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ESMO 2022: Neuigkeiten aus der Krebsforschung im Überblick

Redaktion Mamma Mia!

© iStock / sanjeri

Beim europäischen Krebskongress ESMO in Paris wurden im September einige Studien zu Brust- und Eierstockkrebs vorgestellt, die Auswirkungen auf die klinische Praxis hierzulande haben könnten. 

Eva Schumacher-Wulf, Chefredakteurin von Mamma Mia! Das Brustkrebsmagazin, und Andrea Krull, 1. Vorsitzende des Vereins Gynäkologische Krebserkrankungen Deutschland stellen einige dieser Studien vor und diskutieren diese mit

  • Prof. Dr. Christian Jackisch vom Sana Klinikum in Offenbach (Thema: Früher Brustkrebs)
  • Prof. Dr. Nadia Harbeck vom LMU Klinikum München (Thema: Metastasierter Brustkrebs)
  • Prof. Dr. Barbara Schmalfeldt vom UKE Hamburg (Thema: Eierstockkrebs)

Früher Brustkrebs – Studien im Überblick

DATA-Studie: Wie wirkt sich die Therapie mit einem Aromatasehemmer im Anschluss an eine Anti-Hormontherapie aus?
Prof. Dr. Christian Jackisch: In dieser Studie wurde der Einsatz von Anastrozol (Aromatasehemmer) über verschiedene Zeiträume bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs in der erweiterten adjuvanten Therapie überprüft. Die teilnehmenden Patientinnen waren nach einer zwei bis dreijährigen Tamoxifen-Behandlung krankheitsfrei und erhielten anschließend entweder drei oder sechs Jahre Anastrozol. Nach einer zehnjährigen Nachbeobachtungszeit zeigte sich kein Vorteil zugunsten der längeren Einnahmezeit. Somit kann keine generelle Empfehlung für die Verlängerung einer Therapie mit einem Aromatasehemmer bei allen postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs über eine fünfjährige sequenzielle Therapie hinaus gegeben werden. Für Patientinnen mit einem erhöhten Rückfallrisiko, beispielsweise bei befallenen Lymphknoten, könnte die erweiterte Antihormontherapie jedoch sinnvoll sein, wenn die Vortherapie gut vertragen wurde und die Knochendichte normal ist.


ADAPT and ADAPTcycle Studien: Einfluss von Alter, Recurrence Score und Unterdrückung der Eierstockfunktion auf das Ansprechen auf eine Anti-Hormontherapie vor der Operation.
Prof. Dr. Christian Jackisch: Bei prämenopausalen Patientinnen mit 0-3 positiven Lymphknoten (N0-1) und einem Recurrence Score <25 (Oncotype DX) ist der Nutzen einer zusätzlichen Chemotherapie (CT) zur Anti-Hormontherapie umstritten. Das Ziel der ADAPT-Cycle Phase-III-Studie ist es herauszufinden, ob eine während der Screening Phase identifizierte Patientengruppe mit intermediärem Risiko für ein Rezidiv einen Vorteil von einer Behandlung mit Ribociclib in Kombination mit einer Antihormontherapie hat, verglichen mit einer Standard-Chemotherapie (gefolgt von einer adjuvanten Antihormontherapie).
Die Studienteilnehmerinnen erhielten vor der Operation eine dreiwöchige Antihormontherapie. Je nach Ansprechen des KI-67 Wertes in der Stanzbiopsie und im Operationspräparat wurde nach der Operation entschieden, wie die Frauen weiterbehandelt wurden. Bei gutem Ansprechen (definierter Abfall des Ki-67) auf die antihormonelle Therapie konnte auf eine Chemotherapie verzichtet werden. Was die Studie deutlich zeigt: Bei prämenopausalen Patienten, die jünger als 50 Jahre alt sind, verbessert die Unterdrückung der Eierstockfunktion zusätzlich zu Tamoxifen oder einem Aromatasehemmer das Ansprechen auf diese kurzfristige Therapie erheblich. Dies sollte in der klinischen Praxis berücksichtigt werden. Die kurzfristige, etwa dreiwöchige Therapie ist also eine sinnvolle Intervention, die uns ein gutes Verständnis der endokrinen Sensitivität ermöglicht. Eine unnötige Chemotherapie kann so eingespart werden. Der Einsatz von Oncotype DX liefert zusätzliche Informationen, wenn er vor der endokrinen Kurzzeittherapie erfolgt. Vor der definitiven Umsetzung in die Routine ist allerdings das Ergebnis der ADAPT-CYCLE Studie abzuwarten.

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ESMO 2022 – Neues zum frühen Brustkrebs

Metastasierter Brustkrebs – Studien im Überblick

TROPiCS-02-Studie: Wie wirkt sich die Behandlung mit dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Sacituzumab Govitecan bei Patientinnen mit einem Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen, metastasierten Brustkrebs auf das Gesamtüberleben aus?
Prof. Dr. Nadia Harbeck: Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, metastasiertem Brustkrebs werden aktuell mit einer antihormonellen Kombinationstherapie gefolgt von zielgerichteten oder Mono-Chemotherapien behandelt. Nun wurde untersucht, ob diese Patientinnen von dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Sacituzumab Govitecan profitieren könnten. Das Medikament ist bereits für triple-negativen, metastasierten Brustkrebs mit mehr als zwei vorausgegangenen Chemotherapien (davon mindestens eine im metastasierten Stadium) zugelassen. Die Patientinnen in der Studie mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, metastasiertem Brustkrebs und vorausgegangener Taxan-, Anti-Hormontherapie, CDK4/6-Inhibitor sowie zwei bis vier Chemotherapien erhielten entweder Sacituzumab Govitecan oder eine Chemotherapie nach Wahl des Arztes. Im Ergebnis zeigte Sacituzumab Govitecan bei stark vorbehandelten Patientinnen eine statistisch signifikante und klinisch relevante
Verbesserung gegenüber Standardchemotherapie in den Punkten Gesamtüberleben, progressionsfreies Überleben, Ansprechrate und Lebensqualität. Diese Daten unterstützen Sacituzumab Govitecan als neue Therapieoption für Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, metastasiertem Brustkrebs.

MONARCH-3-Studie: Wie wirkt sich die Kombination von Abemaciclib und einem Aromatasehemmer auf das Gesamtüberleben aus? Ein Zwischenfazit.
Prof. Dr. Nadia Harbeck: Diese Studie führte zur Zulassung von Abemaciclib in Kombination mit einem nicht-steroidalen Aromatasehemmer als Initialtherapie bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem Brustkrebs nach den Wechseljahren, nachdem eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens nachgewiesen werden konnte. Die zweite Zwischen-analyse zeigte nun ein längeres Gesamtüberleben sowohl in der allgemeinen Studiengruppe als auch in der Gruppe mit viszeralen Metastasen. Das mediane Gesamtüberleben konnte durch die Zugabe von Abemaciclib zum Aromatasehemmer um über zwölf Monate verlängert werden.

DESTINY-Breast04: Wie beurteilen Patientinnen den Erfolg der Therapie mit Trastuzumab Deruxtecan?
Prof. Dr. Nadia Harbeck: In dieser Studie konnte ab der zweiten Therapielinie eine Verbesserung des progressionsfreien und des Gesamtüberlebens unter Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd) gegenüber einer Chemotherapie nach Wahl des Arztes bei Patientinnen mit HER2-low, metastasiertem Brustkrebs, unabhängig vom Hormonrezeptorstatus, gezeigt werden. Nun erfolgte die Auswertung einer Beurteilung der Behandlung mit T-DXd aus Sicht der Patientinnen im Hinblick auf die Lebensqualität in der Gruppe mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs. Die Studienteilnehmerinnen erhielten entweder T-DXd oder eine Chemotherapie nach Wahl des Arztes. Im Ergebnis hatten Patientinnen unter der Therapie mit Trastuzumab Deruxtecan länger einen besseren Gesundheitsstaus und eine bessere Lebensqualität als unter einer Standard-chemotherapie. Dies betraf alle festgelegten Unterkategorien. Das bestätigt den Vorteil von Trastuzumab Deruxtecan gegenüber einer Standardchemotherapie bei Patientinnen mit HER2-low, metastasiertem Brustkrebs.

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ESMO 2022 – Neues zum metastasierten Brustkrebs

Eierstockkrebs – Studien im Überblick

PAOLA-1/ENGOT-Studie: Wie wirkt sich die Erhaltungstherapie mit Olaparib und Bevacizumab bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem, fortgeschrittenem Eierstockkrebs auf das Gesamtüberleben aus?
Prof. Dr. Barbara Schmalfeldt: In der Erstanalyse der PAOLA-1/ENGOT-Studie zeigte sich
eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens bei einer Erhaltungstherapie mit Olaparib und Bevacizumab nach einer Erstlinientherapie mit Chemotherapie und Bevacizumab, vor allem bei Patientinnen mit einer BRCA-Mutation und mangelnder homologer Rekombination
(HRD+). In die Studie wurden Patientinnen mit einem highgrade Eierstockkrebs aufgenommen, deren Tumor zuvor auf eine platinhaltige Chemotherapie angesprochen hatte.
Die Studienteilnehmerinnen erhielten entweder Olaparib und Bevacizumab oder Placebo und Bevacizumab. Im Ergebnis zeigte sich unter der Erhaltungstherapie mit dem PARP-Inhibitor
Olaparib und dem Angiogenesehemmer Bevacizumab eine klinisch bedeutsame Verbesserung des Gesamtüberlebens bei Patientinnen mit einem HRD+ Tumor. Somit sollten alle Patientinnen
mit Erstdiagnose eines Ovarialkarzinoms eine Testung auf eine BRCA-Mutation und HRD+ sowie gegebenenfalls eineErhaltungstherapie mit Bevacizumab und Olaparib erhalten.

ATHENA-MONO-Studie: Wie wirkt die Erhaltungstherapie mit Rucaparib in verschiedenen Risikountergruppen bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem Eierstockkrebs?
Prof. Dr. Barbara Schmalfeldt: In der ATHENA-MONO-Studie wurde eine Verlängerung des
progressionsfreien Überlebens durch die Erstlinien-Erhaltungstherapie mit Rucaparib versus Placebo bei Patienten mit fortgeschrittenem Eierstockkrebs beobachtet, unabhängig von
molekularen Merkmalen (BRCA, HRD oder keine). Es wurden Patientinnen mit oder ohne klinische Merkmale mit hohem Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung in die Studie aufgenommen.
In der hier vorgestellten Subgruppenanalyse wurde untersucht, ob alle Patientinnen von der Erhaltungstherapie mit Rucaparib profitieren, einschließlich derjenigen mit günstigeren prognostischen Faktoren zu Beginn der Behandlung. In der Studie erhielten Patientinnen mit high-grade FIGO III-IV Eierstockkrebs nach zytoreduktiver Operation und einer platinhaltigen Chemotherapie entweder Rucaparib oder Placebo. Im Ergebnis verbesserte die Erstlinien-Erhaltungstherapie mit Rucaparib die progressionsfreie Zeit im Vergleich zu Placebo in allen Untergruppen. Dies ist eine weitere Studie, die zeigt, dass die Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor das krankheitsfreie Überleben verbessert, und zwar unabhängig von Risikofaktoren und
molekularen Merkmalen gegenüber keiner Erhaltungstherapie. Zu beachten: Rucaparib ist in dieser Indikation in Deutschland nicht zugelassen.

SOLO1/GOG-3004: Wie wirkt sich die Gabe von Olaparib auf das Gesamtüberleben von Patientinnen mit fortgeschrittenem Eierstockkrebs und einer BRCA-Mutation aus?
Prof. Dr. Barbara Schmalfeldt: In der Phase-III-Studie SOLO1/GOG-3004 zeigte die Erhaltungstherapie mit Olaparib bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem,
fortgeschrittenem Eierstockkrebs und einer BRCA-Mutation einen Vorteil im Gesamtüberleben auch über das Behandlungsende hinaus. Nach fünf Jahren Nachbeobachtung betrug die mediane progressionsfreie Zeit mit Olaparib 56,0 Monate gegenüber 13,8 Monaten mit Placebo, 48 beziehungsweise 21 Prozent der Patientinnen waren progressionsfrei. In der Studie erhielten Patientinnen mit einer BRCA-Mutation, nach Operation und Ansprechen auf eine platinbasierte
Chemotherapie über zwei Jahre, entweder eine Erhaltungstherapie mit Olaparib oder Placebo. In der hier vorgestellten Analyse nach sieben Jahren zeigte die zweijährige Olaparib- Erhaltungstherapie eine klinisch bedeutsame Verlängerung des Gesamtüberlebens gegenüber Placebo bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem fortgeschrittenem Eierstockkrebs und einer BRCA-Mutation.

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Therapieoptionen bei der Erstdiagnose einer fortgeschrittenen Eierstockkrebserkrankung

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Therapieoptionen beim Rezidiv

Die Kongressberichterstattung des jährlichen Meetings der American Society of Clinical Oncology (ASCO), die im Rahmen der Mamma Mia!-Academy und patients today stattfindet, wird durch die freundliche Unterstützung von Daiichi Sankyo GmbH, Gilead, Glaxo Smith Kline und Roche Pharma ermöglicht.