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BRCA-Mutation – Was sagt die Expertin?

Redaktion Mamma Mia! im Auftrag von AstraZeneca und MSD Sharp & Dohme

BRCA Interview
© iStock / Tatyana Antusenok
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Eine BRCA-Mutation erhöht das Risiko für Brust- oder Eierstockkrebs, kann aber auch die Möglichkeit für bestimmte zielgerichtete Therapien eröffnen. Wir sprachen mit Dr. Saida Agabejli vom Uniklinikum Dresden, wer sich neuerdings noch testen lassen kann, für wen sich die sogenannten PARP-Hemmer eignen und was gesunden Ratsuchenden mit einer BRCA-Mutation helfen kann.

MammaMia!: Frau Dr. Agabejli, das Deutsche Konsortium für Familiären Brust- und Eierstockkrebs hat die Einschlusskriterien für einen BRCA-Test, die auf eine genetische Ursache hinweisen können, in den letzten Jahren erweitert. Welche sind neu hinzugekommen?

Dr. Agabejli: Seit einigen Jahren haben Frauen mit einem triple-negativen Mammakarzinom auch bis zu einem Erkrankungsalter von 60 Jahren und ab 2024 bis zum 70. Lebensjahr die Möglichkeit zur BRCA-Testung, und zwar unabhängig von weiteren Krebserkrankungen in der Familie. Ebenso können sich Frauen mit Eierstockkrebs bis zu einem Erkrankungsalter von 80 Jahren testen lassen – ebenfalls unabhängig von der Familiengeschichte.

Bis letztes Jahr konnten an Brustkrebs erkrankte Männer gemäß den Kriterien des Konsortiums nur auf eine BRCA-Mutation getestet werden, wenn noch eine weitere Person in der Familie an Brustkrebs oder Eierstockkrebs erkrankt war. Seit diesem Jahr reicht die Brustkrebserkrankung eines Mannes allein für eine BRCA-Testung aus.

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Lässt es sich ungefähr beziffern, wie viele Menschen in Deutschland das Angebot für einen BRCA-Test wahrnehmen?

Valide Zahlen für ganz Deutschland fehlen leider. Einzelne Umfragen zeigen aber, dass die Testraten recht niedrig sind. Aber allein an unserem Konsortium in Dresden wurden letztes Jahr mehr als 500 erkrankte Frauen und Männer beziehungsweise deren Angehörige getestet.

Seit ein paar Jahren ist die BRCA-Testung auch für die Therapieplanung von bereits an Brustkrebs erkrankten Personen sehr wichtig geworden – Stichwort PARP-Hemmer. Sind die Kriterien für die BRCA-Testung hier anders als jene vom Deutschen Konsortium?

Ja, ein Kriterium für den Einsatz von PARP-Hemmern bei Patient:innen mit Mammakarzinom ist der Nachweis einer  Veränderung in den Genen BRCA1 und BRCA2. Wird die BRCA-Testung also veranlasst, um zu entscheiden, ob die Patientin oder der Patient für eine sogenannte zielgerichtete Therapie geeignet ist, spielt die Familiengeschichte – anders als bei den Kriterien des Konsortiums – keine Rolle. Wichtig ist nur, dass die anderen Voraussetzungen, also zum Beispiel das Krankheitsstadium und die bisherigen Behandlungen, erfüllt sind. Ob jemand geeignet ist, sollte immer individuell mit den behandelnden Ärzt:innen besprochen werden. 

PARP-Hemmer machen sich mit der BRCA-Mutation eine Schwachstelle der Krebszellen zunutze. Wie wirken sie genau?

PARP-Inhibitoren greifen den Tumor bei einer BRCA-Mutation an seiner Achillesferse an. Um zu verstehen, wie genau das funktioniert, müssen wir uns die Aufgabe von BRCA anschauen:

  • Unsere Erbinformation, die DNA, besteht aus zwei Strängen, die in Form einer Helix umeinander geschlungen sind.
  • Jeden Tag kommt es in der DNA zu Schäden, wo zum Beispiel ein oder auch beide Stränge brechen können.
  • Wenn beide Stränge gebrochen sind, gibt es einen bestimmten Reparaturmechanismus – und an diesem sind die BRCA-Gene beteiligt.
  • Bei der Reparatur von Einzelstrangbrüchen spielt das Enzym PARP eine Rolle. Wird dieses nun durch die Gabe eines PARP-Hemmers blockiert, verhindert das die Reparatur.
  • Wenn sich diese geschädigten Krebszellen teilen, kommt es durch die Kopie der DNA zu einem Doppelstrangbruch der DNA. Liegt nun eine BRCA-Mutation vor, kann dieser nicht repariert werden.
  • Mit der Zeit häufen sich dann so viele Doppelstrangbrüche an, dass die Krebszelle nicht mehr überlebensfähig ist und abstirbt.

 

Auch gesunde Ratsuchende haben unter Umständen die Möglichkeit, sich auf eine BRCA-Mutation testen zu lassen. Warum?  

Eine BRCA-Mutation erhöht das Risiko, unter anderem an Brustkrebs zu erkranken. Deswegen können gesunde Träger:innen einer Veränderung im BRCA1– oder BRCA2-Gen ab einem Alter von 25 Jahren an dem sogenannten intensivierten Früherkennungs- und Nachsorgeprogramm (IFNP) teilnehmen. Dieses Programm beinhaltet ein jährliches MRT der Brust, eine Ultraschalluntersuchung der Brüste im Abstand von sechs Monaten und ab dem 40. Lebensjahr zusätzlich eine Mammografie alle zwei Jahre. Ziel dieses Programmes ist es, eine mögliche Brustkrebserkrankung so früh wie möglich zu diagnostizieren. Denn je früher die Erkrankung entdeckt wird, desto besser ist die Prognose und die Wahrscheinlichkeit der langfristigen Heilung.

Weiterhin besteht die Möglichkeit einer risikoreduzierenden Operation der Brust, also der Entfernung des Brustdrüsengewebes, mit der Möglichkeit einer Rekonstruktion. Damit lässt sich die Erkrankungswahrscheinlichkeit deutlich senken.

Ein Test auf ein verändertes BRCA1– oder BRCA2-Gen kann also auch für gesunde Ratsuchende sinnvoll sein. Was spricht für einen Gentest, was vielleicht auch dagegen?

Da es bei Nachweis einer BRCA-Mutation verschiedene Angebote zur Früherkennung und auch vorbeugende Behandlungen gibt, kann das Wissen um die Genveränderung helfen, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen oder ihr sogar vorzubeugen. Daher ist eine Testung auch für gesunde Ratsuchende sinnvoll. Natürlich kann das Wissen um ein erhöhtes Erkrankungsrisiko, vielleicht auch gepaart mit Krankheitserfahrungen bei nahen Angehörigen, eine enorme Belastung darstellen und einen einschneidenden Einfluss auf das weitere Leben haben. Eine gewisse Leichtigkeit des Lebens und Unbeschwertheit geht mit der Befundmitteilung möglicherweise verloren. Daher bieten wir unseren Ratsuchenden stets auf Wunsch auch eine psychologische Begleitung an.

Was kann gesunden Ratsuchenden mit einer BRCA-Mutation helfen, eine persönlich richtige Entscheidung zu treffen?

Die Entscheidung für oder gegen die Teilnahme an Früherkennungsprogrammen und insbesondere auch risikoreduzierenden operativen Eingriffen ist ganz individuell zu treffen. Sie hängt sehr stark von den persönlichen Wertvorstellungen der Ratsuchenden ab.

Wichtig ist es, offen über die bestehenden Möglichkeiten zu beraten und die mögliche Risikoreduktion in Relation zu den potenziellen Komplikationen etwaiger Eingriffe realistisch darzustellen. Dabei sollte besonders auf persönliche  Ängste und Bedenken der Ratsuchenden eingegangen werden. Für viele Ratsuchende ist auch der Austausch mit anderen Betroffenen sehr hilfreich, um die für sie richtige Entscheidung zu treffen, z. B. über das BRCA-Netzwerk.

An präventiven Strategien bei einer BRCA-Mutation wird viel geforscht. Welche Entwicklungen sind aus Ihrer Sicht besonders vielversprechend?

Leider gibt es aktuell noch keine in Deutschland zugelassene präventive medikamentöse Therapie, um das Erkrankungsrisiko zu senken. Es wird aber an verschiedenen Optionen geforscht.

Wir wissen außerdem, dass bestimmte Lebensstilfaktoren das Erkrankungsrisiko in einem gewissen Maß verändern können. Es gibt vor allem Daten, die einen positiven Effekt regelmäßiger sportlicher Aktivität zeigen. Dagegen können Übergewicht und insbesondere eine Diabeteserkrankung dieses Risiko negativ beeinflussen.

Wenn Betroffene, aber auch gesunde Ratsuchende ein positives BRCA-Ergebnis bekommen: Gibt es etwas, was Sie ihnen raten können?

Pauschale Ratschläge sind immer schwierig. Aber im Allgemeinen rate ich dazu, sich über alle Optionen gut zu informieren, aber gleichzeitig die eigenen Lebenspläne nicht von der Mutation bestimmen zu lassen.

BRCA-Mutation, und jetzt? Hier erhalten Sie weitere Informationen.

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© Uniklinikum Dresden

„Dr. med. Saida Agabejli ist als Funktionsoberärztin am Uniklinikum Dresden im Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs zuständig.“

DE-64834/2023

Im Auftrag von AstraZeneca und MSD Sharp & Dohme

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