Mamma Mia › Gebärmutterkrebs › Palliativmedizin bei Gebärmutterkrebs
Bei manchen Frauen ist der Gebärmutterkrebs weiter fortgeschritten und nicht mehr heilbar. Allerdings können krebskranke Menschen in manchen Fällen lange mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung leben. Doch bei einigen lässt sich der Gebärmutterkrebs irgendwann nicht mehr mit Hilfe von Krebstherapien aufhalten. Er greift andere, lebenswichtige Organe an und beeinträchtigt Körperfunktionen. Dann ist es laut der S3-Leitlinie „Endometriumkarzinom“ empfehlenswert, die Palliativbehandlung mit einzubeziehen.
Eine palliative Therapie ist als alleiniges Versorgungskonzept oder ergänzend zu einer Krebstherapie möglich. Im letzten Fall zielt die palliative Tumortherapie darauf ab, den Tumor zu kontrollieren, die Symptome und Beschwerden zu lindern, die Lebensqualität zu bewahren sowie das Leben zu verlängern. Das Behandlungsteam sollte allen Frauen nach der Diagnose eines nicht heilbaren Endometriumkarzinoms eine Palliativversorgung anbieten – unabhängig davon, ob sie gleichzeitig eine Behandlung gegen den Tumor erhalten oder nicht, schreiben die Autoren und Autorinnen der S3-Leitlinie.
Die Palliativmedizin kann sowohl Frauen mit einem fortgeschrittenen Gebärmutterkrebs als auch ihre Angehörigen, Partner oder Partnerin bestmöglich unterstützen. Denn eine schwere Krebserkrankung wie ein unheilbares Endometriumkarzinom kann verschiedene Beschwerden und Belastungen für alle Beteiligten mit sich bringen.
Was ist Palliativmedizin?
Die Palliativmedizin folgt einem besonderen Leitgedanken: Sie möchte Menschen mit einer unheilbaren, lebensbedrohlichen Erkrankung – dazu gehört auch ein weit fortgeschrittener Gebärmutterkrebs – würdevoll auf dem letzten Lebensabschnitt begleiten. Dies beinhaltet, dass ausgebildete Fachleute einen schwerkranken Menschen medizinisch, pflegerisch, psychosozial und auch spirituell begleiten. Die Palliativmedizin verfolgt also einen ganzheitlichen Ansatz, der den gesamten Menschen wahrnimmt und ihn ins Zentrum stellt.
Die palliative Behandlung richtet ihr Augenmerk vor allem auf die Lebensqualität in der verbleibenden Lebenszeit. Daher geht es bei der Palliativtherapie vor allem um diese Aspekte:
- Die Krebserkrankung und das Tumorwachstum bestmöglich zu kontrollieren – mit einer palliativen Tumortherapie.
- Symptome und Beschwerden, zum Beispiel Schmerzen, zu lindern.
- Das Wohlbefinden zu verbessern.
- Ressourcen und Lebensinhalte zu stärken, die den Betroffenen Kraft geben.
- Die Selbstbestimmung so weit wie möglich zu erhalten, um weiterhin eigenständige Entscheidungen treffen zu können.
- Unnötige Belastungen zu vermeiden, zum Beispiel durch Untersuchungen und Behandlungen.
- Zuwendung zu geben und Nähe zu vermitteln.
- Die Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern.
- Das Überleben zu verlängern – bei guter Lebensqualität.
Die Palliativmedizin bezieht auch immer die Bedürfnisse und Wünsche nahestehender Menschen mit ein, zum Beispiel von engen Angehörigen, Partnern oder Partnerinnen. Denn auch sie leiden oft erheblich mit, wenn sie wissen, dass einer nahestehenden Person nur noch eine begrenzte Lebenszeit bleibt. Sie werden in der Zeit vor und nach dem Tod eines schwerkranken Menschen professionell begleitet.
- Der Begriff „palliativ“ stammt von dem lateinischen Wort „pallium“ ab, was so viel wie „mantelartiger Überwurf“ bedeutet. Palliativversorgung heißt also, einen schwerstkranken Menschen (und die Angehörigen) zu umhüllen und zu beschützen.
- Für die Palliativmedizin gibt es noch einige andere Begriffe: Palliativversorgung, Hospizbegleitung oder engl. Palliative Care – die Ziele und Grundsätze sind jedoch gleich, daher werden die Begriffe oft synonym verwendet.
- Das erste Hospiz gründete Cicely Saunders im Jahr 1967 in London. In Deutschland wurden die ersten Hospize und Palliativstationen in den 1980er Jahren eröffnet.
Palliativmedizin – wobei kann sie helfen?
Eine schwere Erkrankung wie ein fortgeschrittener Gebärmutterkrebs kann einige Beschwerden und Belastungen mit sich bringen, bei denen die Palliativbehandlung hilfreich sein kann. Dazu gehören unter anderem:
- Schmerzen aufgrund des Endometriumkarzinoms oder der Metastasen,
- Magen-Darm-Probleme wie Übelkeit, Erbrechen oder Verstopfung,
- Wasseransammlungen im Bauchraum,
- Atemprobleme, zum Beispiel Atemnot,
- Müdigkeit und Erschöpfung,
- Schlafstörungen,
- Ernährungsprobleme,
- Auszehrung (Kachexie),
- psychische Beeinträchtigungen wie Angst, Unruhe oder Depression,
- soziale Fragen zur Versorgung,
- spirituelle Fragen und Sinnfragen.
Fachleute aus der Palliativmedizin versuchen immer, Therapien zu finden, die möglichst wenig belastend sind, aber sowohl die körperlichen als auch die seelischen Probleme der kranken Menschen lindern können.
Angehörige brauchen dagegen oft Unterstützung in anderen Dingen. Sie interessieren sich zum Beispiel eher für praktischen Fragen und wie sie einen erkrankten Menschen so gut wie möglich pflegen und versorgen können. Außerdem brauchen sie oft mehr Informationen und Hilfe beim Suchen und Finden dieser Infos. Hilfestellung kann auch nötig sein, wenn Angehörige selbst seelische Belastungen erfahren.
Palliativmedizinische Versorgung – wer ist beteiligt?
Ein sehr wichtiger Grundsatz der Palliativmedizin ist, das Wohlergehen des erkrankten Menschen und dessen Angehöriger zu erhalten oder zu verbessern. Menschen mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung wie einem Gebärmutterkrebs brauchen eine regelmäßige und zuverlässige Behandlung, die körperliche und seelische Beschwerden lindern oder ihnen vorbeugen kann. Wichtig ist auch eine umsichtige, behutsame und fürsorgliche Pflege, die auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist und die Wünsche und Vorstellungen der erkrankten Menschen berücksichtigt. Es gilt, die Selbstbestimmung so gut und lange wie möglich aufrechtzuerhalten.
In der Palliativmedizin arbeiten daher heute Fachleute verschiedenster Professionen und Berufsgruppen eng zusammen. Gebildet werden interdisziplinäre oder multiprofessionelle Teams.
An diesen sind unter anderem beteiligt:
- Ärztinnen und Ärzte (zum Beispiel aus der Allgemeinmedizin, Onkologie, Gynäkologie),
- Pflegefachkräfte: Sie sind meist besonders wichtig, weil sie oft einen sehr engen Kontakt mit den Erkrankten und Angehörigen haben. So bekommen sie meist als erste Probleme und Sorgen mit.
- Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen,
- Seelsorger und Seelsorgerinnen,
- Fachleute aus der Psychologie und Psychotherapie,
- Musik-, Kunst- und Körpertherapeuten und -therapeutinnen,
- Apothekerinnen und Apotheker,
- Ernährungsfachleute,
- Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen,
- Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen,
- Mitarbeitende eines Hospizes: Sie unterstützen das multiprofessionelle Team ehrenamtlich bei verschiedenen Aufgaben. Sie können zum Beispiel Gespräche mit den Erkrankten und Angehörigen übernehmen, aber auch Menschen vorlesen, sie bei Spaziergängen begleiten oder bei ihnen Nachtwache halten.
Sterbebegleitung – eine wichtige Aufgabe
Das Sterben gehört zum Leben und lässt sich eigentlich als sein natürliches Ende betrachten. Ein wichtiges Ziel der Palliativmedizin ist es, dass Schwerstkranke in Würde „gehen“ können. Sie sollen ihren letzten Lebensabschnitt so weit wie möglich selbst bestimmen und mitgestalten können. Auch die Angehörigen sollten – falls möglich – mit einbezogen werden.
In der Sterbephase, welche die letzten drei bis sieben Tage des Lebens beschreibt, nehmen die körperlichen und geistigen Kräfte eines erkrankten Menschen immer mehr ab. Zur Sterbebegleitung gehören verschiedene Aspekte, zum Beispiel:
- menschliche und menschenwürdige Räumlichkeit und Atmosphäre,
- Zuwendung, Nähe, Kommunikation und Gespräche,
- Körperpflege,
- Lindern möglicher Beschwerden,
- Stillen von Hunger und Durst,
- bestmöglicher Erhalt der Selbstbestimmung.
Das Palliativteam überlegt individuell und immer sehr vorsichtig, ob und welche Eingriffe angemessen sind und welche mehr schaden als nutzen. Beispiele sind Maßnahmen zur Ernährung und Flüssigkeitszufuhr. Die meisten Patientinnen und Patienten nehmen in der Sterbephase nämlich keine Nahrung oder Flüssigkeit mehr auf normalem Weg zu sich. Dies lässt sich auch als Teil des natürlichen Sterbeprozesses betrachten und bedarf nicht unbedingt einer Behandlung. Appetitlosigkeit und ein vermindertes Durstgefühl gehören nach Ansicht von Fachleuten zum Sterbeprozess dazu. Andere Beschwerden wie Atemnot, rasselnde Atmung, trockener Mund, Schmerzen, Angst oder Unruhe lassen sich mit verschiedenen Maßnahmen lindern.
Wo erhalte ich eine palliativmedizinische Betreuung?
Für die palliativmedizinische Versorgung gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Ambulante Palliativversorgung: Schwerkranke Menschen können sich in ihrem häuslichen Umfeld betreuen lassen. Jeder Zweite wünscht sich, zu Hause sterben zu können, wie eine Umfrage des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbandes e. V. aus dem Jahr 2022 ermittelt hat. Nur drei Prozent der Befragten nennen ein Krankenhaus und nur ein Prozent ein Pflegeheim als bevorzugten Ort zum Sterben. Die Wirklichkeit sieht jedoch ein bisschen anders aus: Weit mehr als die Hälfte der Menschen stirbt in einer dieser beiden Institutionen.
- Stationäre Palliativversorgung: Sie kann zum Beispiel in einer Pflegeeinrichtung, einem Krankenhaus oder einem Hospiz erfolgen.
APV und SPV – was ist das?
Für beide palliativen Betreuungsmöglichkeiten – ambulant und stationär – kommen die allgemeine Palliativversorgung (APV) sowie die spezialisierte Palliativversorgung (SPV) in Frage.
Die wichtigsten Unterschiede:
- Allgemeine Palliativversorgung (APV): Schwerkranke Menschen und ihre Familien werden durch Behandelnde betreut, die über allgemeine palliativmedizinische Qualifikationen und Erfahrungen verfügen, sogenannte Basisqualifikationen. Die allgemeine Palliativversorgung können zum Beispiel onkologische Behandlungsteams oder Hausärzte und Hausärztinnen durchführen, die Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten betreuen und über ein fundiertes Grundwissen und entsprechende Basisfertigkeiten in palliativen Behandlungskonzepten verfügen. Die APV eignet sich für Erkrankte mit einzelnen Symptomen und Problemen, die weniger komplex sind.
- Spezialisierte Palliativversorgung (SPV): Sie ist eine zusätzliche Möglichkeit, wenn die Erkrankung sehr komplex und mit mehr Aufwand verbunden ist und weiteres Fachwissen erfordert. Erkrankte und ihre Angehörigen werden in der SPV von Menschen betreut, die speziell für die Palliativversorgung ausgebildet sind. Fachleute aus der Palliativversorgung sollten laut der Patientinnenleitline „Gebärmutterkrebs“ eng in die Betreuung und Behandlung eingebunden sein, zum Beispiel in Tumorkonferenzen. Dort versuchen Fachleute, individuell die bestmögliche Behandlung zu finden.
Viele Menschen mit einer unheilbaren Krebserkrankung können heute dank der Palliativmedizin über längere Zeit mit einer guten Lebensqualität leben. Diese palliative Lebenszeit sei in den letzten Jahren immer länger geworden, berichtet die Deutsche Krebshilfe. Und: Die Palliativmedizin kann in vielen Fällen dabei mithelfen, dass sich die letzte Lebenszeit so gut wie möglich und mit möglichst geringen Beschwerden gestalten lässt.
- S3-Leitlinie Endometriumkarzinom (Stand: 23. Dezember 2020), https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Patientenleitlinien/2020-12-23_PLL_Geb%C3%A4rmutterk%C3%B6rperkrebs_Konsultationsfassung.pdf (Abruf: 15.8.2023)
- Patientenleitlinie Palliativmedizin, https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Patientenleitlinien/Palliativmedizin_Patientenleitlinie_DeutscheKrebshilfe.pdf (Abruf: 15.8.2023)
- Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/therapieformen/palliativtherapie.html (Abruf: 15.8.2023)
- Deutsche Krebshilfe, https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/palliativmedizin/ (Abruf: 16.8.2023)
- Österreichische Krebshilfe, https://www.krebshilfe.net/beratung-hilfe/leben-mit-krebs/palliative-versorgung (Abruf: 16.8.2023)
- Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V., https://www.dhpv.de/presseinformation/wie-deutsche-ueber-das-sterben-denken.html (Abruf: 16.8.2023)
NP-DE-AOU-WCNT-230037/ (08-2023)
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