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Chemotherapie bei Brustkrebs – wie sie wirkt, wann sie hilft

Redaktion Mamma Mia!

Chemotherapie bei Brustkrebs
© iStock / FatCamera
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Die Chemotherapie ist neben der Operation, Strahlentherapie und Antihormontherapie eine sehr wichtige Säule bei der Behandlung von Brustkrebs. Die Chemo hilft bei frühem Brustkrebs, aber auch, wenn das Mammakarzinom schon Metastasen gebildet hat.

Die Chemotherapie kommt schon seit vielen Jahren bei verschiedenen Krebsarten zum Einsatz, auch bei Brustkrebs (Mammakarzinom). Viele kürzen die Behandlung vereinfacht als „Chemo“ ab. Medikamente, sogenannte Zytostatika oder Chemotherapeutika, greifen dabei Krebszellen an ihren „Achillesfersen“ im gesamten Körper an. Man sagt, sie wirken „systemisch“. Sie verhindern die Teilung und Vermehrung der Tumorzellen und töten sie ab. Ziel der Chemotherapie ist es, den Tumor ganz zu beseitigen beziehungsweise sein Wachstum zu bremsen oder zu stoppen.

Einige allgemeine Informationen zur Chemotherapie:

  • Meist kombinieren Ärztinnen und Ärzte bei einer Brustkrebs-Chemotherapie mehrere Zytostatika miteinander, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen.
  • Je nach Stadium und Aggressivität des Brustkrebses ist die Dosierung unterschiedlich.
  • Es gibt zwei Strategien: Eine Chemotherapie lässt sich vor der Operation verabreichen (neoadjuvant), um den Tumor zu verkleinern. Sie hilft aber auch ergänzend nach einer Brust-OP (adjuvant).
  • Eine Chemo erhalten Sie in der Regel als Infusion über die Vene in mehreren Zyklen. Das heißt: Es gibt immer wieder Pausen zwischen den Behandlungen, in denen sich der Körper erholen kann.
  • Es gibt verschiedene Chemotherapie-Schemata, die sich in der Dosierung, Kombination und Reihenfolge der eingesetzten Medikamente unterscheiden.
  • Mediziner und Medizinerinnen beraten für jede Frau mit Brustkrebs ein individuelles Schema. Nach diesem verabreichen sie die Zytostatika.
  • Eine Chemo kann auch kleinste Tumorabsiedlungen in anderen Organen zerstören, sogenannte Mikrometastasen.

 

Bei Brustkrebs kommen oft diese Chemotherapeutika zum Einsatz:

  • Anthrazykline, zum Beispiel Epirubicin oder Doxorubicin
  • Cyclophosphamid
  • Taxane wie Paclitaxel, Docetaxel, nabPaclitaxel
  • Platin-Abkömmlinge wie Carboplatin
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Früher Brustkrebs: Wer braucht eine Chemotherapie, wer nicht?

Ob eine Chemotherapie nötig oder unnötig ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa dem Stadium, der Aggressivität und der Wachstumsgeschwindigkeit des Brustkrebses. Auch bestimmte Eigenschaften der Brustkrebszellen spielen mit hinein. Dazu gehören unter anderem Andockstellen (Rezeptoren) für die Hormone Östrogen/Progesteron (ER+/PgR+) oder für humane epidermale Wachstumsfaktoren (HER2). Auch molekulargenetische Merkmale der Tumorzellen lassen Rückschlüsse darauf zu, wie die Brustkrebserkrankung voraussichtlich verlaufen wird und wie hoch das Rückfallrisiko (Rezidivrisiko) ist. Dies lässt sich mit sogenannten Biomarkertests feststellen.

Einige Anmerkungen dazu:

  • Für Frauen mit hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs ist oftmals mit konventioneller Diagnostik nicht eindeutig, ob Chemotherapie einen zusätzlichen Nutzen bietet. Hier können Biomarkertests (Multigentests) bei der Entscheidung helfen.
  • Für Frauen mit einem HER2-positiven Brustkrebs ist eine Chemotherapie empfohlen – und zusätzlich eine Anti-HER2-Therapie. Diese Behandlung blockiert die HER2-Rezeptoren. Sie sorgt dafür, dass keine Wachstumssignale mehr ins Innere der Krebszellen gelangen, die sie zur Teilung und Vermehrung anregen.
  • Auch bei triple-negativem Mammakarzinom (TNBC) ist die Chemotherapie eine wichtige Behandlung. Denn die Krebszellen besitzen keine Rezeptoren für Östrogen, Progesteron und spezielle Wachstumsfaktoren. Das Spektrum der möglichen Behandlungen ist somit eingeschränkt.
Infokasten
  • Mit konventioneller Diagnostik ist es oftmals nicht eindeutig vorhersagbar, ob eine Brustkrebspatientin auf eine Chemotherapie verzichten kann.
  • Frauen mit einem hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen Tumor und mit bis zu drei befallenen Lymphknoten können in bis zu 80 Prozent der Fälle auf eine Chemotherapie verzichten. Hier kann eine alleinige Antihormontherapie (endokrine Therapie) ausreichen.
  • Die Entscheidung für oder gegen die Chemotherapie lässt sich anhand von Biomarkertests (auch Multigentests oder Genexpressionstest) absichern.

Chemotherapie bei fortgeschrittenem Brustkrebs

Bei manchen Frauen ist der Brustkrebs schon weiter fortgeschritten und hat in andere Organe und Gewebe gestreut, also Metastasen gebildet. Dies geschieht oft in den Knochen, in der Leber, Lunge und im Gehirn. Bei einem fortgeschrittenen Mammakarzinom kann die Chemo das Wachstum des Tumors verlangsamen und Beschwerden aufgrund der Metastasen lindern.  

Chemotherapie – neoadjuvant oder adjuvant

Eine Chemotherapie bei Brustkrebs lässt sich vor der Brustoperation (neoadjuvant) oder danach (adjuvant) verabreichen. Die neoadjuvante Chemotherapie zielt darauf ab, den Tumor vor der OP zu verkleinern und ihn so besser operabel zu machen. Es lässt sich dann schonender operieren.

Studien haben gezeigt, dass sich der Tumor durch die neoadjuvante Chemotherapie in 80 bis 90 Prozent der Fälle deutlich zurückbildet. Abhängig von den biologischen Eigenschaften des Tumors töte die Chemo vor der OP die Tumorzellen in bis zu 75 Prozent der Fälle vollständig ab. Ärzte und Ärztinnen sprechen von einer „pathologischen Komplettremission“ (pCR).

Die Möglichkeit, den Erfolg einer Chemotherapie unter dem Mikroskop beurteilen zu können, ist zunehmend wichtig für die weitere Therapieplanung. Daher gewinnt die neoadjuvante Chemotherapie inzwischen immer mehr an Bedeutung. Auch winzige Metastasen, die schon bei der Diagnose vorhanden sind, lassen sich mit den Zytostatika bekämpfen.

Dennoch spielt auch die adjuvante Chemotherapie weiterhin einer Rolle bei der Behandlung eines Mammakarzinoms. Als Ergänzung nach einer Operation soll sie das Rückfallrisiko senken und das krankheitsfreie Überleben bei Brustkrebs sichern. Sie tötet Krebszellen ab, die sich womöglich aus dem ursprünglichen Tumor gelöst haben und über die Blut- und Lymphbahnen in andere Körperregionen gewandert sein könnten.

 

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Chemotherapie: Ablauf und Dauer

Zytostatika werden in der Regel als Infusion verabreicht. Es gibt aber Formen der Chemotherapie, die Ärztinnen und Ärzte als Tabletten verabreichen können. Über die Blutbahnen verteilen sich die Medikamente schnell im gesamten Körper. Sie machen daher auch Krebszellen unschädlich, die sich eventuell in andere Organe ausgebreitet und dort Metastasen (Fernmetastasen) gebildet haben.

Vor der Chemo: Port implantieren

Vor dem Beginn der Chemotherapie kann im Rahmen eines kleinen chirurgischen Eingriffs ein sogenannter Portkatheter, kurz „Port“, implantiert werden, meist in der Nähe des Schlüsselbeins. Das ist ein spezieller Zugang, über den die Zytostatika direkt in die Blutbahn gelangen.

Der Port besteht aus einer kleinen Kammer aus Titan, Edelstahl, Keramik oder Kunststoff sowie einer Silikonmembran. Über einen kleinen Einschnitt unterhalb des Schlüsselbeins wird der Port unter der Haut eingepflanzt, die darüber wieder verschlossen wird. An die Kammer ist ein Schlauch, der Katheter, angeschlossen. Dieser wird in eine große Vene eingeführt und endet kurz vor dem rechten Vorhof des Herzens. Bei der Gabe der Medikamente wird der Port dann mit einer speziellen Nadel angestochen (punktiert). Über diese Kanüle lässt sich dann Chemotherapie verabreichen.

Der Vorteil des Ports: Ärzte und Ärztinnen müssen nicht bei jeder Runde Chemotherapie eine Vene anstechen, was unangenehm sein kann. Außerdem werden die Venen geschont und das Risiko, dass Zytostatika in das umliegende Gewebe austreten (Paravasat), lässt sich minimieren. Auch andere Medikamente wie entzündungshemmende Mittel (zum Beispiel Kortison) sowie vorbeugende Arzneimittel gegen Übelkeit (Antiemetika) lassen sich über den Port verabreichen.

Chemotherapie in mehrere Zyklen

Die Chemotherapie erfolgt meist in mehreren Zyklen. An einem Tag, manchmal auch an mehreren Tagen hintereinander, werden die Zytostatika verabreicht. Danach folgt eine Behandlungspause, die einige Tage oder sogar Wochen dauern kann. Dadurch soll der Körper Zeit bekommen, sich wieder zu erholen. Denn eine Chemotherapie ist eine sehr intensive Behandlung – für den Organismus, aber auch für die Psyche.

Ein weiterer Vorteil von mehreren Zyklen ist, dass sich Tumorzellen in unterschiedlichen Stadien erwischen und abtöten lassen. Sind Tumorzellen während des einen Behandlungszyklus zum Beispiel in der Ruhephase, können sie sich beim nächsten Zyklus in der Teilungsphase befinden.

Chemotherapie: Dauer

Die Dauer der Chemotherapie und die Anzahl an Zyklen bei Brustkrebs lassen sich nicht allgemein beziffern. Beide hängen unter anderem vom Stadium und der Aggressivität der Brustkrebserkrankung ab. Auch Ihr allgemeiner Gesundheitszustand und Ihr Alter spielen eine Rolle, welche Medikamente ausgewählt werden und wie viele Zyklen nötig sind. Insgesamt kann die Chemotherapie zwischen 18 und 24 Wochen dauern, je nach Behandlungsschema.

Chemotherapie: ambulant oder stationär

Eine Chemotherapie können Sie heute oft ambulant durchführen lassen. Es gibt die sogenannten Ambulanzen der Brustzentren sowie spezialisierte onkologische Fachpraxen, die dies anbieten. Sie gehen morgens zur Chemotherapie und einige Stunden später wieder nach Hause. Dort können Sie sich die meisten besser erholen.

Eine stationäre Chemotherapie im Krankenhaus ist nur selten nötig, zum Beispiel wenn sie sehr intensiv und in engen zeitlichen Abständen ausfallen muss. Auch bei einem hohen Alter oder schlechtem allgemeinen Gesundheitszustand kann eine Chemo in der Klinik nötig sein. Manche Frauen bringen noch anderen Krankheiten neben dem Brustkrebs mit. Dann ist es manchmal besser, wenn ein Behandlungsteam die Chemotherapie überwacht und bei eventuellen Nebenwirkungen und Komplikationen schnell einschreiten kann.

Chemotherapie: Nebenwirkungen

Eine Chemotherapie richtet sich nicht nur gegen Krebszellen, sondern auch gegen andere Zellen, die sich schnell teilen. Beispiele: Haarwurzelzellen (daher auch der Haarausfall), Zellen der Mundschleimhaut oder blutbildende Zellen. So kann die Chemotherapie mit einigen Nebenwirkungen verbunden sein. Auch langfristig kann sie einige Spätfolgen nach sich ziehen, die Ihnen Ihr Behandlungsteam genau erklären wird.

Es gibt jedoch Behandlungen (supportive Therapien), die wiederum gegen die Nebenwirkungen helfen können. Nach dem Ende der Chemotherapie bessern sich die Beschwerden in der Regel wieder. So wachsen zum Beispiel die Haare wieder nach, das Hautbild verbessert sich und auch das Blutbild normalisiert sich wieder.

  1. Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/brustkrebs/chemotherapie.php (Abruf: 24.7.2023)
  2. Deutsche Krebshilfe, https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/krebsarten/brustkrebs/#c20582 (Abruf: 24.7.2023)
  3. Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/therapie/chemotherapie.html (Abruf: 24.7.2023)
  4. Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms Langversion 4.4 – Juni 2021, https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Mammakarzinom_4_0/Version_4.4/LL_Mammakarzinom_Langversion_4.4.pdf (Abruf: 24.7.2023)
  5. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), https://www.gesundheitsinformation.de/frueher-brustkrebs-behandlung.html und https://www.gesundheitsinformation.de/frueher-brustkrebs-ist-eine-chemotherapie-sinnvoll.html
  6. Deutsche Krebsgesellschaft, https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/prognosetests-bei-brustkrebs.html (Abruf: 24.7.2023)
  7. Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/800/
  8. Deutsche Krebshilfe, https://www.krebshilfe.de/informieren/therapie/chemotherapie/ (Abruf: 24.7.2023)
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