Metastasierter Brustkrebs – was kann das Umfeld sagen, was besser nicht?

Redaktion Mamma Mia!

mBC Kommunikation Umfrage
© iStock / Motortion

Die Kommunikation mit Menschen, die an metastasiertem Brustkrebs erkrankt sind, ist für das soziale Umfeld nicht ganz einfach. Eine Umfrage zeigt, was sich Betroffene wünschen, was wirklich hilfreich ist und welche Äußerungen verzichtbar sind. 

Metastasierter Brustkrebs (mBC) ist eine schwere und ernste Erkrankung, die betroffenen Frauen und Männern bei den Therapien und in ihrem Alltag alles abverlangt. Sie brauchen viel Kraft, Zuversicht und Vertrauen, um den täglichen Herausforderungen begegnen zu können. Für das soziale Umfeld, zum Beispiel für Angehörige, Freunde oder Kolleginnen und Kollegen, ist es oft nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. Viele möchten gerne hilfreich sein, unterstützend wirken und Mut machen. Sie sagen aber vielleicht etwas, das die Betroffenen als unsensibel oder unangemessen empfinden und das bei ihnen nicht wirklich gut ankommt.  

Eine Umfrage zeigt jetzt, was sich Frauen und Männer mit metastasiertem Brustkrebs im Umgang und bei der Kommunikation wirklich wünschen – und worauf sie verzichten können. So lassen sich Verletzungen und Frustrationen vielleicht zukünftig besser vermeiden.  

Umfrage unter Menschen mit mBC

Um Menschen mit metastasiertem Brustkrebs und ihre Wünsche in Bezug auf die Kommunikation in ihrem sozialen Umfeld besser verstehen und unterstützen zu können, führten die Brustkrebsorganisationen abcdiagnosis und METUPUK aus Großbritannien, Mamma Mia!, Die Krebsmagazine und das Unternehmen Seagen im Sommer 2023 eine Umfrage unter Menschen mit einer fortgeschrittenen Brustkrebserkrankung durch. Die Umfrage wurde auf den Social-Media-Kanälen der Organisationen geteilt. Insgesamt wurden 249 Fragebögen ausgewertet, davon waren 167 auf English und 82 auf Deutsch. 

Die Initiatoren wollten besser verstehen,  mit wem und in welcher Art und Weise Menschen mit mBC am ehesten über ihre Krankheit reden. Außerdem wollten sie herausfinden, welchen Plattitüden und Floskeln Menschen mit mBC am häufigsten begegnen, wer diese am ehesten verwendet und welche Auswirkungen sie auf die Betroffenen haben. Zudem ging es darum, Wörter oder Sätze zu identifizieren und zu priorisieren, die Betroffene vielleicht als positiver und unterstützender empfinden. 

Wem wird Vertrauen geschenkt - wer reagiert unsensibel?

Ein wichtiges Ergebnis der Umfrage war, dass Frauen und Männer am häufigsten (täglich oder mehrmals pro Woche) mit der Familie, engen Freunden und anderen Menschen, die ebenfalls an einem Mammakarzinom erkrankt sind, über ihre metastasierte Brustkrebserkrankung sprechen.  

22 Prozent der Befragten sprechen mit ihrer Familie jeden Tag und 27 Prozent mehrmals pro Woche über mBC 

Am hilfreichsten für ein Gespräch finden sie ihren Onkologen, ihre Onkologin sowie andere Menschen mit Brustkrebs. Dagegen stuften sie flüchtige Bekannte und Arbeitskollegen oder kolleginnen als am wenigsten hilfreich ein. Diese Personengruppen, aber auch enge Freunde und Freundinnen machten am ehesten unangemessene oder wenig sensible Bemerkungen. Seltener unsensibel in der Kommunikation waren Onkologinnen, Onkologen und Menschen, die ebenfalls an Brustkrebs erkrankt waren.

  • 60 Prozent der Befragten finden es sehr hilfreich, mit ihrem Onkologen oder ihrer Onkologin über die Erkrankung zu sprechen. 
  • Nur zwei Prozent finden Gespräche mit Arbeitskollegen oder flüchtigen Bekannten hilfreich. 

Laut Umfrage spricht nur ein Viertel der Menschen mit mBC es sofort an, wenn eine Bemerkung unsensibel oder verletzend war. Die Mehrheit antwortet nicht auf einen unpassenden Kommentar oder beendet das Gespräch. Die Umfrageteilnehmenden aus Deutschland neigten allerdings eher dazu, eine Antwort darauf zu geben, während englischsprachige Teilnehmende eher nichts sagten und die Konversation weiterführten.

Unter den Befragten, die regelmäßig mit engen Freunden kommunizieren (mehrmals pro Woche)  

    • nutzen 27 Prozent die mündliche und 
    • 25 Prozent die schriftliche Kommunikation

Das sollten Außenstehende besser nicht sagen

Am negativsten wurden Äußerungen zum mBC bewertet, die den Betroffenen implizit eine Mitverantwortung für ihre Erkrankung suggerieren. Dazu gehören zum Beispiel Aussagen darüber, was die Person getan hat, um ihren Krebs zu verursachen. Die Botschaft, die Erkrankung sei durch Alkohol, Ernährung und den Lebensstil bedingt, bewerteten 94 Prozent der Befragten als negativ. Als ähnlich negativ stuften sie Bemerkungen ein, dass  ein Freund oder Verwandter an Krebs gestorben ist, aber auch, dass sie sicher seien, dass wieder alles gut werde. Daneben wurden Lebensstiländerungen, die sie vornehmen sollten, um ihren Krebs zu heilen, sowie Verschwörungstheorien über Krebsbehandlungen als besonders negativ angesehen. 

Auch bei Kommentaren über ihr Aussehen hatten Menschen mit mBC überwiegend ein negatives Gefühl, vor allem solche über den Haarausfall (z.B. „Es sind nur die Haare, die wachsen wieder), die Gewichtszunahme oder -abnahme und über den Verlust der Brust. So empfanden zum Beispiel 89 Prozent die Aussage „Es würde mir nichts ausmachen, Haare, eine Brust oder Gewicht zu verlieren.“ als negativ. Unangemessen fanden 71 Prozent die Frage, ob man eine kostenlose  Brustrekonstruktion bekäme. Und 64 Prozent fanden die Feststellung nicht gut, man sehe überhaupt nicht krank aus. „Du siehst so gut aus.” – das war die positivste Aussage über das Aussehen. Aber auch diese empfand nur weniger als ein Viertel der Befragten tatsächlich als positiv.  

Bei der Beschreibung von Personen mit mBC geben die Befragten einige Hinweise, wie ihr Umfeld es besser machten könnte. Am allerwenigsten schätzten sie die Bezeichnungen Leidender, Krieger und Kämpfer. Diese könnten andere Menschen zukünftig vermeiden. Weniger Einigkeit herrschte unter den Befragten darüber, welche Bezeichnungen vielleicht positiver sein könnten. Das Wort „stark” schnitt zwar etwas besser ab, aber auch nur bei gut einem Viertel der Befragten. Auch die Begriffe Reise, chronisch und Patient kamen im Zusammenhang mit mBC nicht bei allen gut weg.  

Manchmal spielt das soziale Umfeld auch die Schwere und Ernsthaftigkeit der Erkrankung mit Floskeln herunter. Sätze wie „Es gibt für alles einen Grund.“, „Bald wirst du wieder wie früher sein.“, „Mach dir keine Sorgen!“ oder „Du kannst gewinnen, kämpfe dagegen.“ wertschätzten die meisten nicht.  

Was wirklich hilfreich sein kann

Zu den Äußerungen, die am positivsten wahrgenommen wurden, gehörten Angebote praktischer Hilfe und Fragen zum Wohlbefinden oder ob die Person reden wollte. Einige Beispiele: 

  • Ich kann Dich zum Arztbesuch begleiten/dich dort hinbringen. 
  • Ich kann für Dich einkaufen, mit dem Hund spazieren gehen oder zu dir kommen und mich zu Dir setzen. 
  • Ich verstehe, dass Du dich vielleicht nicht zu etwas verpflichten möchtest, aber wir würden dich gerne einladen, um Dich zu sehen und Zeit mit Dir zu verbringen. 
  • Eine Nachricht, die besagt: Ich denke an Dich, Du musst nichts antworten. 

 

Die Umfrage zeigt damit einmal mehr, das konkrete Unterstützungsangebote sowie Gesten der Fürsorge und Empathie bei Menschen mit metastasiertem Brustkrebs sehr willkommen sind. 

Dos und Don‘ts – so kann das Umfeld unterstützen

Aus der Umfrage lassen sich Aspekte herauskristallisieren, die anderen beim Umgang und in der Kommunikation mit an metastasiertem Brustkrebs erkrankten Menschen helfen könnten. Die wichtigsten „Dos“ und „Don‘ts“ sind zur Orientierung in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Sie zeigen, was hilfreich sein könnte und worauf Sie besser verzichten sollten. 

Dos

Dos 

Donts

Donts 

Bieten Sie echte und konkrete Unterstützung an, die das Leben der Person erleichtert und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Geben Sie der Person nicht die Schuld für ihre Krebserkrankung, zum Beispiel durch ihre Lebensweise. 
Versuchen Sie zu verstehen, was die Person durchmacht. Zeigen Sie Ihre Fürsorge, indem Sie einfühlsame, rücksichtsvolle und liebevolle Worte wählen und Taten folgen lassen. Behaupten Sie nicht, zu wissen, was die andere Person gerade durchmacht, es sei denn, Sie haben persönliche Erfahrungen mit einer metastasierten Krebserkrankung wie Brustkrebs. 
Vermitteln Sie positive Gedanken und ermutigende Worte. Vermeiden Sie dagegen übertriebene und erzwungene optimistische Äußerungen. Kommentieren Sie das Aussehen einer Person nichtes sei denn, Sie möchten etwas Nettes, Freundliches, Aufbauendes oder Positives sagen.
Bleiben Sie authentisch, offen und ehrlich und lassen Sie Raum für schwierige Gespräche, beispielsweise über den Tod.Geben Sie nicht ungefragt Ratschläge zu Behandlungsoptionen oder alternativen Ansätzen zur Behandlung von Krebs. 
Helfen Sie der Person, ein möglichst normales Leben zu führen. Bieten Sie an, alltägliche und normale Dinge gemeinsam zu machen und dabei flexibel zu bleiben.Verzichten Sie auf allgemeine Parolen wie „durchhalten” oder „überwinden”. Verwenden Sie keine krebsbezogenen Begriffe, um die Person zu beschreiben. 
Sprechen Sie offen an, wenn Sie nicht wissen, was Sie sagen sollen. Füllen Sie die Stille nicht mit einer Plattitüde, wenn Sie nicht wissen, was Sie sagen sollen.  

Zusammengefasst:

Frauen und Männer mit metastasiertem Brustkrebs wünschen sich, dass andere ihre Perspektive besser verstehen, um in ihrer Kommunikation einfühlsamer, empathischer und rücksichtsvoller zu sein. Sie haben außerdem den Wunsch, dass Menschen in ihrem Umfeld eher Worte und Sätze verwenden, die positiv und unterstützend sind, als solche, die sie zusätzlich belasten. 

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Die Informationen auf dieser Seite können eine professionelle Beratung durch ausgebildete und anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Auch dienen sie nicht dazu, eigenständig eine Diagnose zu stellen oder eine Therapie einzuleiten.