Möglichkeiten der risiko­reduzierenden Ent­fernung der Brust­drüsen mit Sofort­rekonstruktion

Brustdrüsen Rekonstruktion
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Die Entfernung der gesunden Brust­drüse im Sinne einer prophy­laktischen Mastek­tomie bei Patien­tinnen mit einem hohen Brust­krebs­risiko ist für die Patientin sowie den Operateur kein ein­faches Vor­haben.

Die Brust ist ein Symbol der Weib­lich­keit, weshalb jede Operation nicht nur durch die Ver­änderung des körper­lichen Er­schei­nungs­bildes einen nach­haltigen Ein­schnitt im Leben einer Frau darstellt. Darüber hinaus ist die Brust auch ein Organ mit ganz bestimmten Auf­gaben. Anders als bei ästhe­tischen Operationen zur Ver­kleinerung oder Ver­größerung der Brust kann die Patientin nach der prophylak­tischen Ent­fernung der Brust­drüse nicht mehr stillen. Bei allem Über­lebens­vorteil, der sich für die Trägerin einer Gen­mutation aus der Ent­fernung der Brust­drüse ergibt, müssen die Aus­wirkungen u.a. auf die Psyche der Patientin vor der Operation so sorg­fältig wie möglich bedacht und professionell diskutiert werden.

Bedingt durch ihre Operation hat die Schau­spielerin Angelina Jolie die prophylaktische Ent­fernung der Brust zu einem der zentralen Gesund­heits­themen im Jahr 2013 gemacht. Viele Menschen haben erst auf diese Art erfahren, dass es die Möglich­keit der prophylak­tischen Operation gibt. Für Frauen, die eine Mutation auf den Brust­krebs­genen BRCA1 oder BRCA2 haben, war die offensive Art, mit der das Thema diskutiert wurde, ein An­stoß sich selbst mit der prophylak­tischen Operation zu be­schäftigen. In den letzten Jahren sind darüber hinaus die Möglich­keiten, eine Brust nach der Ent­fernung der Brust­drüsen zu rekonstruieren durch die Plastischen Chirurgen so weiter ent­wickelt worden, dass das ästhetische Ergebnis nach einer solchen Operation sehr schön sein kann. Für die Rekonstruktion stehen zahl­reiche Methoden zur Ver­fügung. Jede Frau muss gemeinsam mit ihrem Arzt eine individuelle Ent­scheidung treffen, welche Möglich­keit für sie in Frage kommt. Es gibt grund­sätzlich zwei ver­schiedene Ver­fahren, um einen ver­bliebenen Haut­mantel nach Ent­fernung der Brust­drüse zu „füllen“. Zum einen können Expander oder Brust­implantate und zum anderen körper­eigenes Gewebe genutzt werden.

Nippel belassen oder entfernen – Entfernung der Brustdrüse mit Erhalt der Brustwarze

In der prophylaktischen Situation wird stets die Bedeutung des Brustwarze mit Brustwarzenvorhof (Mamillen-Areolen-Komplexes – MAK) als ein Kriterium zur Risikoreduktion diskutiert. Die Brustwarze ist das Ziel der Ausführungsgänge der Brustdrüsen und somit auch potentiell ein Entstehungs­ort für ein sogenanntes retromamilläres Karzinom. Das steigende Interesse an einem verbesserten kosmetischen Ergebnis hat dazu geführt, dass die Entfernung der Brust unter Erhalt der Brustwarzen (nipple-sparing mastektomy – NSM) zunehmend bei prophylak­tischer und therapeutischer Indikationen für die Entfernung der Drüsenkörper durchgeführt wird und in ausgewählten Fällen die konventionellen Operations­techniken ersetzt. In der Literatur wird die Methode allerdings kontrovers diskutiert bezüglich der sogenannten „onkologischen Sicherheit“ und möglicher Komplikationen.

Die beidseitige Mastektomie mit Erhalt der Brustwarze (Abb. 1) wird bei Frauen durchgeführt, die eine kleine bis mittelgroße Brust haben. Bevorzugt kommt sie bei Patientinnen zur Anwendung, die auf die eigenen Brustwarzen (zunächst) nicht verzichten möchten. Die Operationstechnik ist charakterisiert durch einen vertikalen Schnitt vom Unterrand des Warzenvorhofes in Richtung auf die Unterbrustfalte. Über diesen Zugang kann die gesamte Brustdrüse vom Hautmantel mit dem darunter liegenden Fettgewebe gelöst werden. Die so präparierte Brustdrüse wird dann vom Brustmuskel gelöst und noch in der „Hauttasche“ für die histologische Untersuchung markiert. Nach der Markierung wird die Brustdrüse entnommen und zur feingeweblichen Untersuchung gegeben. Durch den ca. 5 bis 6 cm langen Hautschnitt kann die gesamte Wundhöhle eingesehen werden und auf Drüsenreste und kleinere Blutungen kontrolliert werden. Durch die Verwendung von speziellen elektrischen Messern wird der Blutverlust sehr gering gehalten. Die entnommene Brustdrüse wird gewogen und entsprechend der präoperativen Absprache ein Implantat eingesetzt. Hierzu können anatomisch geformte Implantate gewählt werden, die vor der Operation ausgemessen werden und ggf. auch eine gewünschte dezente Brustvergrößerung nach der Operation nach sich ziehen. Dadurch hat die Patientin die Möglichkeit, auf die Brustform nach der Entfernung der Brustdrüse Einfluss zu nehmen. Nach Einbringen des Implantates wird eine Drainage platziert und die Haut mit einem Faden vernäht, der sich nach einiger Zeit selbst auflöst. Die Operationszeit beträgt 1,5 bis 2 Stunden. Die Patientin wird mit einem Sport-BH versorgt und kann nach ca. 3 bis 5 Tagen die Klinik verlassen. Wie bei jeder Implantatrekonstruktion sollten für die Operation qualitativ hochwertige Implantate verwendet werden. In unserer Klinik kommen nur Implantate zum Einsatz, die eine europäische (CE) sowie eine US-amerikanische Zulassung besitzen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann nach einer Rekonstruktion mit Implantaten auch eine Eigengewebsrekonstruktion erfolgen. Dabei werden die Implantate z. B. durch Eigengewebe vom Bauch ersetzt werden. Diese Operation kann in Abstimmung auf die Situation der Patientin und insbesondere ihren Wunsch jederzeit durchgeführt werden. Sollte sich die Patientin für eine Rekonstruktion mit Eigengewebe, z. B. vom Unterbauch, entscheiden, wird ihr dann häufig eine Entfernung der Brustwarzen empfohlen.

 

Hautsparende Mastektomie

Bei der hautsparenden Mastektomie werden die Brustdrüsen inklusive des MAK entfernt.
Die Schnittführung ist ähnlich wie bei der die Brustwarzen erhaltenden Operation. Zusätzlich zum oben beschriebenen Zugang wird der Schnitt um eine Umschneidung der Warzenhöfe erweitert, womit die entstehende Narbe einem „Federballschläger“ gleicht.
Auch bei dieser Operation werden die Brustdrüsen einschließlich des MAK’s zur feingeweblichen Untersuchung gegeben. Die Rekonstruktionsmöglichkeiten entsprechen prinzipiell den oben dargestellten, allerdings ist die Einlage eines Implantates durch die Entfernung des MAK erschwert, so dass die Eigengewebsrekonstruktion bevorzugt wird. Die durch die Operation entstehenden Hauttaschen werden mit Fettgewebe z. B. aus dem Unterbauch „aufgefüllt“. Dazu wird aus dem Unterbauch ein sogenannter freier beidseitiger Unterbauchfettlappen (bilateraler DIEP-Lappen) gewonnen. Der Unterbauchfettlappen wird einschließlich einer kleinen Arterie und einer kleinen Vene zunächst komplett gelöst. Diese winzigen Gefäße (Arterie und Vene) werden dann mit einer Arterie und einer Vene, die zwischen den Rippen präpariert werden, verbunden. Dieser Schritt der Operation (Verbindung der Blutgefäße) erfolgt unter dem Operationsmikroskop, weshalb der Eingriff hoch spezialisierten Plastischen Chirurgen, vorbehalten ist. Der transplantierte Unterbauch­fettlappen wird so modelliert, dass er die Tasche, die nach Entfernung der Brustdrüse entsteht, gut ausfüllt. Von der Haut aus dem Unterbauch bleibt nur eine kreisrunde Hautinsel, die in etwa der Größe des ehemaligen Warzen­vorhofes entspricht. Die im Bereich des Unterbauches entstandene Wundhöhle wird nach Einlage von zwei Wund­drainagen verschlossen, woraus eine Straffung des Unterbauches resultiert. Der Bauchnabel wird neu implantiert, damit er wieder in seine ehemalige Position kommt. Da nur eine Haut-Fett-Insel aus dem Unterbauch gewonnen wird ohne einen Muskel, kommt es zu keiner Beeinträchtigung der Stabilität der Bauchwand. Der Krankenhaus­aufenthalt beträgt bei dieser Operation etwa ca. 7 bis 10 Tage. Auch hier ist der Blutverlust sehr gering. Blut­konserven werden nicht benötigt. Zu einem späteren Zeitpunkt können die kreisrunden Hautinseln, wie in der Abb. 2/links dargestellt, für eine Brust­warzen­rekonstruktion verwendet werden. Diese kann häufig in örtlicher Betäubung durchgeführt werden. Mit einer blüten­förmigen Schnittführung kann man anhand von einer Hautverschiebung eine Brustwarze gut rekonstruieren. Der Warzenvorhof wird von einem Tätowierstudio gestaltet.
Während des Eingriffes zur Brust­warzen­rekonstruktion können auch kleine Narbenkorrekturen z. B. am Bauch durchgeführt werden. Darüber hinaus können die Brustgröße und -form endgültig modelliert werden.

Hat eine Patientin voluminöse und ptotische Brüste können verständlicherweise zwei geteilte Unterbauchfettlappen (DIEP-Methode) nicht primär verwendet werden, um die Brust zu rekonstruieren. Diesen Patientinnen bieten wir zunächst eine Bruststraffungsoperation unter Entfernung der Brustdrüsen an. Ziel der Operation ist es, die Brustdrüse zu entfernen und den Hautmantel in seiner Größe zu reduzieren sowie über ein eingebrachtes Implantat zu straffen, ähnlich dem Vorgehen bei einer ästhetischen Straffung der Brust.
Der große Vorteil ist, dass die Brustdrüse entfernt wird und das onkologische Risiko sofort reduziert ist. In der gleichen Operation werden eine Straffungsoperation und damit auch eine Verkleinerung des Hautmantels sowie eine Verkleinerung des Warzenvorhofes durchgeführt. Die Kosten der Operation trägt die gesetzliche oder private Krankenkasse. Die so operierten Patientinnen sind meist mit dem kosmetischen und postoperativen Resultat sehr zufrieden. Der Blutverlust bei einer solchen Operation ist sehr gering. Der stationäre Aufenthalt dauert ca. 4 bis 7 Tage. Sollte später der Wunsch bestehen, die Implantate durch Eigengewebe zu ersetzen, dann ist die Patientin durch die vorangegangene Operation optimal für die Eigen­gewebs­rekonstruktion vorbereitet. Im Rahmen der möglichen zweiten Operation werden die Implantate durch Eigengewebe (meist vom Unterbauch) ersetzt.

Kontralaterale prophylaktische Mastektomie

 

Liegt eine Krebserkrankung auf der einen Seite vor und entfernt man die andere Brust spricht man von einer prophylaktische kontralateralen Mastektomie (CPM). Ziel ist die Risikoreduzierung bei Patientinnen mit einem hohen Risiko für eine Krebserkrankung der Gegenseite. In der wissenschaftlichen Literatur wird ein solcher Effekt am ehesten für Frauen mit einer Mutation der Brustkrebsgene BRCA1 oder BRCA2 erwartet.
Die Anwendung der CPM hat in den Vereinigten Staaten unter Patientinnen mit einseitigem Brustkrebs im Zeitraum von 1993 bis 2003 um 150 % zugenommen. Es ist unbestritten, dass die CPM das Risiko einer kontralateralen Krebserkrankung senkt. Inwieweit allerdings die Patientin länger lebt nach einer solchen prophylaktischen Operation ist hingegen unklar. Insbesondere fehlen bei Patientinnen ohne Mutation der Brustkrebsgene Hinweise dafür, dass sich die Prognose der Frauen verbessert.
Die Indikation für eine kontralaterale prophylaktische Mastektomie sollte daher sehr kritisch gestellt werden. Das Risiko der Erkrankung der Gegenseite muss sorgfältig dem Risiko für ein Wiederauftreten des bereits behandelten Brustkrebses gegenüber gestellt werden, um der Patientin eine unnötige und belastende Operation zu ersparen. Häufig wird das Risiko für ein Wiederauftreten des Brustkrebses auf der Gegenseite von Patientinnen, die keine Mutation der Brustkrebsgene haben, überschätzt. Sie entscheiden sich dann für eine solche Operation aus der verständlichen Angst heraus, nie wieder eine Erkrankung erleben zu wollen. Wie bei der beidseitigen prophylaktischen Mastektomie ist daher ein ausführliches Gespräch mit dem behandelnden Arzt zu empfehlen, bevor die Entscheidung für die CPM fällt.
Die CPM infolge eines Mammakarzinoms der Gegenseite wirft darüber hinaus eine Reihe psychologischer, zeitlicher, organisatorischer und medizinischer Fragen auf.

Muss die Brust überhaupt rekonstruiert werden?

Unterschiedliche Gründe können die Frauen dazu bewegen, sich für oder gegen eine Rekonstruktion zu entscheiden. Während bei einer Patientin die rekonstruierten Brüste ein neues Selbstwertgefühl fördert und ihnen so z.B. die Bewältigung der Erkrankung erleichtert, fühlen sich andere auch ohne Brustrekonstruktion vollwertig und weiblich. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Patientin zu einer Entscheidung gelangt, die der medizinischen Prognose Rechnung und ihrem persönlichen Körper- und Lebensgefühl entspricht. Aus dem Sprechstundenalltag berichten Patientinnen oft, dass sie nach der Brustkrebstherapie der einen Brust, dieses einschneidende Lebensereignis nie wieder erleben möchten und daher die Entfernung der zwar gesunden, aber potentiell risikobehafteten Brust befürworten. Für den Fall, dass für einen beidseitigen Unterbauchfettlappen, im Bild 4 dargestellt, genügend Gewebe vorhanden ist, so ist diese Operation von einem versierten, plastisch-chirurgischen Team unproblematisch durchführbar. Allerdings ist die Erweiterung einer Brustrekonstruktion um die Gegenseite mit einem erhöhten Komplikationsrisiko behaftet und verändert nur bei wenigen Patientinnen die Prognose. Daher ist stets die Indikation für einen solchen Eingriff im interdisziplinären Brustteam mit der Patientin zu besprechen.

Allgemeine Operationsvorbereitung und Nachsorge

Zur Operationsvorbereitung gehören gründliche Voruntersuchungen einschließlich der körperlichen Untersuchung und der Bildgebung (Mammografie, Ultraschall und ggf. MRT der Mamma). Wir führen mindestens zwei Aufklärungsgespräche mit der Patientin und wenn gewünscht mit deren Angehörigen. Die Umschneidungsfigur für die geplante Operation wird während dieses Gespräches angezeichnet. Eine Fotodokumentation wird durchgeführt. Für die Verwendung von Brustimplantaten werden diese ausgemessen und Größe und Form mit der Patientin besprochen. Die Kosten für die Implantate sind Leistungen der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung. Direkt vor der Operation werden alle Details erneut mit der Patientin besprochen und die Schnittführung nochmals detailliert angezeichnet. Die postoperative Nachsorge beinhaltet die Kontrolle der Drainagemenge und die Kontrolle der Durchblutung der freien Gewebetransplantate (Beurteilung der sichtbaren Hautinsel). Es werden gut verträgliche Narkose- und Schmerzmedikamente vor und nach der Operation verabreicht. Die Patientinnen werden bei uns in der Frauenklinik betreut, wo sie auch von den Plastischen Chirurgen nach der Operation täglich visitiert werden. Ein Fadenzug ist aufgrund der Verwendung von resorbierbarem Nahtmaterial meistens nicht nötig.

 

Prof. Dr. Stefan Langer

Universitätsklinikum Leipzig
Abteilung für Plastische, Ästhetische und spezielle Handchirurgie
Liebigstraße 20, 04103 Leipzig
Tel.: 0341 9717140
http://plastische-chirurgie.uniklinikum-leipzig.de

Kommentar • 1
  1. Sehr geehrte Damen und Herren,
    vor 2 1/2 Monaten wurde bei mir eine Haut- und nippelsparende Mastektomie der rechten Brust durchgeführt; gleichzeitig wurde ein Silikon-Implantat eingesetzt. Nun meine Frage: ich überlege mir, das Silikon-Implantat durch Eigengewebe ersetzen zu lassen.
    Kann hierbei die Brustwarze erhalten bleiben?

    Besten Dank und mit freundlichen Grüßen

    Elisabeth Estermaier

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