Künstliche Intelligenz (KI) in der Krebsmedizin

KI in der Krebsmedizin
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Die Künstliche Intelligenz (KI) hat schon in viele Bereiche Einzug gehalten, auch in die Medizin. Sie kann bei der Diagnostik und Behandlung von Krebserkrankungen helfen, aber die Expertise von Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Lesen Sie, was KI ist, welche Einsatzgebiete möglich sind und welche Vorteile, Grenzen und Risiken sie hat.  

Die Künstliche Intelligenz KI hat in den letzten Jahren Eingang in die Medizin gefunden, auch in die Krebsmedizin (Onkologie). Vor allem bei der Diagnostik von Krebserkrankungen wie Brustkrebs, Gebärmutterkrebs oder Hautkrebs kann sie Ärztinnen und Ärzte Hilfestellung bieten. Die KI ist allerdings nicht als Ersatz für das ärztliche Wissen und die Erfahrung zu verstehen, sondern als Ergänzung. Es geht daher um eine gute „Teamarbeit“ zwischen medizinischen Expertinnen, Experten und der KI.  

So lassen sich zum Beispiel Mammographiebilder zur Früherkennung von Brustkrebs oder Aufnahmen von auffälligen Hautveränderungen gemeinsam besser „lesen“, interpretieren und auswerten. Auch bei der Behandlung von Krebserkrankungen lässt sich die KI nutzen. So können Ärztinnen und Ärzte die individuell bestmögliche Krebstherapie finden und sie besser auf ihre Patientinnen und Patienten zuschneiden.  

Was versteht man unter KI in der Krebsdiagnostik?

KI nutzt Methoden, mit denen ein Computer Aufgaben lösen soll, die Intelligenz erfordern (wenn ein Mensch sie lösen würde). Sie ahmt also die kognitiven Fähigkeiten von Menschen nach, indem sie Informationen aus eingegeben Daten erkennt, einordnet und daraus lernt.  

Im Englischen heißt KI auch Artificial Intelligence (AI). Sie ist ein wichtiges Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Automatisierung von intelligentem Verhalten und dem maschinellen Lernen (Engl. Machine Learning) beschäftigt. Dabei erlernt ein Algorithmus durch Wiederholung, selbstständig eine Aufgabe zu erfüllen. So kann eine KI zum Beispiel in einer Gewebeprobe Muster erkennen, die dem menschlichen Auge entgehen würden. Und sie kann große Datenmengen deutlich schneller analysieren, als es ein Mensch könnte. 

Vor allem im Bereich des maschinellen Lernens gab es in den vergangenen Jahren große Fortschritte, weil heute sehr große Datenmengen verfügbar sind (z.B. Gesundheitsdaten) und die Computer zugleich immer leistungsfähiger wurden. Beides sind wesentliche Voraussetzungen für das maschinelle Lernen und die komplexen Berechnungen, welche die Computer anstellen müssen. Die meisten KI-Anwendungen in der Krebsmedizin fußen auf dem maschinellen Lernen, vor allem auf dem Deep Learning. Dies ist eine spezielle Methode der Informationsverarbeitung und wiederum ein Teilbereich des maschinellen Lernens.  

Das Deep Learning nutzt künstliche neuronale Netzwerke, analysiert große Datenmengen (Big Data) und spürt wiederkehrende Muster auf. Die Lernmethoden orientieren sich an der Funktionsweise des menschlichen Gehirns. Auf der Basis vorhandener Informationen und des neuronalen Netzes kann das System das Erlernte immer wieder mit neuen Inhalten verknüpfen und dadurch wieder Neues lernen. Neuronale Netzwerke lassen sich zum Beispiel mit einer Vielzahl an medizinischen Datensätzen trainieren, um schließlich zum Beispiel typische Muster für krankhaftes Gewebe zu identifizieren. Das neuronale Netz gewinnt so die Fähigkeit, eigene Vorhersagen zu treffen. 

Einsatzgebiete der KI bei Krebs

Für die Künstliche Intelligenz bei Krebserkrankungen gibt es verschiedene Einsatzmöglichkeiten. Was KI in der Krebsdiagnostik ist, zeigen einige ausgewählte Beispiele. 

Radiologie und Bildanalyse

KI kann bei der Interpretation und Auswertung von Ultraschall-, Röntgen-, Computertomographie- oder Magnetresonanztomographie-Bildern helfen. So können Radiologinnen und Radiologen zum Beispiel Mammographiebilder im Rahmen der Brustkrebsfrüherkennung zusätzlich mittels KI analysieren. Auch Bilder von Hautveränderungen im Rahmen des Hautkrebsscreenings kann die KI auswerten und so Fachleute aus der Dermatologie unterstützen. CT-Bilder aus der Lunge können KI-gestützt noch genauer analysiert werden und winzige Tumorherde lassen sich manchmal noch früher diagnostizieren.  

Pathologie

Im Labor wird unter dem Mikroskop entnommenes Gewebe pathologisch auf das Aussehen und besondere Merkmale hin untersucht. So können Fachleute zum Beispiel gut- und bösartige Zellen eindeutig unterscheiden, das Aussehen von Zellen einordnen, deren Teilungsgeschwindigkeit feststellen und besondere Merkmale von Zellen identifizieren. Pathologische Fachleute können eine sichere Krebsdiagnose  stellen (oder ausschließen). Die Analyse, Einstufung und Klassifikation von Geweben mittels KI kann Pathologinnen und Pathologen bei ihrer Arbeit unterstützten.  

Mutationsanalyse

Die Personalisierte Medizin, bei der die Krebstherapien auf besondere Eigenschaften und Merkmale von Krebszellen abzielen, gewinnt immer mehr an Bedeutung. So spielen bei Brustkrebs, Gebärmutterkrebs oder Darmkrebs bestimmte genetische Veränderungen (Mutationen) für die Wahl der Krebstherapie eine wichtige Rolle. KI kann genomische Daten analysieren und so dabei mithelfen, solche Mutationen ausfindig zu machen. Dann können Ärztinnen und Ärzte eine maßgeschneiderte Krebstherapie entwickeln, die sich gegen diese Merkmale richtet. Fachleute sprechen auch von Präzisionsmedizin. 

Liquid Biopsy

Die Flüssigbiopsie (engl. Liquid Biopsy) ist eine Methode, bei Expertinnen und Experten Informationen über bestimmte Biomarker, zum Beispiel zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA), aus dem Blut gewinnen könnenBei Krebserkrankungen kommt die Liquid Biopsy schon heute zum Einsatz. Dank KI-gestützter Modelle lassen sich Blutproben aber noch schneller und genauer analysieren.  KI kann also die Interpretation von Biomarker-Daten im Blut unterstützen. Dies spielt sowohl für die Diagnostik von Krebserkrankungen als auch für den Verlauf einer Krebskrankheit und die Auswahl der bestmöglichen Therapien eine wichtige Rolle. 

Entwicklung neuer Medikamente

Die Entwicklung neuer Medikamente ist meist sehr zeitaufwändig, weil verschiedene Untersuchungen durchgeführt und große Datenmengen analysiert werden müssen. KI kann dabei mithelfen, schneller neue Medikamente zu entwickeln. Ein Beispiel sind Resistenzen, bei denen gängige Medikamente Krebszellen nicht mehr ausreichend bekämpfen können. Daneben gibt es Forschungsprojektedie mithilfe künstlicher Intelligenz Immuntherapien gegen Krebs weiter verbessern sollen.

Vorteile von KI in der Krebsdiagnostik

Der Einsatz der KI in der Krebsdiagnostik hat verschiedene Vorteile für Ärztinnen und Ärzte  – aber auch für Patientinnen und Patienten. So sind KI-gestützte Systeme oft schon sehr genau. Sie können zum Beispiel kleinste Veränderungen auf medizinischen Bildern entdecken, die einem Menschen mit bloßem Auge verborgen bleiben, selbst wenn er sehr erfahren und geschult ist. Damit ist es möglich, Tumore noch früher zu erkennen als bisher. Allgemein gilt der Grundsatz, dass frühzeitig entdeckte Tumoren besser behandelbar und auch besser heilbar sind als Tumore, die erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert werden. Somit hat KI Vorteile für Patientinnen und Patienten, weil die Behandlung vielleicht schonender ausfallen kann und sich die Prognose verbessert. 

Ein weiterer Vorteil ist die Schnelligkeit, mit der KI-gestützte Systeme arbeiten. Das Ergebnis ihrer Analyse dauert oft nur wenige Minuten und nicht mehrere Tage oder sogar Wochen. Diagnosen – und damit auch Krebsbehandlungen – sind so schneller möglich. Außerdem lassen sich Therapien anhand der genauen Analyse komplexer Daten durch die KI besser auf jeden krebskranken Menschen zuschneiden.  

Die KI kann Ärztinnen und Ärzten sowie das Gesundheitspersonal Arbeit abnehmen und sie in ihrem Alltag entlasten. Sie gewinnen mehr zeitliche Freiräume, zum Beispiel für Gespräche mit Patientinnen und Patienten. Auch bei der Dokumentation, die in der Arztpraxis oder in Kliniken unabdingbar und oft sehr zeitaufwändig ist, kann die KI hilfreich sein. 

In einigen Regionen Deutschland herrscht ein Mangel an Ärztinnen und Ärzten oder sie sind überlastet. Hier kommt heute schon die Telemedizin in der Diagnostik zum Einsatz, zum Beispiel bei Schlaganfallpatienten. Auch in der Onkologie ist die Ferndiagnostik möglich, zum Beispiel anhand von übermittelten Bildinformationen. KI-gestützte Systeme können diese Verfahren zukünftig sinnvoll ergänzen.

Nachteile, Grenzen, Herausforderungen

Den Vorteilen der KI stehen auch einige Nachteile gegenüberüber. Derzeit gibt es noch Grenzen und Hürden, die es zu meistern gilt. Gesundheits- und medizinische Daten eines Menschen sind höchst sensibel und besonders schützenswert. Der Datenschutz, zum Beispiel in Form der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) spielt hier eine zentrale Rolle und soll verhindern, dass solche Daten in die falschen Hände geraten. Beim Einsatz der KI muss ebenfalls sichergestellt sein, dass personenbezogene Daten ausreichend geschützt und für Unbefugte unzugänglich bleiben. Darüber hinaus stellen sich ethische und wirtschaftliche Fragen. Beispiel: Wem gehören die KI-generierten Daten und die Algorithmen, die daraus entstehen?  

Die KI wird mit großen Datenmengen trainiert. Wenn für das Training vor allem Daten einer bestimmten Gruppe von Patientinnen und Patienten zum Einsatz kommen, könnten bei anderen Gruppe Fehler in der Diagnostik auftreten. Daher muss die Auswahl der Trainingsdaten sorgfältig sein. Sie müssen möglichst verschieden sein und unterschiedliche Gruppen abbilden. Es gilt, eine gute Datenqualität sicherzustellen und Fehler durch nicht ausgewogene Datensätze (Bias) zu vermeiden. Auch bei der Generierung und Verarbeitung von Daten können Fehler passieren, welche die KI nicht selbst verhindern, erkennen oder beheben kann. 

KI-gestützte Modelle können oft nicht eindeutig erklären, wie sie zu ihren Ergebnissen gelangen, zum Beispiel zu einer Diagnose. Die KI lässt sich dann mit einer Art „Black Box“ vergleichen, in die man nicht hineinsehen kann. Wenn jedoch die Transparenz fehlt und die Erkenntnisse nicht nachvollziehbar sind, kann das Vertrauen in die KI und die Akzeptanz durch Ärztinnen, Ärzten, Patientinnen und Patienten beeinträchtigt werden.   

Bei der Einführung der KI in den medizinischen Alltag gibt es einige Hürden, viele Regeln und auch Gesetze. KI-Systeme müssen sicher und zuverlässig sein. Ihre Zulassung für bestimmte Einsatzwecke kann daher aufwändig und zeitintensiv sein. Dies ist zwar wichtig, kann aber die Implementierung KI-gestützter Systeme in der Medizin verzögern.

Zukunftsperspektiven – wohin entwickelt sich KI?

Wie sieht die Zukunft der Krebsdiagnostik mit KI aus? Diese Frage lässt sich zwar nicht allgemein und mit Sicherheit beantworten, aber die KI ist aus der Krebsmedizin schon heute nicht mehr wegzudenken. Sie kommt bereits in der Krebsdiagnostik zum Einsatz.  Auch beim Finden der bestmöglichen Krebstherapien kann die KI Ärztinnen und Ärzte zukünftig vermutlich noch besser unterstützen, indem sie eine Vielzahl von Daten (z.B. Bilder, genomische Daten, Laborwerte) kombiniert und auswertet. Dies wäre ein weiterer Schritt in Richtung der personalisierten Medizin oder Präzisionsmedizin. 

Vielleicht kann die KI auch bald genauere Rückschlüsse auf das Rückfallrisiko (Rezidivrisiko) sowie über die Prognose bei einer Krebserkrankung zulassen. Dann wären vorbeugende (präventive) und personalisierte Behandlungen noch besser möglich. 

FAQs: KI bei Krebserkrankungen

Es lässt sich nicht pauschal sagen, wie zuverlässig die KI bei der Erkennung von Krebs ist. Eine Rolle spielen auch die jeweilige Krebsart und das eingesetzte KI-Modell. Es gibt viele Studien dazu, zum Beispiel zur Früherkennung von Hautkrebs. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die KI eine Krebserkrankung auf medizinischen Bildern gut erkennen kann, mindestens so gut wie Ärztinnen und Ärzte. Auch auf die Analyse von Mammographiebildern wurde die KI schon trainiert und schnitt beim Auffinden von Tumoren gut ab.  

Nein, die KI kann die Ärztin oder den Arzt mit dem medizinischen Wissen und der Erfahrung nicht ersetzen. Vielmehr soll die Künstliche Intelligenz das medizinische Personal bei seiner Tätigkeit unterstützen. KI-gestützte Systeme sollen mit Ärztinnen und Ärzte im Team arbeiten und gemeinsam bessere Ergebnisse erzielen als jeder für sich alleine 

Es gibt einige Krebsarten, die sich mittels KI vielleicht in Zukunft besser erkennen lassen. Ein  Beispiel ist Hautkrebs, weil sich Hautbilder relativ leicht mittels KI analysieren und auswerten lassen. Eine Rolle spielt die KI aber auch bei Brustkrebs, Darmkrebs, Prostatakrebs oder Lungenkrebs und bildgebenden Untersuchungsmethoden, die in der Diagnostik eingesetzt werden. Dazu gehören die Mammografie, Computertomografie oder Magnetresonanztomografie. Die KI wird zuvor mit einer Vielzahl von Daten trainiert. Sie erlernt bestimmte Muster und kann so Auffälligkeiten und Veränderungen aufspüren, die für das menschliche Auge schwer erkennbar sind. 

Der Einsatz von KI in der Medizin kann einige Gefahren bergen. Ein Risiko kann zum Beispiel bestehen, wenn medizinische Daten in die falschen Hände geraten. Deshalb spielt der Datenschutz in Deutschland eine große Rolle. Gesetze sollen sicherstellen, dass besonders sensible Gesundheitsdaten von Menschen gut geschützt und für unbefugte Dritte nicht zugänglich sind.  

Ja, KI wird in der Medizin in Deutschland schon für eine Vielzahl von Anwendungen eingesetzt. Beispiele: Analyse von Bildern (Mammographie, Computertomographie, Magnetresonanztomographie) zur Krebsdiagnostik, genomische Analyse zum Auffinden von Mutationen), in der Robotik, zum Beispiel bei Operationen, die durch KI und einen Roboter gestützt sind (z.B. bei Prostatakrebs), oder bei Krebstherapien wie der Strahlentherapie, die so noch präziser und genauer wird.  

Unser Ziel ist es, wissenschaftliche Informationen verständlich zu vermitteln. Die Informationen können jedoch eine professionelle Beratung durch ausgebildete und anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Auch dienen sie nicht dazu, eigenständig eine Diagnose zu stellen oder eine Therapie einzuleiten.

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