondern im Drüsenläppchen. Das LCIS ist sehr selten (etwa fünf Prozent) und weniger gefährlich als das DCIS, weil sich daraus viel seltener ein invasiver Tumor entwickelt. Es wird meist zufällig bei der Mammographie oder beim Ultraschall entdeckt und neigt nicht zu Mikroverkalkungen. Die Therapie besteht in der Regel aus der Tumorentfernung ohne Nachbestrahlung. Eine regelmäßige Nachkontrolle wird empfohlen. Eine medikamentöse Therapie ist derzeit nicht vorgesehen.

Kommentare • 15
  1. Ich bin 34 bei mir wurde gutartige krebsvorstufe diagnostiziert.
    Der knoten ist raus. Nach Laborbefund wird entschieden ob strahlentherapie oder hormontherapie erforderlich ist .
    Doch wenn man Kinderwunsch hat, kann man die hormontherapie(tamoxifen) weglassen . Würde nur strahlentherapie genügen ?
    Oder macht es sinn vor der Hormontherapie schwanger zu werden ? Weil vorstufe noch kein krebs ist

    1. Hallo!
      Hier die Antwort unseres Experten:
      Wenn es sich bei der Krebsvorstufe wahrscheinlich um ein DCIS handelt, ist eine Therapie mit Tamoxifen gemeint. Dies ist keine Therapie, die standardmäßig empfohlen wird und ist mit Ihnen auf der Basis einer Risiko-Nutzen-Bewertung und Ihrer Lebensplanung individuell zu besprechen. In Ihrem Falls ist bei Kinderwunsch unter Berücksichtigung Ihres Alters die Kinderwunschplanung im Fokus (nach Abschluss der Strahlentherapie, falls indiziert). Auf eine Antihormontherapie sollte man dabei auch nach der Schwangerschaft verzichten.

      Herzliche Grüße
      Christiane vom Mamma Mia!-Team

  2. Bei mir wurde beim Mammographie Screening im April in der linken Brust Mikroverkalkungen, BIRADS 4 entdeckt.
    Im Mai erfolgte eine Vakuumbiopsie.
    Befund: DCIS hochgradig mit Komedonekrosen.
    Am 08.Juni Ersttermin im Brustzentrum.
    Ich hoffe es kann Brusterhaltend operiert werden.
    Die Histologie ergab auch dass die Tumorzellen auf Hormone reagieren.

    1. Liebe Frau Fischer,
      unser Experte hat Ihre Frage wie folgt beantwortet:
      In aller Regel ist in dieser Situation eine Operation (wenn irgend möglich) brusterhaltend vorgesehen, ggf erfolgen im Anschluß noch eine Strahlentherapie oder (je nach Rückfallrisiko) auch eine ergänzende antihormonelle Therapie.

      Wir hoffen, dies hilft Ihnen weiter.

      Alles Gute!

  3. Ich habe durch einen harmlosen Tatsbefund im Jahr 2021 links einen Knoten gespürt. Mammographie von beiden Brüsten zeigte dann ein High G 3 DCIS ausgedehnt. Ich wurde im September und Oktober BET operiert 28 x bestrahlt und habe bis vor wenigen Wochen Tamoxifen eingenommen. Die NW waren so unerträglich das ich lieber das kontrollierte Risiko also diese geminderte Lebensqualität hinnehme. Mein FA weiß darüber Bescheid und hat mich im Blick. Bisher ist alles gut.

  4. Vor 15 Jahren wurde ich an beiden Brüsten operiert wegen Mikrokalk bzw. Verdacht auf Brustkrebs. Es wurde ein carcinoma in situ festgestellt aber nicht operiert. Wäre eine Option. Nicht sinnvoll?

    1. Liebe Frau Friedel,
      unser Experte hat sich Ihrer Frage angenommen, hier seine Antwort:

      Auch wenn sich aus einem Carcinoma in situ nicht zwangsläufig ein Brustkrebs entwickelt wird in aller Regel eine Operation zur Risikoverringerung durchgeführt.

      Herzliche Grüße

  5. Im Dezember 2020 wurde ich BET am DCIS operiert.
    Im Januar 2021 wurde erneut BET operiert.

    Danach erfolgte die Bestrahlung.

    Nach weiteren Kontrollen ist im September 2022 ein Rezidiv mit einer Größe von > 5cm entdeckt worden.

    Ich bin mir mittlerweile sicher, dass alle Kontrollen nichts nützen?!
    Oder warum war trotz Kontrolle ein so großer DCIS entstanden.

    Wesentlich wichtiger wäre es die Patienten besser über ihren Lebensstil und die Nahrung zu informieren, dass wird meiner Ansicht nach in den meisten Reha´s komplett vernachlässigt.

    Ich selbst bin noch der Suche den DCIS außerhalb einer Brustentfernung zu finden.

    Leider gibt es hier wenig Hilfestellungen durch die Medizin oder Internet.

    1. Liebeb Frau Rodian,
      wir haben Ihre Frage an unseren Experten weitergeleitet.
      Hier seine Antwort, die Ihnen hoffentlich weiterhilft

      Leider ist ein DCIS manchmal in den klassischen Kontrolluntersuchungen schwer zu entdecken. In so einem hartnäckigen Fall wie bei Ihnen wird wahrscheinlich eine Mastektomie (Operation der ganzen Brustdrüse) diskutiert. Ein gesunder Lebenstil (Sport, ausgewogenen vitaminreiche Ernährung) hat sicher einen positiven EInfluß, eine garantierte Wirksamkeit gibt es aber leider nicht.

      Alles Gute

  6. Bei mir wurde Brustkrebs diagnostiziert. Nach der brusterhaltenden OP wurden noch zusätzlich 5cm DCIS festgestellt. DCIS muss nicht zwangsläufig in der Mammographie darstellbar sein, 1 Monat vor der OP war keine Mikroverkalkung feststellbar. Soviel dazu, dass DCIS „meist“ durch Mikroverkalkung feststellbar ist. Leider wird das im Internet zu selten beschrieben.

    1. Welche Rolle kann whatchfull waiting einnehmen?
      Wie sind prophylaktische Eingriffe zu bewerten, wenn bis zu 50% eigentlich nicht chirurgisch behandelt werden müssten? Das wäre die Personengruppe, deren Befund niemals maligen geworden wäre? Dann lieber alle “unters Messer”? Völlig unverständlich…
      Aber das sind ja Empfehlungen der S3-Leitlinien…(!)

      Freundlichst
      Eichhorn

      1. Bei mir wurde ebenfalls DECIS lowgrade links festgestellt. Aufgrund der Verteilung des Mikrokalks ist eine brusterhaltende OP voraussichtlich nicht möglich. Ich bin 44 und empfinde eine solch einschneidende OP unverhältnismäßig. Ich werde mich entgegen der Leitlinien für Watchful waiting entscheiden. Vielleicht wird es irgendwann zu Brustkrebs, aber der kann dann immer noch behandelt werden. Bis dahin kann ich ein glückliches Leben in einem unentstellten weiblichen Körper weiterführen. Und wer weiß, vielleicht trifft es mich auch gar nicht.
        Natalie

  7. Bei mir wurde Mitte 2017, damals 53, durch eine Mammografie DCIS in der rechten Brust festgestellt. Nach OP, Bestrahlung und Tamoxifen Einnahme ohne Nebenwirkungen sowie regelmässigen Kontrollen, auch weiterhin, geht es mir sehr gut…

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