Der Test auf ein verändertes BRCA1– oder BRCA2-Gen kann für manche Menschen ratsam sein. Denn es gibt intensivierte Brustkrebsfrüherkennungsmaßnahmen und vorbeugende Behandlungen für gesunde Ratsuchende, aber auch spezifisch auf die BRCA-Mutation ausgelegte Therapien für bereits an Brustkrebs erkrankte Personen. Eine Studie fand jedoch heraus, dass BRCA-Tests in Europa und den USA zu selten durchgeführt werden.
Bei bis zu zehn Prozent der Frauen mit Brustkrebs und bei bis zu 20 Prozent der Frauen mit Eierstockkrebs lässt sich eine BRCA-Mutation mit Hilfe eines Gentests nachweisen. Verändert sein kann das BRCA1– oder das BRCA2-Gen – entweder aufgrund einer erblichen Mutation, die von einem der Elternteile weitergeben wurde (Keimbahnmutation), oder sie wird durch z. B. Umwelteinflüsse im Laufe des Lebens erworben (somatische Mutation).
In Deutschland kann man sich unter bestimmten Voraussetzungen auf eine BRCA-Mutation testen lassen. Dazu zählen Personen, bei denen in der Familie gehäuft BRCA-assoziierte Krebserkrankungen, wie Brust- oder Eierstockkrebs, auftreten (die genauen Kriterien sind auf der Seite des Deutschen Konsortiums für familiären Brust- und Eierstockkrebs einsehbar) und Patient:innen die für die Wahl der richtigen Therapie wissen müssen, ob sie eine BRCA-Mutation haben. Bei einem Nachweis der Genveränderung gibt es für gesunde Personen besondere Früherkennungsmaßnahmen, aber auch prophylaktische Behandlungen, die das Erkrankungsrisiko senken können. Auch für Brustkrebspatient:innen spielt der BRCA-Test eine immer größere Rolle, da beim Nachweis möglicherweise eine zielgerichtete Therapie mit sogenannten PARP-Hemmern eingesetzt werden kann. Zudem besteht mit dem Wissen um die Mutation die Möglichkeit eine intensivierte Nachsorge sowie ggf. risikoreduzierende Interventionen in Anspruch zu nehmen.
Eine im Jahr 2022 veröffentlichte Studie fand jedoch heraus, dass in Deutschland und in anderen europäischen Ländern sowie in den USA nur wenige Frauen auf eine BRCA-Mutation getestet werden. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt „Future Oncology“ veröffentlicht.
BRCA-Studie mit mehr als 6.000 Frauen
Ein Forschungsteam untersuchte, wie häufig der Gentest auf ein mutiertes BRCA1– oder BRCA2-Gen bei Menschen mit Brustkrebs durchgeführt wird. Die Proband:innen lebten in den USA und in den fünf europäischen Ländern Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien. Der Hintergrund der Studie ist, dass diese veränderten BRCA-Gene Auswirkungen auf den Verlauf der Erkrankung haben.
An der Studie nahmen 6.161 Erwachsene teil, bei denen ein fortgeschrittener, HER2-negativer Brustkrebs diagnostiziert worden war. Im Schnitt waren sie 63,4 Jahre alt. Einige weitere Daten zu den Studienteilnehmer:innen:
- 75 Prozent hatten einen hormonempfindlichen (Hormonrezeptor-positiven), HER2-negativen fortgeschrittenen Brustkrebs. Hormonempfindlich bedeutet, dass die Krebszellen Andockstellen (Rezeptoren) für Östrogene und/oder Progesteron besitzen.
- 23 Prozent waren an einem triple-negativen Brustkrebs (TNBC) Bei einem dreifach-negativen Brustkrebs lassen sich an den Krebszellen weder Bindungsstellen für die Hormone Östrogen und/oder Progesteron, noch für humane epidermale Wachstumsfaktoren (HER2) nachweisen.
- Bei 2 Prozent der Proband:innen war der Hormonrezeptorstatus unbekannt.
Die Forschungsgruppe erhob die Daten zu BRCA-Tests aus den Krankenakten zu zwei Zeitpunkten: im Jahr 2015 und 2017. Verglichen wurden bei den Testraten Personen mit HR-positivem/HER2-negativem und Personen mit einem triple-negativen Brustkrebs (TNBC).
Geringe BRCA-Testraten in Europa und den USA
Die Forschungsgruppe fand in ihrer Analyse heraus, dass in den USA und den teilnehmenden europäischen Ländern nur selten auf BRCA-Mutationen getestet wurde.
Die wichtigsten Studienergebnisse im Überblick:
- Nur insgesamt 28 Prozent der Proband:innen wurden auf eine BRCA-Mutation getestet.
- Auch zwischen den Ländern gab es Unterschiede, wie häufig BRCA-Tests durchgeführt wurden. In den fünf europäischen Ländern waren die BRCA-Testraten deutlich niedriger als in den USA (21 Prozent versus 50 Prozent). Und: Zwischen den Jahren 2015 und 2017 verminderten sich die Testraten deutlich, und zwar sowohl in den USA (57 versus 44 Prozent) als auch in den europäischen Ländern (25 versus 17 Prozent).
- Personen, die keinen BRCA-Test erhielten, waren tendenziell älter (≥45 Jahre). Ungetestete Studienteilnehmende waren durchschnittlich 65,4 Jahre alt, während das durchschnittliche Alter der Getesteten bei 58,3 Jahren lag.
- Ungetestete Proband:innen hatten zudem häufiger einen hormonempfindlichen HER2-negativen fortgeschrittenen Brustkrebs. 3.544 Personen mit diesen Brustkrebsmerkmalen erhielten keinen Test und nur 1.067 Patient:innen wurden getestet.
- Bei Studienteilnehmenden mit einem TNBC erhielten 577 einen BRCA-Test und 838 blieben ungetestet.
- Außerdem hatten ungetestete Personen oft keine auffällige Familiengeschichte, in der Krebserkrankungen wie Brust- und Eierstockkrebs vermehrt vorkamen. 3.562 Proband:innen ohne gehäufte Krebsfälle in der Familie erhielten keinen Test und nur 1.171 wurden auf die Mutation getestet.
Einige Zahlen aus der Studie für Deutschland:
- Von 990 Teilnehmenden aus Deutschland wurden 30 Prozent auf eine BRCA-Mutation getestet und 70 Prozent nicht.
- 692 Personen hatten einen hormonempfindlichen HER2-negativen Brustkrebs. Davon wurden 26 Prozent auf ein verändertes BRCA-Gen getestet und 74 Prozent nicht.
- 297 der Proband:innen hatten ein TNBC. 38 Prozent von ihnen erhielten einen BRCA-Test und 62 Prozent nicht.
Grundsätzlich tritt eine BRCA-Mutation häufiger bei Patient:innen mit einem TNBC als mit einem HER2-/HR+ Brustkrebs auf. Allerdings sind ca. 60 % der Brustkrebserkrankungen HER2-/HR+ und nur 14 % triple-negativ. Deswegen ist der numerische Anteil der Patient:innen mit einer BRCA-Mutation bei den Patient:innen mit einer HER2-/HR+ Erkrankung höher als bei den TNBC-Patient:innen. Daher ist es wichtig, dass auch Patient:innen mit einem HER2-/HR+ Brustkrebs auf die Genveränderung getestet werden, um die für sie bestmögliche Therapie zu erhalten.
Das Fazit der Forschungsgruppe: Insgesamt seien die Testraten auf eine BRCA-Mutation niedrig. Auch besondere Charakteristika der Brustkrebspatient:innen, etwa das Alter oder der Hormonrezeptorstatus, spielten dabei mit, ob ein BRCA-Test durchgeführt wurde oder nicht. Ein Gentest auf eine BRCA-Mutation könne jedoch Risikopatient:innen identifizieren und dem Behandlungsteam helfen, die richtige Therapie zu finden – und so den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen, schreiben die Studienautor:innen.
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