Chemotherapie und Kinderwunsch

Redaktion Mamma Mia!

Chemotherapie und Kinderwunsch
© iStock / Sunan Wongsa-nga

Manchmal erkranken jüngere Frauen an Brustkrebs, die noch einen Kinderwunsch hegen. Krebsbehandlungen wie die Chemotherapie können aber die Fruchtbarkeit beeinflussen. Lesen Sie, wie eine Schwangerschaft trotz Brustkrebsdiagnose gelingen kann.  

Manche Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind und sich Krebsbehandlungen unterziehen müssen, haben ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen. Sie hegen einen Kinderwunsch, möchten schwanger werden und noch (weitere) Kinder bekommen. Krebstherapien wie eine Chemotherapie können die Fruchtbarkeit – die Fertilität – aber einschränken. Es gibt heute jedoch einige Möglichkeiten, um die Fruchtbarkeit zu erhalten und so später doch noch schwanger zu werden. 

Wie beeinflusst die Chemotherapie die Fruchtbarkeit?

Chemotherapeutika sind Gifte, die auf Zellen abzielen, die sich schnell teilen. Dazu gehören Krebszellen, aber auch manche gesunden Zellen. Die Medikamente – sogenannte Zytostatika – greifen zum Beispiel gesunde Zellen der Haut, Schleimhäute und Haarwurzeln, aber auch die Keimzellen an. Zu diesen gehören die Eizellen der Eierstöcke und die Samenzellen (Spermien) der Hoden. Wenn die Eizellen geschädigt werden, ist eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg meist nicht mehr möglich. Auch eine Bestrahlung bei Krebs kann die Fruchtbarkeit vermindern, wenn die Eierstöcke direkt bestrahlt werden.  

Zytostatika können die Eizellen verschieden stark schädigen und somit die Fruchtbarkeit in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigen. Wichtig für die Stärke der Schädigung sind unter anderem diese Faktoren: 

Infusion
Person mit Infusion
© Darius Dan
ältere Frau
© Freepik

Art des eingesetzten Chemotherapeutikums 

Dosis des eingesetzten Zytostatikums 

Alter bei Frauen 

Manche Zytostatika beeinträchtigen die Fruchtbarkeit stärker als andere. Ein Beispiel ist die Substanz Cyclophosphamid, die bei Brustkrebs oft zum Einsatz kommt und die Fruchtbarkeit maßgeblich stört. 

Eine höhere Dosierung der Medikamente bedeutet oft auch eine stärkere Schädigung der Fruchtbarkeit.

Je älter eine Frau bei einer Chemotherapie ist, desto höher ist auch das Risiko, dass sie aufgrund der Medikamente unfruchtbar wird. Der wichtigste Grund ist, dass mit steigendem Alter immer weniger Eizellen zur Verfügung stehen und eine Chemotherapie diese Zahl weiter verringert. 

Brustkrebs auch bei jungen Frauen (mit Kinderwunsch)

Ein wesentlicher Risikofaktor für Brustkrebs ist das Alter. Dieser Zusammenhang gilt für die meisten Krebsarten. So liegt das durchschnittliche Alter bei der Brustkrebsdiagnose laut Robert Koch-Institut (RKI) bei ungefähr 65 Jahren. Allerdings können auch jüngere Frauen an Brustkrebs erkranken, die vielleicht noch einen Kinderwunsch hegen und schwanger werden möchten. 

Schon gewusst?
  • Eine von sechs Frauen mit Brustkrebs erkrankt vor ihrem 50. Lebensjahr daran, berichtet das Robert Koch-Institut (RKI). 
  • Etwa zehn Prozent der Frauen mit Brustkrebs sind zum Zeitpunkt der Diagnose noch jünger als 40 Jahre, so die Deutsche Krebsgesellschaft. 

Nach Krebsbehandlungen Mutter werden

Frauen mit Brustkrebs, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen, aber noch Kinder bekommen möchten, haben heute mehrere Möglichkeiten, um ihre Fruchtbarkeit zu erhalten. Dann besteht nach dem Abschluss der Krebsbehandlungen prinzipiell die Möglichkeit, doch noch schwanger und Mutter zu werden. 

Wichtig ist, dass Sie Ihren Ärztinnen und Ärzten vor dem Beginn der Chemotherapie mitteilen, dass Sie einen Kinderwunsch hegen. Lassen Sie sich informieren und beraten, welche Möglichkeiten der fruchtbarkeitserhaltenden Maßnahmen in Ihrem Fall möglich sind. Ärztinnen und Ärzte können diese Maßnahmen in ihren Behandlungsplan einbeziehen und sie schon vorab einleiten. 

Das Fertiprotekt Netzwerk e.V . – eine Kooperation von universitären Zentren, Kliniken und Praxen – nennt mehrere Möglichkeiten, um die Fertilität zu erhalten, wenn bei Ihnen eine fruchtbarkeitsschädigende Behandlung wie die Chemotherapie ansteht.

GnRH-Analoga: Tätigkeit der Eierstöcke bremsen

Eizellen benötigen bestimmte Hormone, damit sie heranreifen können. Fehlen die Hormone, verharren die Eizellen in ihrem unreifen Stadium. Dieser Hormonmangel lässt sich künstlich durch Medikamente auslösen. Für die Eierstöcke bedeutet dies eine Art „Ruhepause“. Die Idee dahinter ist, dass die Eizellen nicht heranreifen und die Chemotherapie sie weniger stark angreift. 

Das Vorgehen lässt sich in etwa so beschreiben: 

  • Vor dem Beginn der Chemotherapie wird die Tätigkeit der Eierstöcke durch sogenannte GnRH-Analoga gebremst. Die Abkürzung „GnRH“ steht für (engl.) „Gonadotropine releasing hormone“, also „Gonadotropin freisetzendes Hormon“.  
  • GnRH stimuliert die Freisetzung zweier Fruchtbarkeitshormone: LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon).  
  • Beide Hormone regen die Produktion von Östrogen und Progesteron in den Eierstöcken an. Auf diese Weise werden die Eierstöcke kurzfristig überstimuliert. Langfristig führt dies aber dazu, dass ihre Aktivität „heruntergefahren“ wird. 
  • GnRH-Analoga sollen also dafür sorgen, dass die Eierstöcke ruhiggestellt werden und sie auf diese Weise schützen.  

 

Die Wirksamkeit dieses Schutzes für die Fruchtbarkeit sei aber wissenschaftlich noch nicht abschließend bewiesen, berichtet die Deutsche Krebshilfe. Auch das Fertiprotekt Netzwerk schreibt, dass die Studiendaten zur Wirksamkeit von GnRH-Analoga nicht einheitlich seien. Als alleinige Methode, um die Fruchtbarkeit zu erhalten, seien die Medikamente daher nicht empfohlen. Je nach Zeitspanne bis zum Beginn der Chemotherapie sei es jedoch möglich, die Medikamente mit dem Einfrieren von Eizellen oder Eierstockgewebe (Kryokonservierung) zu kombinieren. 

Eierstöcke stimulieren und Eizellen gewinnen

Nach einer Chemotherapie besteht die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung. Hierfür werden die Eierstöcke vor dem Beginn der Chemotherapie durch Hormone stimuliert und dann die gereiften Eizellen entnommen. 

Ärztinnen und Ärzte gehen dabei so vor: 

  • Zum Einsatz kommen Medikamente, welche die Reifung der Eizellen in den Eierstöcken anregen. So sollen mehr Eizellen heranreifen. 
  • Die gereiften Eizellen lassen sich durch die Punktion mit einer feinen Nadel gewinnen.  

 

Manchmal gelingen die Eierstockstimulation und Gewinnung von Eizellen nicht auf Anhieb und Ärztinnen und Ärzte müssen den gesamten Prozess mehrmals durchführen 

Ob die hormonelle Stimulation der Eierstöcke eine Möglichkeit bei einem Kinderwunsch ist, hängt auch von Ihrer Brustkrebsart ab.  Bei vielen Frauen wächst der Brustkrebs unter dem Einfluss von Hormonen. Die Brustkrebszellen besitzen dann Bindungsstellen (Rezeptoren) für Östrogen und/oder Progesteron, die das Tumorwachstum fördern. Theoretisch sei es möglich, dass Hormonbehandlung die Krebszellen zur Teilung und Vermehrung anrege, schreibt die Deutsche Krebshilfe. Es sei aber unklar, ob eine kurze Hormontherapie die Krebserkrankung tatsächlich ungünstig beeinflusse.  

Wenn Sie einen hormonempfindlichen Brustkrebs haben, besprechen Sie diese potenziellen Risiken einer hormonellen Behandlung mit Ihren Ärztinnen und Ärzten. Es gibt andere zusätzliche Medikamente, die den Östrogenspiegel weniger stark ansteigen, aber trotzdem viele Eizellen heranreifen lassen. 

Künstliche Befruchtung bei Kinderwunsch

Nach dem Abschluss der Chemotherapie kann eine künstliche Befruchtung stattfinden, um eine Schwangerschaft herbeizuführen. Die Erfolgschancen der künstlichen Befruchtung oder In-vitro-Fertilisation, (IVF) hängen auch von Ihrem Alter und der Anzahl der gewonnenen und reifen Eizellen ab. 

Zum Einsatz kommt in der Regel die sogenannte Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Dabei wird eine Samenzelle im Labor mit einer sehr feinen Nadel direkt in die Eizelle eingebracht und diese künstlich befruchtet. Ein Embryotransfer ist somit später noch möglich, auch wenn die Eierstöcke keine Aktivität mehr zeigen. 

Kryokonservierung von Eizellen und Eierstockgewebe

Entnommene Eizellen oder entnommenes Eierstockgewebe (es enthält Eizellen) werden mit Hilfe der sogenannten Kryokonservierung aufbewahrt, bis die Krebstherapie abgeschlossen ist. Eizellen und Eierstockgewebe werden in flüssigem Stickstoff bei -196°C eingefroren und gelagert. Die Eizellen können befruchtet oder unbefruchtet sein, bevor sie eingefroren werden. Sie lassen sich über viele Jahre im flüssigen Stickstoff aufbewahren. Das Eierstockgewebe mit den Eizellen entnehmen Ärztinnen und Ärzte im Rahmen eines kleinen chirurgischen Eingriffs. 

Nach dem Abschluss der Behandlung, etwa der Chemotherapie, und wenn eine Frau sich eine Schwangerschaft wünscht, werden die Eizellen beziehungsweise das Eierstockgewebe wieder aufgetaut. Mit den Eizellen lässt sich dann eine künstliche Befruchtung im Reagenzglas durchführen. Das Eierstockgewebe wird dagegen zurück verpflanzt und soll schließlich seine Tätigkeit nach und nach wieder aufnehmen. Prinzipiell besteht dann die Möglichkeit einer Schwangerschaft. 

Die Kosten für die Kryokonservierung von Eizellen und neuerdings auch von Eierstockgewebe tragen die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel bei Frauen bis zum vollendeten 40. Lebensjahr. Bezahlt werden meist auch die Kosten für die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen. Dazu gehören Vorbereitung, Entnahme, Aufbereitung, Transport, Einfrieren, Lagerung und späteres Auftauen von Eizellen und Eierstockgewebe. 

Wichtig ist, dass Sie sich vorher ausführlich ärztlich beraten lassen und bei der Krankenkasse oder Krankenversicherung nachzufragen. Auch über das individuelle Vorgehen und die Erfolgsaussichten sollten sie sich genau informieren lassen.

Schwangerschaft nach Chemo- frühestens ab wann?

Eine pauschale Zeitspanne, die zwischen dem Abschluss der Chemotherapie und einer Schwangerschaft liegen sollte, können medizinische Fachleute nicht angeben. Die Deutsche Krebshilfe schreibt, dass Frauen und Männer für etwa drei bis sechs Monate nach dem Ende der Krebstherapien zuverlässig verhüten sollten. Der Körper braucht Zeit, bis die Medikamente abgebaut und alle Rückstände der Chemotherapie beseitigt sind. Auch muss sich der Organismus von den Strapazen einer Chemotherapie erst wieder erholen.  

Manche Ärzte und Ärztinnen raten, nach dem Abschluss der Krebsbehandlungen ein bis zwei Jahre vergehen zu lassen und mit einer Schwangerschaft so lange zu warten. Denn auch eine Schwangerschaft ist für Frauen anstrengend. Der Körper muss gut gewappnet sein und braucht einige Energie dafür. 

Deutsche Krebshilfe: Blaue Ratgeber, Kinderwunsch und Krebs, abgerufen am 26.10.2024

Deutsche Krebsgesellschaft (DKG): Brustkrebs Definition und Häufigkeit und Leben mit Krebs, Kinderwunsch und Kinderwunsch und Krebs, Erhalt der Fruchtbarkeit, abgerufen am 26.10.2024

Robert Koch-Institut (RKI): Krebsarten, Brustkrebs, abgerufen am 27.10.2024

Fertiprotekt Netzwerk e.V.: Patienten, Fertilitätsprotektion, abgerufen am 27.10.2024

Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Kryokonservierung von Ei- und Samenzelle und Pressemitteilung Kryokonservierung von Eierstockgewebe wird Kassenleistung, abgerufen am 27.10.2024 

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