Vorbeugende Operationen bei BRCA-Mutation und Brustkrebs bringen Vorteile

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vorbeugende Operation bei BRCA
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Frauen mit einem veränderten BRCA-Gen, die schon in jungem Alter an Brustkrebs erkrankt sind, könnten von risikoreduzierenden Operationen der Brüste, Eierstöcke und Eileiter profitieren. Dies legt eine Studie aus Italien nahe.

Eine BRCA-Mutation bedeutet ein erhöhtes Risiko für Brust– und Eierstockkrebs, aber auch für einige andere Krebsarten. Trägerinnen einer Mutation in einem der „Brustkrebsgene“ BRCA1 oder BRCA2 haben verschiedene vorbeugende oder prophylaktische Möglichkeiten: Sie können sich einem intensivierten Früherkennungs- und Nachsorgeprogramm (IFNP) unterziehen oder sich für präventive Operationen entscheiden. Dabei werden auf beiden Seiten die Brüste entfernt (beidseitige prophylaktische Mastektomie = BPM) und / oder beidseitig die Eierstöcke und Eileiter (beidseitige prophylaktische Salpingo-Oophorektomie = BPSO) herausgenommen. Beide Strategien haben einige Vor- und Nachteile. Welches Vorgehen Frauen wählen, ist immer sehr persönlich. Es gibt Entscheidungshilfen, um eine Antwort auf diese schwierige Frage zu finden.  

Vermindertes Rückfall- und Sterberisiko

Dass prophylaktische Operationen bei BRCA-Trägerinnen das Risiko von Brust- und Eierstockkrebs senken können, ist bekannt. Eine neue Studie eines italienischen Forschungsteams untersuchte jetzt aber, wie sich solche risikoreduzierenden Operationen bei Frauen mit einem krankheitsauslösenden BRCA-Gen auswirken, die schon vor dem 40. Lebensjahr an Brustkrebs erkrankt sind. Die meisten Studienteilnehmerinnen hatten sich prophylaktisch beide Brüste und / oder beide Eierstöcke und Eileiter entfernen lassen.

Die Forschenden fanden heraus, dass Frauen nach einer risikosenkenden Operation seltener sowohl einen Rückfall (Rezidiv) als eine zweite (neue) Krebserkrankung  entwickelten. Auch die Anzahl der Sterbefälle war geringer als bei Frauen, die sich diesen vorbeugenden Operationen nicht unterzogen hatten. Die Studienergebnisse stellte das Forschungsteam um den Onkologen Prof. Matteo Lambertini vom Universitätsklinikum Ospedale San Martino in Genua auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) im Dezember 2024 vor.

„Die Vorteile der risikoreduzierenden Operationen von Brüsten, Eierstöcken und Eileitern wurden bereits für BRCA-Trägerinnen ohne Brustkrebs nachgewiesen“, erklärt Lambertini. „Aber der Einfluss dieser Operationen auf Frauen mit einer BRCA-Mutation, die bereits in jungen Lebensjahren an Brustkrebs erkrankt sind, war bisher weniger klar“.

Studie umfasst verschiedene Brustkrebsarten und Stadien

Das Forschungsteam analysierte die Daten der sogenannten „BRCA BCY Collaboration Study“. An dieser internationalen, multizentrischen, retrospektiven (rückblickenden) Studie hatten 5.290 Frauen aus 109 medizinischen Zentren aller fünf Kontinente teilgenommen. Alle Frauen hatten eine nachgewiesene Keimbahnmutation (von Geburt an vorhanden) in einem der beiden BRCA-Gene (oder in beiden). 63,5 Prozent der Frauen trugen ein verändertes BRCA1-Gen, während 35,7 Prozent BRCA2-Trägerinnen waren. Bei 0,6 Prozent der Studienteilnehmerinnen waren sowohl das BRCA1 als auch das BRCA2 verändert.

Zudem hatten die Probandinnen die Diagnose Brustkrebs im Alter von unter 40 Jahren erhalten. Im Schnitt waren sie bei der Brustkrebsdiagnose 35 Jahre alt. Das Mammakarzinom war unterschiedlich weit fortgeschritten (Stadium 1 bis 3). Bei 2.708 (51,2 Prozent) war der Brustkrebs im Frühstadium und es waren keine Lymphknoten von Krebszellen befallen („nodalnegativ“). Dies zeigt, dass sich der Brustkrebs noch nicht aus „Wanderschaft“ begeben hat. Bei 36,5 Prozent war der Tumor kleiner als zwei Zentimeter, bei 45,6 Prozent zwei bis fünf Zentimeter groß und bei 13,6 Prozent größer als fünf Zentimeter.

Die Frauen hatten verschiedene Brustkrebsarten. 2.421 Frauen (45,8 Prozent) waren an einem hormonempfindlichen (Hormonrezeptor-positiven) Brustkrebs erkrankt. Dieser wächst unter dem Einfluss der weiblichen Geschlechtshormone Östrogen (ER+) und/oder Progesteron (PgR+). Gut 49 Prozent der Frauen hatten einen triple-negativen Brustkrebs (TNBC). Diese Brustkrebsart betrifft oft jungen Frauen. Die Tumoren besitzen weder Andockstellen (Rezeptoren) für Hormone (Östrogen und/oder Progesteron) noch für den humanen epidermalen Wachstumsfaktor 2 (HER2). Bei einem TNBC sind die Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt, weil weder eine Antihormontherapie noch eine Anti-HER2-Therapie mit Antikörpern infrage kommt.  Die meisten Frauen (fast 92 Prozent) erhielten eine Chemotherapie. Im Schnitt wurden die Frauen gut acht Jahre beobachtet.

Präventive Operationen bei Brustkrebs - mehrere Vorteile

Der Großteil (3.888) der teilnehmenden Frauen mit Brustkrebs hatte sich für mindestens eine risikosenkende Operation entschieden:

  • 910 Frauen ließen sich vorbeugend beide Brüste entfernen.
  • 782 Frauen unterzogen sich einer beidseitigen Operation der Eierstöcke und Eileiter.
  • 804 Frauen entschieden sich sowohl für die beidseitige Mastektomie als auch die Entfernung von Eierstöcken und Eileitern.
  • Die verbleibenden 1.402 Frauen verzichteten auf jegliche prophylaktische Operation.

Die Forschenden untersuchten jetzt den Zusammenhang zwischen der prophylaktischen beidseitigen Mastektomie und / oder der beidseitigen vorbeugenden Entfernung von Eierstöcken und Eileitern. Sie fanden Folgendes heraus:

  • Frauen, die sich einer Mastektomie und / oder Entfernung der Eierstöcke und Eileiter unterzogen hatten, zeigten über den durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von gut acht Jahren bessere Therapieergebnisse. Dies galt unabhängig davon, ob die Mutation im BRCA1– oder im BRCA2-Gen vorhanden war.
  • Nach einer präventiven Mastektomie hatten Frauen ein 35 Prozent niedrigeres Sterberisiko. Das Risiko für ein Rezidiv oder eine zweite Krebserkrankung war 42 Prozent niedriger.
  • Nach einer prophylaktischen Entfernung der Eierstöcke und Eileiter hatten Frauen ein 42 Prozent niedrigeres Sterberisiko. Das Risiko für eine Rückkehr der Brustkrebserkrankung oder eine zweite Krebserkrankung war 32 Prozent niedriger. Der Einfluss dieser Operation auf das Gesamtüberleben hing hier jedoch davon ab, welches BRCA-Gen verändert (mutiert) war. Frauen mit einer Keimbahnmutation im BRCA1 hatten einen größeren Überlebensvorteil als Frauen mit einer BRCA2-Mutation (56 Prozent gegenüber 15 Prozent niedrigeres Sterberisiko). Nicht untersucht in der Studie wurden die Gründe dafür.
  • Die Gesamtüberlebensraten waren ähnlich für Frauen, die sich zwei vorbeugenden Operationen (Brüste – Eierstöcke, Eileiter) oder nur einem chirurgischen Eingriff unterzogen hatten.

Brustkrebstyp beeinflusst Wirkungen der prophylaktischen OP

Die Forschungsgruppe analysierte die Daten zusätzlich hinsichtlich der verschiedenen Brustkrebstypen. Den größten Überlebensvorteil brachte die beidseitige Entfernung der Eierstöcke und Eileiter bei Frauen mit triple-negativem Brustkrebs (TNBC). Sie hatten ein 56 Prozent niedrigeres Sterberisiko. Auch Frauen mit hormonempfindlichem Brustkrebs (HR+) profitierten von dieser prophylaktischen Operation. Ihr Sterberisiko lag 20 Prozent niedriger.

„Diese Studie liefert erstmals Hinweise darauf, dass risikoreduzierende Operationen das Überleben bei jungen BRCA-Trägerinnen mit einer früheren Brustkrebserkrankung in jungen Jahren verbessern können“, sagt Lambertini. „Wir glauben, dass unsere Studienergebnisse die Beratung von jungen, an Brustkrebs erkrankten BRCA-Trägerinnen zu risikoreduzierenden Strategien verbessern kann“, so der Onkologe weiter.

Präventive Operationen haben auch Nachteile

Prophylaktische Operationen haben auch einige Nachteile. Sie können den Körper, die Psyche, das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität der betroffenen Frauen erheblich beeinflussen. Außerdem sind Frauen nach der Entfernung der Eierstöcke und Eileiter unfruchtbar, was für Frauen mit Kinderwunsch eine wichtige Rolle spielt.  Zusätzlich werden sie früh in die Wechseljahre versetzt. Eine Hormonersatztherapie (HRT) kommt in vielen Fällen nicht in Frage, um die Symptome wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen zu lindern.

„Wenn man die besonderen Bedürfnisse junger Frauen und ihr höheres Risiko für eine zweite Krebserkrankung in Betracht zieht, ist es wichtig zu verstehen, wie sich risikoreduzierende Operationen langfristig auswirken. Dann lassen sich die Risiken und Vorteile dieser Maßnahmen sorgfältig abwägen“, sagt Lambertini.

Studie hat Einschränkungen

Die Studie besitzt den Autorinnen und Autoren zufolge einige Einschränkungen. Ein Punkt ist, dass Patientinnen aus verschiedenen Gesundheitssystemen und mit unterschiedlichen Behandlungsleitlinien eingeschlossen waren. Ein zweiter ist der lange Nachbeobachtungszeitraum von 20 Jahren. Besonders in den letzten Jahren haben sich die Empfehlungen und Kriterien für einen BRCA-Test sowie für risikoreduzierende Operationen erheblich verändert. Das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs (FBREK) überprüft die Voraussetzungen für einen BRCA-Test ständig und passt sie an neue Forschungserkenntnisse an. 

Mit freundlicher Unterstützung von MSD Sharp & Dohme

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