Brustkrebs ist eine Krebsart, die in der Regel ältere Frauen betrifft. Im Schnitt sind Frauen etwa 65 Jahre alt, wenn sie die Diagnose Brustkrebs erhalten. Allerdings können auch deutlich jüngere Frauen an Brustkrebs erkranken. Das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet, dass eine von sechs Frauen bei der Diagnose Brustkrebs unter 50 Jahre alt ist. Brustkrebs in frühen Jahren (engl. early-onset breast cancer) bedeutet, dass ein Mammakarzinom zwischen dem 18. und 45. Lebensjahr festgestellt wird.
Ganz allgemein ist die Anzahl der neuen Krebsdiagnose bei den unter 50-Jährigen seit 1990 weltweit um knapp 80 Prozent gestiegen. Die meisten dieser Fälle entfielen auf Brustkrebs. Zu diesem Schluss kommt die Studie eines internationalen Forschungsteams, die im Fachblatt BMJ Oncology veröffentlicht wurde (September 2023). Die möglichen Ursachen für den frühen Beginn der Krebserkrankungen könnten laut der Forschenden im Lebensstil liegen, zum Beispiel in einer ungesunden Ernährung (z.B. viel rotes Fleisch, wenig Obst), einem hohen Alkoholkonsum und Rauchen.
Auch in der Öffentlichkeit ist das Thema Brustkrebs bei jungen Frauen in den vergangenen Jahren deutlich präsenter geworden. Dies könnte damit zusammenhängen, dass heute viel mehr junge Frauen mit ihrer Brustkrebserkrankung an die Öffentlichkeit gehen oder in den sozialen Netzwerken ihre persönliche Geschichte erzählen. Bekannte Beispiele sind die Schauspielerin Angelina Jolie oder die Musikerinnen Kylie Minogue und Anastacia. Auch die deutsche Politikerin Manuela Schwesig machte ihre Brustkrebserkrankung im Jahr 2019 öffentlich.
Jung und Brustkrebs – besondere Lebensumstände berücksichtigen
Eine junge Frau mit Brustkrebs befindet sich meist in einer Lebensphase, in der Krankheiten weniger im Vordergrund stehen. Viele rechnen nicht damit, schon in jungen Jahren an einer schweren Krankheit wie Krebs zu erkranken. Weil sie eine solche Erkrankung nicht erwarten, sind sie manchmal auch weniger aufmerksam gegenüber eventuellen Symptomen, die auf Brustkrebs hindeuten können. Die Brustkrebsfrüherkennung wie das Mammographie-Screening beginnt erst ab einem Alter von 50 Jahren. Jungen Frauen ab 30 Jahren bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen nur die Tastuntersuchung der Brüste in der gynäkologischen Arztpraxis. Einen Brustultraschall müssen sie selbst bezahlen, wenn kein Verdacht auf Brustkrebs besteht.
Allgemein sind junge Frauen mit Herausforderungen konfrontiert, die in dieser Lebensphase eine besondere Rolle spielen. Diese reichen vom Studium, von der Ausbildung und Berufstätigkeit über finanzielle und partnerschaftliche Fragen bis hin zum Kinderwunsch und zur Familienplanung. Diese Lebensumstände, Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigen Ärztinnen und Ärzte so gut wie möglich bei der Planung einer Krebstherapie.
Manche Behandlungen schränken zum Beispiel die Fruchtbarkeit ein und erschweren eine anschließende Schwangerschaft. Dazu gehört vor allem die Chemotherapie. Es gibt jedoch verschiedene Maßnahmen, um die Fruchtbarkeit zu erhalten. Dann kann eine junge Frau nach dem Abschluss der Krebsbehandlungen doch noch Mutter werden. Wichtig ist, dass Ärztinnen und Ärzte von einem Kinderwunsch wissen und diesen in die Planung der Therapie einbeziehen.
Manchmal stellen Ärztinnen und Ärzte eine Brustkrebserkrankung auch während der Schwangerschaft oder Stillzeit fest – wenn auch selten. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) schätzt, dass etwa eine von 3.000 Schwangeren von einem Mammakarzinom betroffen ist. Dann sind besondere Maßnahmen notwendig, um das Ungeborene zu schützen – und gleichzeitig den Brustkrebs zu bekämpfen.
Für jüngere Frauen ist auch die Verhütung ein Thema, wenn sie zum Beispiel ihre Familienplanung schon abgeschlossen oder ihren Kinderwunsch auf einen späteren Zeitpunkt verschoben haben. Hormonelle Verhütungsmittel (zum Beispiel Pille, Hormonspirale, Hormonimplantat) sind für Frauen mit Brustkrebs nicht empfohlen. Dies gilt unabhängig davon, ob ihr Brustkrebs unter dem Einfluss von Hormonen wächst, also hormonrezeptorpositiv ist. Sie sollten auf hormonfreie Verhütungsmethoden ausweichen (beispielsweise Kondome, Kupferspirale, Diaphragma)
Nach einer Krebsbehandlung aufgrund einer Brustkrebserkrankung können bei jungen Frauen auch die Sexualität, Partnerschaft und das Familienleben leiden. Eine Brust-OP kann zum Beispiel das Körperbild verändern und das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Außerdem führen manche Krebsbehandlungen zu trockenen Schleimhäuten, auch in der Scheide. Dann kann der Geschlechtsverkehr unangenehm sein. Wichtig ist, diese Fragen bei Ärztinnen und Ärzte zu adressieren und individuell passende Lösungen für die Probleme zu finden. Auch eine sexualmedizinische oder psychoonkologische Beratung kann hilfreich sein. Viele Krebsberatungsstellen und Sozialverbände bieten Hilfestellung für Familien, zum Beispiel Hilfen im Haushalt und für die Kinderbetreuung.
Gut untersucht und belegt ist der Zusammenhang zwischen einer Krebserkrankung und Armut. Viele krebskranke Menschen haben mit finanziellen Problemen zu kämpfen, denn oft fallen sie über Wochen und Monate in ihrem Beruf aus. Auch nach dem Abschluss der Krebstherapien ist der Wiedereinstieg in die Ausbildung, das Studium oder den Beruf oft nicht leicht. Dies führt zu Einkommenseinbußen, auch wenn es finanzielle Unterstützung gibt, zum Beispiel von den Krankenkassen. Zugleich müssen sie höhere Ausgaben stemmen, etwa Zuzahlungen für Medikamente oder Hilfsmittel. Der wirtschaftliche Druck wächst und viele haben Existenzängste. Junge Frauen mit Brustkrebs sollten sich zu ihrer finanziellen Situation beraten lassen, zum Beispiel von Sozialverbänden oder Krebsberatungsstellen.
Brustkrebs bei jungen Frauen ist oft aggressiv
Auch medizinisch und therapeutisch macht es einen Unterschied, ob eine Frau vor der Menopause (der letzten Regelblutung) oder danach an Brustkrebs erkrankt. Ein Beispiel ist die Antihormontherapie bei hormonempfindlichem Brustkrebs. Je nach Menopausenstatus kommen hier unterschiedliche Medikamente zum Einsatz.
Wenn junge Frauen an Brustkrebs erkranken, kann eine krankhafte Veränderung (Mutation) in einem „Brustkrebs-Gen“ – BRCA1 oder BRCA2 – der Grund sein. Es gibt noch einige weitere genetische Veränderungen, die ein erhöhtes Brustkrebsrisiko bedeuten. Ein Gentest kann nachweisen, ob eine BRCA-Mutation oder eine andere krankheitsauslösende Genveränderung vorhanden ist. Junge Frauen sollten sich zu einem Gentest vorab gut informieren und beraten lassen.
Zudem ist Brustkrebs bei jüngeren Frauen oft aggressiver. Der Tumor wächst schneller und muss intensiver behandelt werden, etwa mit Hilfe einer Chemotherapie. Der triple-negative Brustkrebs (TNBC) kommt zum Beispiel gehäuft bei jungen Frauen vor. Bei jeder sechsten Brustkrebserkrankung (circa 15 Prozent) handelt es sich um einen TNBC. Diese Tumoren besitzen keine Bindungsstellen für Östrogen, Progesteron und den Wachstumsfaktor HER2. Daher rührt auch der Begriff „dreifach-negativ“. Sie wachsen aggressiv, breiten sich schnell aus und sind schwieriger zu behandeln. Auch HER2-positive oder Luminal-B-like Tumoren (wachsen zwar hormonabhängig, aber Zellen teilen sich schnell) sind oft aggressiver.
Krebsbehandlungen bei jungen Frauen
Wie bei jeder Brustkrebserkrankung richtet sich die Therapie auch bei jungen Frauen zunächst nach dem Stadium, der Ausbreitung und Aggressivität des Tumors. Außerdem hängt die Krebstherapie vom Vorhandensein oder Fehlen besonderer Merkmale der Krebszellen ab. Ärztinnen und Ärzte bestimmen routinemäßig, ob der Tumor hormonrezeptorpositiv (HR+) ist, welchen HER-Status die Tumorzellen haben und wie hoch die Teilungsgeschwindigkeit ist (Proliferationsmarker Ki-67 als Maß dafür). Wichtig für die Therapie ist auch der Menopausenstatus, zum Beispiel bei Wahl der passenden Antihormontherapie.
Bei aggressivem Brustkrebs und einem TNBC kommt in der Regel eine Chemotherapie zum Einsatz. Ärztinnen und Ärzte verabreichen meist mehrere Zytostatika („Zellgifte“) in Kombination, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen. In vielen Fällen erhalten junge Frauen die Chemotherapie schon vor der Operation, um den Tumor zu verkleinern und ihn besser operieren zu können. „Neoadjuvant“ heißt dieses Vorgehen. So ist bei größeren Tumoren oft noch eine brusterhaltende Operation (BET) möglich. Außerdem lässt sich überprüfen, ob der Tumor auf die gewählte Chemotherapie anspricht – er sollte sich verkleinern und im besten Fall vollständig zurückbilden (Komplettremission). Dann lassen sich auf Bildern und im Gewebe (pathologisch) keine Krebszellen mehr nachweisen. Bei einer Komplettremission ist die Prognose günstiger.
Besitzen die Krebszellen Hormonrezeptoren für Östrogen und/oder Progesteron, ist die Antihormontherapie eine effektive Therapiemöglichkeit. Vor der Menopause kommt in der Regel der Wirkstoff Tamixofen zum Einsatz, manchmal in Kombination mit GnRH-Analoga, um die Hormonproduktion in den Eierstöcken zu unterdrücken. Eine Antihormontherapie bedeutet, dass eine junge Frau vorzeitig in die Wechseljahre versetzt wird. Diese können mit unangenehmen Nebenwirkungen wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen einhergehen, was für junge Frauen ein Problem sein kann.
Ärztinnen und Ärzte überlegen, ob die Antihormontherapie als alleinige Behandlung genügt oder ob eine zusätzliche Chemotherapie weitere Vorteile bringt und das Rückfallrisiko senken kann. Hier kann der Ki-67-Wert Anhaltspunkte liefern. Ein höherer Ki-67 spricht eher für eine zusätzliche Chemotherapie. Zudem können Biomarkertests, welche die Aktivität verschiedener Krebsgene bestimmen, bei der Entscheidung über eine zusätzliche Chemotherapie weiterhelfen.
Sind HER2-Rezeptoren an den Krebszellen nachweisbar (HER2+), eignet sich eine Anti-HER2-Therapie. Es gibt verschiedene Antikörper als Medikamente, welche die Andockstellen an den Krebszellen besetzen und die Weiterleitung von Wachstumssignalen ins Zellinnere verhindern. Diese Medikamente lassen sich auch vor einer Operation und in Kombination einsetzen.
Sind nach der OP noch immer Krebszellen nachweisbar, können sogenannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate helfen. Das sind Krebsmedikamente, bei denen ein Antikörper an ein Zytostatikum (Chemotherapeutikum) gekoppelt ist. Das Zellgift wird erst in der Krebszelle freigesetzt und wirkt somit gezielt.
Unter bestimmten Voraussetzungen wenden Ärztinnen und Ärzte bei Brustkrebs auch die Immuntherapie an, in Kombination mit anderen Therapiestrategien. Zum Einsatz kommen sogenannte Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Die Medikamente greifen nicht die Krebszellen selbst an, sondern regen das Immunsystem dazu an, wieder selbst gegen die Tumorzellen vorzugehen und sie zu beseitigen.
Bei einer BRCA-Mutation besteht die Möglichkeit, sogenannte PARP-Hemmer einzusetzen. Sie stören die Reparatur des Erbguts (DNA) und sollen so die Krebszellen zum Absterben bringen.
Wenn junge Frauen Metastasen haben und der Brustkrebs als nicht mehr heilbar gilt, brauchen nicht nur sie selbst psychoonkologische Unterstützung, sondern auch ihre Familie und Angehörigen, einschließlich der Kinder. Ratsam kann es auch sein, ein Palliativteam mit einzubeziehen, zum Beispiel ein SAPV-Team (SAPV = Spezialisierte ambulante Palliativversorgung). Es unterstützt Familien zu Hause und stellt eine gute medizinische Versorgung sicher.
- Robert Koch Institut (RKI): Krebsarten, Brustkrebs und Krebs in Deutschland, abgerufen am 11.11.2024
- Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Brustkrebs, abgerufen am 11.11.2024
- Klinikum der Universität München, Brustkrebs junge Frau, abgerufen am 11.11.2024
- Breast Cancer Research Foundation (BCRF), Breast Cancer Young Woman, abgerufen am 12.11.2024
- US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC), breast cancer in young women, abgerufen am 12.11.2024
- Jianhui Zhao, Liying Xu, Jing Sun, Mingyang Song, Lijuan Wang, Shuai Yuan, Yingshuang Zhu, Zhengwei Wan, Susanna Larsson, Konstantinos Tsilidis, Malcolm Dunlop, Harry Campbell, Igor Rudan, Peige Song, Evropi Theodoratou, Kefeng Ding, Xue Li - Global trends in incidence, death, burden and risk factors of early-onset cancer from 1990 to 2019: BMJ Oncology 2023;2:e000049.
- Cleveland Clinic, breast cancer in young women, abgerufen am 12.11.2024
- Yale Medicine, early onset cancer in younger people on the rise, abgerufen am 12.11.2024
- MMW – Fortschritte der Medizin (2019), Brustkrebs junge Frau
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