Eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation verändert das Leben vieler Frauen tiefgreifend, weil sie ein erhöhtes Risiko für Brust- und Eierstockkrebs haben. Neben den Ängsten und Sorgen, die mit einem erblichen Krebsrisiko verbunden sind, gibt es viele Fragen, die das normale Leben und den Alltag betreffen. Eine davon ist die Frage der Verhütung. Denn viele Frauen sind noch jung, wenn bei ihnen die Veränderung in einem BRCA-Gen durch einen genetischen Test festgestellt wird. Die Familienplanung kann in diesem Alter noch nicht abgeschlossen sein und viele wünschen sich vielleicht später noch ein Kind.
Somit müssen Trägerinnen einer BRCA-Mutation eine passende Verhütungsmethode finden. Sie sollte zuverlässig vor einer nicht gewünschten Schwangerschaft schützen, aber auch ihre besondere genetische Situation und ihre Krebsrisiken berücksichtigen. Wichtig ist es, sich gut zu informieren und über alle Möglichkeiten der Verhütung beraten zu lassen. Grundsätzlich gibt es hormonelle (zum Beispiel Pille), mechanische (zum Beispiel Kondome, Spirale ohne Hormone), natürliche (zum Beispiel Symptothermale Methode) und chemische (spermienabtötende) Verhütungsmethoden.
Hormonelle Verhütung und Krebsrisiko bei BRCA-Mutation
Hormonelle Verhütungsmittel enthalten entweder Östrogene, Gestagene oder eine Kombination aus beiden weiblichen Geschlechtshormonen. Die Pille ist nach wie vor ein beliebtes Verhütungsmittel unter den Frauen. Sie unterdrückt den Eisprung und gilt als sehr zuverlässig und sicher beim Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft. Neben der Pille gibt es noch viele weitere hormonelle Kontrazeptiva wie die Minipille, das Verhütungspflaster, Hormonimplantat, den Vaginalring, die Hormonspirale oder die Dreimonatsspritze. Sie alle enthalten Hormone in unterschiedlichen Dosierungen und Zusammensetzungen. Meist sind die Hormone aber heute niedrig dosiert.
Hormonelle Verhütungsmittel können wahrscheinlich das Brustkrebsrisiko erhöhen, wenn auch nur geringfügig. Umgekehrt können orale Kontrazeptiva wie die Pille vermutlich das Risiko für Eierstockkrebs senken. Doch wie ist es bei Frauen mit einer BRCA-Mutation?
- Bisher gibt es nicht genügend aussagekräftige Studien zum Effekt der oralen hormonellen Verhütung auf das Brust- und Eierstockkrebsrisiko.
- Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeigte, dass der Langzeiteinsatz der Pille (fünf Jahre und mehr) mit einer Erhöhung des Brustkrebsrisikos und einer Verminderung des Eierstockkrebsrisikos verbunden war.
- Eine weitere Studie (2022) kam zu ähnlichen Schlüssen. Die Pille könnte die Gefahr für Eierstockkrebs bei Trägerinnen einer BRCA-Mutation senken. Eine Erhöhung des Brustkrebsrisikos sei jedoch nicht auszuschließen. Die Pille aufgrund des verminderten Eierstockkrebsrisikos einzunehmen, sei aber nicht empfohlen, schreibt die Forschungsgruppe.
- Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2024 untersuchte den Zusammenhang zwischen hormoneller Verhütung und dem Brustkrebsrisiko für Träger von Keimbahnmutationen in BRCA1 und BRCA2. Ergebnis: Hormonelle Kontrazeptiva wurden mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko für BRCA1-Mutationsträgerinnen in Verbindung gebracht, vor allem bei längerer Anwendung.
Fachpersonen aus der Gynäkologie oder Onkologie sollten Frauen mit einem veränderten BRCA-Gen ausführlich zu Verhütungsfragen beraten und die individuellen Risiken sorgfältig gegeneinander abwägen. Wenn eine hormonelle Verhütung gewünscht ist, dann sollte sie möglichst kurzzeitig sein, schreibt das BRCA-Netzwerk e.V. Für Jugendliche sei die Pille die sicherste Verhütungsmethode. Sie sollte jedoch abgesetzt werden, wenn keine Verhütung mehr benötigt werde.
BRCA1/2-Trägerin | Mögliche Vorgehensweise |
Keine persönliche Krebserkrankung | Hormonelle Verhütung ist möglich, wenn sorgfältig abgewogen |
Frühere Brustkrebserkrankung | hormonfreie Verhütungsmethode bevorzugen |
Kondom und Frauenkondom (Femidom)
Kupferspirale (Intrauterinpessar oder IUP)
Portiokappe
Die Kappe ist ähnlich geformt wie ein Fingerhut und besteht aus Hartgummi, Plastik oder Latex. Die Portiokappe wird wie ein „Verschluss“ über den Muttermund gestülpt und saugt sich dort fest. Sie dichtet den Muttermund ab und verhindert, dass Spermien eindringen können. Sie sitzt etwas fester als das Diaphragma.
Chemische Verhütungsmittel
Sie enthalten Substanzen, welche die Spermien abtöten. Es gibt sie als Scheidenzäpfchen, Gel, Schaum oder Vaginalfilme. Vor dem Sex werden diese Mittel in die Scheide eingebracht.
Alle genannten nicht-hormonellen Verhütungsmethoden haben Vor- und Nachteile. Unterschiede gibt es vor allem bei der Sicherheit, wie lange sie wirksam sind und wie einfach oder kompliziert sie anzuwenden sind. Bei manchen Methoden wie der Portiokappe oder dem Diaphragma brauchen Sie ein wenig Übung, um sie richtig anzuwenden. Bei nicht korrekter Anwendungsweise sinkt die Verhütungssicherheit und die Gefahr einer Schwangerschaft steigt.
Langzeitverhütung und permanente Methoden
Manche nicht-hormonellen Verhütungsmittel eignen sich zur Langzeitverhütung. Dazu gehören zum Beispiel die Kupferspirale, Kupferkette oder der Kupferball, die langfristig vor einer ungewünschten Schwangerschaft schützen können.
- Kupferspiralen können – je nach Modell – drei bis zehn Jahre in der Gebärmutter verbleiben. Mindestens so lange bleibt auch der Verhütungsschutz erhalten.
- Die Kupferkette kann fünf bis zehn Jahre in der Gebärmutter bleiben und schützt so lange vor einer Schwangerschaft.
- Der Kupferball kann bis zu fünf Jahre in der Gebärmutter bleiben und entfaltet mindestens so lange einen Verhütungsschutz.
Wenn die Familienplanung abgeschlossen ist und kein Kinderwunsch mehr besteht, raten medizinische Fachleute Trägerinnen einer BRCA-Mutation um das 40. Lebensjahr herum, vorbeugend (prophylaktisch) beide Eierstöcke und Eileiter entfernen zu lassen. Beidseitige prophylaktische Salpingo-Oophorektomie (BPSO) heißt dieser Eingriff in der medizinischen Fachsprache. Dadurch lässt sich das Risiko für Eierstockkrebs entscheidend senken. Die vorbeugende Operation senkt das Risiko für Eierstockkrebs um 97 Prozent, so die S3-Leitlinie zu Brustkrebs. Wichtig ist es jedoch, sich vorab in einem Zentrum für Familiären Brust- und Eierstockkrebs ausführlich über sämtliche Vor- und Nachteile von prophylaktischen Operationen beraten zu lassen. Nach diesem Eingriff ist eine Schwangerschaft nicht mehr möglich.
Zusammengefasst: Zur Frage der Verhütung ist für Frauen mit einer BRCA-Mutation eine umfassende Information und Risikoberatung wichtig. Sie sollte individuelle Faktoren, Bedürfnisse und Wünsche berücksichtigen. Es gibt einige Gründe, warum hormonelle Verhütungsmethoden eher mit Zurückhaltung eingesetzt werden sollen, allen voran das erhöhte Brustkrebsrisiko. Je nach persönlicher Situation gibt es aber nicht einfach ein „Richtig“ oder „Falsch“. Entscheidend sei ein Gesamtkonzept im Umgang mit dem erhöhten Krebsrisiko bei Trägerinnen einer BRCA1/2-Mutation, das je nach Lebenssituation Antworten auf die Verhütungsfrage liefert.
- Park J, Huang D, Chang YJ, Lim MC, Myung SK. Oral contraceptives and risk of breast cancer and ovarian cancer in women with a BRCA1 or BRCA2 mutation: a meta-analysis of observational studies. Carcinogenesis. 2022 Apr 25;43(3):231-242. doi: 10.1093/carcin/bgab107. PMID: 34958358.
- Huber D, Seitz S, Kast K, Emons G, Ortmann O. Use of oral contraceptives in BRCA mutation carriers and risk for ovarian and breast cancer: a systematic review. Arch Gynecol Obstet. 2020 Apr;301(4):875-884. doi: 10.1007/s00404-020-05458-w. Epub 2020 Mar 5. Erratum in: Arch Gynecol Obstet. 2022 Jun;305(6):1627. doi: 10.1007/s00404-021-06266-6. PMID: 32140806; PMCID: PMC8494665.
- Phillips KA et. al. Hormonal contraception and Breast Cancer Risk for Carriers of Germline Mutations in BRCA1 and BRCA2, Journal of Clinical Oncology, Volume 43, Number 4, https://doi.org/10.1200/JCO.24.0017
- Klein, Friederike: Einnahme der Pille trotz BRCA-Mutation? Hier ist eine gute Beratung gefragt! Im Fokus Onkologie | Ausgabe 5/2023 , abgerufen am 22.4.2025
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA), Verhütung, Verhütungsmethoden, abgerufen am 22.4.2025
- BRCA-Netzwerk e.V., Wie verhüten?, abgerufen am 23.4.2025
- Berufsverband der Frauenärzte e.V., Familienplanung – Verhütung, Verhütungsmethoden, abgerufen am 23.4.2025
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