Eine BRCA-Mutation bedeutet ein erhöhtes Risiko für Brust- und Eierstockkrebs. Dieses Wissen um ein krankhaft verändertes BRCA1- oder BRCA2-Gen kann nicht nur weitreichende Auswirkungen auf Sie selbst haben, sondern auch auf die Gesundheit Ihrer Familienmitglieder. So haben zum Beispiel Ihre Kinder eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass sie ein mutiertes BRCA1 oder BRCA2 geerbt haben. Auch Geschwister können Trägerin oder Träger einer BRCA-Mutation sein.
Die Kenntnis, dass in Ihrer Familie eine BRCA-Mutation vorliegt, ist wohl für die meisten Betroffenen eine große seelische Belastung. Sie kann allerdings auch eine Entlastung bedeuten. Denn: Familienmitglieder haben verschiedene Handlungsmöglichkeiten wie die Teilnahme an intensivierten Früherkennungsprogrammen oder prophylaktische Operationen. Letztere können das Risiko für den Ausbruch von Brust- und Eierstockkrebs entscheidend senken. Aktiv werden und selbst etwas unternehmen zu können, vermittelt vielen Betroffenen ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und Kontrolle.
Eine gute, vertrauensvolle und offene Kommunikation mit Ihrer Familie über die erbliche Belastung für Brust- und Eierstockkrebs ist besonders wichtig. Angehörige, die vielleicht ebenfalls von der BRCA-Mutation betroffen sind, sollten dadurch die Möglichkeit haben, die Folgen für das eigene Leben und ihre persönliche Lebensplanung abschätzen zu können. Außerdem sollten sie das Für und Wider der verschiedenen Optionen abwägen und auf dieser Basis eine selbstbestimmte Entscheidung treffen können.
Erklären Sie Ihrer Familie unter anderem, dass:
- BRCA-Mutationen innerhalb der Familie weitergegeben werden können, aber nicht zwangsläufig müssen.
- für Trägerinnen und Träger einer BRCA-Mutation das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs sowie für einige weitere Krebsarten erhöht ist.
- eine genetische Beratung möglich ist, um mehr Informationen über das persönliche Krebsrisiko zu erhalten.
- es das Angebot eines genetischen Tests gibt, um ein krankhaft verändertes BRCA1 oder BRCA2 oder weitere veränderte Gene nachzuweisen, die in Verbindung mit Brust- und Eierstockkrebs stehen.
- Maßnahmen möglich sind, um eine Krebserkrankung frühzeitig zu erkennen beziehungsweise ihren Ausbruch zu verhindern, zum Beispiel durch prophylaktische Operationen.
Tipps für die Kommunikation mit der Familie
Das Gespräch über eine erbliche Krebsbelastung in der Familie kann eine große Herausforderung sein. Das gilt umso mehr, wenn die Kommunikation innerhalb der Familie schon vorher nicht so gut war. Viele Betroffene empfinden Angst oder Scham und haben Schuldgefühle gegenüber ihren Verwandten.
Es gibt einige Tipps, die Ihnen vielleicht bei der Kommunikation mit Ihrer Familie helfen können:
Sagen Sie Ihren Angehörigen vorab, dass Sie etwas Wichtiges mit ihnen besprechen möchten. So können sie sich schon ein wenig vorbereiten.
Überlegen Sie, ob Sie alle Informationen parat haben, die für das Gespräch mit Ihren Angehörigen (zum Beispiel Kinder, Geschwister, Nichten, Neffen) wichtig sind. Sie sollten Antworten auf Rückfragen geben können.
Achten Sie darauf, dass Sie selbst in einer stabilen emotionalen Verfassung für ein Gespräch über Ihre genetische Belastung sind. Wählen Sie für das Gespräch einen ruhigen und angenehmen Ort, an dem eine störungsfreie Kommunikation möglich ist. Bringen Sie außerdem Zeit mit und kommunizieren Sie nicht zwischen Tür und Angel mit Ihrer Familie. Schwierige Themen brauchen Konzentration, Zeit und Raum für Gefühle und Fragen.
Sprechen Sie möglichst offen und vertrauensvoll mit Ihren Angehörigen. Versuchen Sie, die Informationen und Erkenntnisse sachlich zu vermitteln. Vielleicht beginnen Sie mit Ihrer Person und erzählen, was Sie über sich im Rahmen der genetischen Beratung und Testung erfahren haben. Dies macht es anderen leichter, sich mit den eigenen Krebsrisiken und der Möglichkeit eines genetischen Tests auseinanderzusetzen. Eventuell betroffene Familienmitglieder sollten verstehen, dass sie verschiedene Handlungsmöglichkeiten haben, um ihre individuellen Risiken zu minimieren. Auf dieser Informationsbasis können sie oft leichter Entscheidungen für sich selbst treffen.
Geben Sie Ihren Angehörigen nicht alle Informationen auf einmal, sondern strukturieren Sie das Gespräch in mehrere Themenkomplexe und vermitteln Sie die Informationen schrittweise. Zu viele Informationen auf einmal, die zusätzlich durcheinander gehen, können andere Menschen verunsichern und überfordern. Es hängt auch von Ihren persönlichen Beziehungen ab, welcher Person Sie wieviel zumuten können und wie Sie am besten mit der jeweiligen Person sprechen. Bedenken Sie, dass es auch das Recht auf Nichtwissen gibt.
Beziehen Sie Gefühle wie Ärger oder Wut nicht auf sich persönlich. Reagieren Sie auch selbst nicht mit Aggressionen. Machen Sie sich klar, dass dies für alle schwierige Nachrichten und Zeiten sind, auch für Ihre Gegenüber. Vielleicht erinnern Sie sich an Ihre eigenen Gefühle, als Sie von Ihrer erblichen Belastung erfahren haben. Ihre Angehörigen könnten jetzt das Gleiche empfinden. Empathie und Verständnis füreinander können in der Kommunikation helfen.
Es gibt verschiedene Materialien, die Sie bei der Vermittlung von Informationen rund um die BRCA-Mutation Unterstützung unterstützen können. Dies können gedruckte Informationen, aber auch Webseiten wie das BRCA-Netzwerk oder Videos sein, in denen Fachleute und Betroffene Infos und Tipps geben.
Versuchen Sie, möglichst objektiv zu bleiben und keinen Einfluss auf die Gedanken und Entscheidungen Ihres Gegenübers zu nehmen. Sagen Sie nur, was Sie denken, wenn Sie danach gefragt werden und jemand Ihre persönliche Einschätzung erfahren möchte.
Auch Gespräche mit Fachpersonen aus der Humangenetik oder Psychologie können für Angehörige hilfreich sein, um sich einen Überblick über die persönliche Situation zu verschaffen und sich eine eigene Meinung zu bilden.
Gesprächsregeln für eine gute Kommunikation
Dr. Tanja Zimmermann, Professorin für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover, gibt im Ratgeber „Komme ich aus einer Krebsfamilie?“ Tipps, wie ein gutes Gespräch gelingen kann.
3 Tipps für Sprechende | 3 Tipps für Zuhörende |
|
|
Wann und wo soll ich mit der Familie sprechen?
Es gibt vermutlich nicht den einen „richtigen“ Zeitpunkt, um über das Thema BRCA-Mutation und seine möglicherweise weitreichenden Konsequenzen zu sprechen. Manche Angehörige befinden sich vielleicht in einer Lebenssituation, in der eine tiefgreifende Veränderung nicht passt und es schwer ist, sich diesem ernsthaften und persönlich einschneidenden Thema ausführlich zu widmen. Manchmal sind Verwandte wie zum Beispiel Geschwister auch räumlich oder emotional weiter entfernt. Diese Distanz kann Konfliktpotenzial für die Kommunikation bergen.
Bei Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, dass sie die Informationen aufnehmen und verstehen können. Gespräche mit Kindern und Jugendlichen sollten sich daher am Alter orientieren, rät das BRCA-Netzwerk e.V. Wählen Sie einfache und altersgerechte Worte zur Erklärung und kommunizieren Sie offen und positiv. Geben Sie ehrliche Antworten auf die Fragen Ihrer Kinder, damit sie weiterhin Vertrauen haben. In jungen Jahren ist es meist noch nicht möglich, die Tragweite für das eigene Leben zu erfassen. Ein genetischer Test wird daher in der Regel erst ab einem Alter von 18 Jahren angeboten.
Überlegen Sie, wen Sie informieren möchten: alle Familienmitglieder oder nur ausgewählte Personen? Nicht alle Menschen können mit dem Thema Krankheit gut oder angemessen umgehen. Machen Sie sich Gedanken darüber, auf welchem Weg Sie Ihre Erkenntnisse mitteilen möchten. Die meisten Expertinnen und Experten raten zu einem persönlichen Gespräch. Manche entscheiden sich auch dafür, die wesentlichen Informationen per E-Mail, Telefon oder in einem persönlichen Brief zu vermitteln.
Denken Sie auch darüber nach, ob Sie mit Ihren Angehörigen einzeln oder mit dem gesamten Familienkreis bei einem Treffen sprechen möchten. Vielleicht veranschlagen Sie mehrere Termine für Gespräche, damit alle Betroffenen Zeit haben, die Informationen „sacken“ zu lassen und zu reflektieren. Es gibt in der Regel keinen Zeitdruck.
Bedenken Sie, dass jeder Mensch nur bestimmte Aufnahmekapazitäten, Verständnismöglichkeiten, Bedürfnisse und eine Privatsphäre hat. Nicht jeder möchte zum Beispiel im Detail Bescheid über Krankheiten oder genetische Risiken wissen. Manche fühlen sich mit dem Nichtwissen und dem Verdrängen von Risiken besser. In Ihrer Kommunikation sollten Sie Ihre eigenen Belange, aber auch die der anderen im Blick haben. Dies kann eine Herausforderung sein, weil Sie sich in Ihr Gegenüber einfühlen und seine Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigen müssen. Vergegenwärtigen Sie sich, dass Ihr persönliches Testergebnis Auswirkungen auf das gesamte Familiengefüge und die Partnerschaft sowie den Lebensweg von anderen haben kann. Der Blickwinkel auf Ihre Person und die Rollenverteilung innerhalb der Familie können sich verändern.
Denken Sie auch an die verschiedenen Reaktionsweisen von Familienmitgliedern. Sie können von Angst, Wut, Schuldgefühlen und Anschuldigungen bis hin zu Überforderung, Verzweiflung, Hilflosigkeit und Ohnmacht reichen. Auch Ablehnung und Nichtakzeptanz sind möglich. All diese Gefühle sind normal und brauchen Platz.
In der Kommunikation über familiäre Krebsrisiken geht es nicht nur um die reine Information, sondern auch darum, sich gegenseitig bei schwierigen Fragen und Entscheidungen zu unterstützen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Vielleicht suchen Sie sich dafür auch professionelle Unterstützung, zum Beispiel in Form einer Familientherapie.
Drängen Sie Familienmitgliedern nicht Ihre eigene Sicht- und Handlungsweise auf, sondern lassen Sie ihnen Raum für freie Entscheidungen. Vielleicht haben andere Menschen in Ihrer Familie eine andere Herangehensweise, die ebenfalls Akzeptanz und Respekt verdient. Seien Sie behutsam in Ihrer Kommunikation und bestehen Sie nicht darauf, dass Ihr Gegenüber aktiv werden muss. Manchmal dauert es, bis Ihre Angehörigen ihre Position gefunden haben und wissen, was die nächsten Schritte sind.
- Mamma Mia! Ratgeber (2025): Komme ich aus einer Krebsfamilie?, abgerufen am 5.10.2025
- Center for Disease Control and Prevention (CDC): Hereditary Breast- and Ovarian Cancer, Conversation tips, abgerufen am 6.10.2025
- BRCA-Netzwerk e.V., Kommunikation, abgerufen am 6.10.2025
Die Informationen auf dieser Seite können eine professionelle Beratung durch ausgebildete und anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Auch dienen sie nicht dazu, eigenständig eine Diagnose zu stellen oder eine Therapie einzuleiten.

