„Eine so wertvolle Zeit für uns“

Mamma Mia! Patientenwochenende - "Zeit für uns"
© Jonas Ratermann

Die Beziehung von Mutter und Tochter ist eine ganz besondere. Das Mamma Mia! Wochenende für Frauen mit metastasiertem Brustkrebs hat dies einmal mehr bestätigt.

Wie kann in einer Gruppe von sich zehn völlig fremden Frauen ein Austausch gelingen? Das Mamma Mia! Wochenende für Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs und ihre Töchter beziehungsweise Mütter hat es eindrucksvoll gezeigt. Schon bei der Kennenlernrunde wird klar: Unter den Frauen herrscht gegenseitiges Verständnis, es gibt eine gemeinsame Basis, obwohl sie alle in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen stehen und mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen haben. Da ist Andrea, die seit ihrer Diagnose vor nunmehr 18 Jahren Knochenmetastasen hat und derzeit auch mit einer gewissen Therapiemüdigkeit zu kämpfen hat. Da ist Claudia, die im April 2021 mit gerade einmal 30 Jahren die Diagnose Brustkrebs mit Lebermetastasen bekommen hat und die im Moment zwischen Hoffen und Bangen steht, weil bei der letzten Untersuchung „etwas zu sehen“ war. Da ist Annette, die ähnlich wie Andrea, von Anfang an und seit nunmehr acht Jahren mit Knochenmetastasen lebt und der es trotz der Probleme mit den Gelenken eigentlich gut geht. Da ist Angelika, bei der zehn Jahre nach ihrer Erstdiagnose 2021 plötzlich Knochenmetastasen aufgetreten sind und die für sich ihren Frieden mit der Erkrankung gefunden hat. Und da ist Fehime, die seit 2020 Metastasen in der Lunge hat – nach der Ersterkrankung 2007 und einem Rezidiv 2019 – und damit hadert, dass sie so viel an Selbstständigkeit eingebüßt hat.

Die eigene Geschichte im Kreis von eigentlich Fremden zu erzählen, kostet alle im ersten Moment ein wenig Überwindung. Aber dann ist das Eis gebrochen, die ersten Tränen fließen und das gegenseitige Verständnis ist im Raum nahezu greifbar. Und das gilt nicht nur für die fünf Patientinnen. Auch die Angehörigen sprechen offen über ihre Gefühle. Paulina etwa war neun Jahre alt, als ihre Mutter Andrea die Diagnose erhielt und ist eigentlich Zeit ihres Lebens mit der Erkrankung ihrer Mutter konfrontiert, was nicht ohne Folgen für die Beziehung der beiden geblieben ist. Annettes Tochter Luisa war 16 Jahre alt und hat in dieser Zeit vieles mit sich selbst ausgemacht hat. Bis heute hat sie Probleme damit, in sich reinzuhören, was da alles ist. Für Maike, die bei der Erstdiagnose ihrer Mutter 21 Jahre alt war und deren zweite Tochter zwei Wochen vor der Diagnose Metastasen zur Welt kam, ist die räumliche Distanz zu ihrer Mutter Angelika, die seit sieben Jahren in Schweden lebt, mit die größte Herausforderung. Özlem, die selbst seit ihrer Geburt an einer Erkrankung leidet, muss sehr auf sich achten, weil sie sonst nicht für ihre Mutter Fehime, die durch die Nebenwirkungen der Medikamente, durch Schmerzen und Probleme mit der Lunge in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt ist, da sein kann. Und obwohl Brigitte die einzige ist, deren Tochter – Claudia – erkrankt ist, fühlt auch sie sich in der Gruppe direkt gut aufgehoben.

Bei der anschließenden Fackelwanderung durch das nicht nur am Abend verschlafene Städtchen Weilburg an der Lahn merkt man dann schnell, wie gut sich alle untereinander verstehen. Es wird viel miteinander geredet und vor allem viel gelacht – über die Erzählungen und die Sprüche des Stadtführers genauso wie über das Leben an sich.

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Information macht Hoffnung und Mut

Das Mamma Mia! Patientenwochenende soll aber nicht nur Möglichkeit zum Austausch untereinander geben. „Die Frauen sollen sich umfassend informieren können, zum Beispiel in Bezug auf die Therapie“, sagt Mamma Mia!-Chefredakteurin Eva Schumacher-Wulf. Die Gesprächsrunde mit Prof. Dr. Ute-Susann Albert, Bereichsleiterin Senologie der Frauenklinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Würzburg und Koordinatorin der S3-Leitlinie Mammakarzinom, bietet dazu Gelegenheit. Einfühlsam und verständlich geht die Expertin auf die Fragen der Frauen ein, erklärt die aktuellen Empfehlungen zur Therapie beim Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen Brustkrebs und macht den Frauen, die alle und zum Teil schon sehr lange ihre Erstlinientherapie erhalten, Hoffnung. Denn es gibt mittlerweile sehr viele Therapieoptionen, die auf dem Wissen basieren, dass Tumoren bestimmte Eigenschaften haben und dass sich diese verändern können. Wichtig ist, diese Veränderungen zu erkennen, etwa durch eine Biopsie oder eine Blutuntersuchung, und die Therapie, wenn sie denn nicht mehr wirkt und die Erkrankung fortschreitet, entsprechend anzupassen.

Genauso aber kann Frau Prof. Albert Annette und Andrea, die ihre Therapie schon sehr lange einnehmen und sich fragen, ob das alles so richtig sei oder ob man da nicht doch etwas verändern müsse, beruhigen: „Solange eine Therapie wirkt und man sie verträgt beziehungsweise mit den Nebenwirkungen zurechtkommt, solange kann man sie auch nehmen.“

Raum zum Aufarbeiten von Gefühlen

Emotional und intensiv gestalten sich die Workshops mit der Psychoonkologin Ute Petereit-Tjabben vom Brustkrebszentrum des Sana-Klinikums Offenbach. Sowohl die Betroffenen als auch die Angehörigen haben – getrennt voneinander – die Möglichkeit, über ihre Gefühle und Emotionen zu sprechen und zu sortieren. Fragen wie „Wie belastet fühle ich mich?“, „Was will ich, was kann ich?“, „Was will ich, was will ich nicht?“ oder „Was gibt mir Kraft oder Resilienz?“ und Postkarten mit verschiedenen Motiven und Sprüchen ebnen den Weg in diese Gespräche und das „Sich-Öffnen“, sodass Ute Petereit-Tjabben sich ein Bild von den vielfältigen und unterschiedlichen Belastungen, Ängsten und Sorgen der Frauen machen und ihnen einige wertvolle Tipps für den Umgang mit der jeweiligen Situation mit auf den Weg geben kann. Aber auch untereinander werden sich Ratschläge gegeben, Lebenserfahrungen und -weisheiten ausgetauscht, wird sich gegenseitig Halt gegeben.

Etwas für sich tun

Für einige ganz neu und mit dem einen oder anderen Aha-Erlebnis verbunden ist der Ausflug in die Welt der Aromatherapie. Yvonne Bonertz, gelernte Krankenschwester und freiberufliche Dozentin für Aromapflege, aromapflegerische Anwendungen und Beratungen, erklärt die verschiedenen Bausteine der Aromatherapie – die ätherischen Öle, die Pflanzenöle und die Hydrolate – und gibt viele praktische Tipps rund um deren Anwendung. Ein selbstgemachtes Zuckerpeeling mit Orangenduft sorgt auf der Stelle für weiche Hände, der Roll-on mit Pfefferminze und Lavendel wirkt im Notfall gegen Kopfschmerzen.

Denn sowohl ätherische Öle als auch Pflanzenöle und Hydrolate bieten viel Unterstützung auf körperlicher und psychischer Ebene und können bei vielen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Appetitlosigkeit, Hautreaktionen oder auch Ängsten Linderung verschaffen und zu mehr Wohlbefinden beitragen.

Sich in seiner Haut wohlzufühlen, dabei helfen Katharina Roos und Nicole Thieme von der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauengesundheit der Universitätsmedizin Mainz in ihrem onkologischen Kosmetikkurs. Nach ein bisschen Theorie zu Gesichtsreinigung und -pflege, der Pflege von Händen, Nägeln und Füßen, den Möglichkeiten, Hautirritationen abzudecken und vielen praktischen Tipps zum Einsatz von Kosmetikprodukten, steht der praktische Teil an.

Mütter und Töchter werden professionell geschminkt, bevor es dann zum abschließenden Fotoshooting geht. Denn auch wenn die Erinnerung an dieses besondere Wochenende für Mütter und Töchter bleiben wird – ein Foto macht sie umso lebendiger.

Ein großes Danke

Unser Dank gilt den Expertinnen Frau Prof. Dr. Ute-Susann Albert und Ute Petereit-Tjabben für ihre Zeit und ihr offenes Ohr, Yvonne Bonertz, Katharina Roos und Nicole Thieme für ihre wertvollen Tipps, dem Tourismusverband und dem Schlosshotel Weilburg sowie unseren Partnern AstraZeneca, Lilly, PRIMAVERA, Exact Sciences und Menarini Stemline. Ohne diese Unterstützung wäre die Umsetzung einer solchen Veranstaltung nicht möglich.