Bei Patientinnen und Patienten mit Brustkrebs – medizinisch Mammakarzinom – können Lungenmetastasen auftreten, die Inzidenz liegt hier zwischen sieben und 24 Prozent. Je nach Histologie des Mammakarzinoms gibt es unterschiedliche Ausbreitungsmuster. In den letzten Jahren hat sich in der Brustkrebstherapie einiges geändert. Das Behandlungsspektrum setzt sich je nach Brustkrebsart aus Chemo-, Antikörper-, Anti-Hormontherapie, chirurgischer Therapie und Strahlentherapie zusammen. Die Entscheidung zwischen adjuvanter und neoadjuvanter Therapie wird heutzutage, mit besseren Überlebensergebnissen sei es im Gesamtüberleben oder im progressionsfreien Überleben, patientenspezifisch angepasst.
Generell gilt es zunächst, Absiedlungen in der Lunge zu entdecken. Erfreulicherweise wird in den aktuellen Leitlinien, im Gegensatz zu den alten Leitlinien, eine Computertomografie des Thorax in höheren Tumorstadien als Diagnostik empfohlen.
Operative Entfernung der Metastasen
Bezüglich der Resektion, also der operativen Entfernung von Lungenmetastasen, herrscht in der Literatur noch kein einheitliches Konzept. Diese Kontroversen beruhen, wie so oft in der Metastasenchirurgie, darauf, dass eine systemische Erkrankung mit einer lokalen Therapie behandelt werden soll. Nichtsdestotrotz zeigen mehrere Studien, dass die Resektion von Lungenmetastasen mit einem guten Langzeitüberleben vergesellschaftet sein kann. Weitere Studien konnten auch ein längeres Überleben bei der Kombination aus Chemotherapie und Resektion der Lungenmetastasen im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie nachweisen. Aus diesem Grund empfehlen wir Patienten mit Lungenmetastasen interdisziplinär mit Thoraxchirurgen zu sprechen und ein gemeinsames Therapiekonzept festzulegen.
Vor einer Therapie gilt es, Lungenherde histologisch zu sichern. Dies ist wichtig, da sich einerseits die Tumorrezeptoren ändern können und es sich andererseits auch um eine andere Erkrankung handeln kann. Fällt bei Patienten mit Mammakarzinom in der Vorgeschichte ein solitärer pulmonaler Rundherd auf, so handelt es sich bei circa 60 Prozent um ein Zweitkarzinom (meist Lungenkarzinom), bei circa 30 Prozent um eine Metastase des Brusttumors und bei circa zehn Prozent um einen benignen, also gutartigen Befund. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer histologischen Sicherung. Ein weiterer Grund der vorherigen Histologiegewinnung liegt in der sehr schwierigen Differenzierung zwischen Mammakarzinom und Lungenkarzinom in der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung, vor allem wenn es sich um ein Adenokarzinom handelt.
Eine Feinnadelbiopsie zur Gewinnung von Gewebematerial kann je nach Lage des Tumors über eine Bronchoskopie oder Computertomografie (CT) gesteuert erfolgen. Eine Video-assistierte-Thorakoskopie (VATS) kann bei Operabilität und Erreichbarkeit des Rundherdes ebenfalls zur Diagnostik dienen. Ist der Befund nicht über eine VATS zu erreichen, kann letzten Endes auch eine Brustkorberöffnung (Thorakotomie) mit Schnellschnittuntersuchung durchgeführt werden.
Vor einer Metastasenresektion führen wir in unserer Klinik ab Erstdiagnose von Metastasen ein Beobachtungsintervall von zwei Monaten durch. Nach dieser Zeit lässt sich die Dynamik der Erkrankung beurteilen, das heißt ob die Metastasierung in Anzahl zugenommen hat. Hierdurch ist der Zeitpunkt der Resektionsbehandlung bei einer möglich fortschreitenden Erkrankung besser einzuschätzen.
Als Grundvoraussetzung der Metastasenchirurgie gilt die Kontrolle des Primärtumors, eine fehlende alternative Therapieform, komplett resezierbare Metastasen und ein vertretbares allgemeines und funktionelles Risiko. Insgesamt ist die Technik der Metastasenresektion weitestgehend geklärt. Intraoperativ können die Metastasen meistens als sogenannte Keilresektate mit einem Klammernahtgerät lungenparenchymsparend, also gewebesparend, reseziert werden. Liegen Metastasen zentral, muss manchmal auch eine anatomische Resektion, das heißt ein Lungensegment oder ein Lungenlappen entfernt werden. Hierbei gilt es, eine Lungenflügelentfernung zu vermeiden. Des Weiteren gibt es an der Lunge auch die Möglichkeit, Metastasen mittels Laserverfahren zu operieren. Alles in allem ist es entscheidend, die Metastase mit Sicherheitsabstand im Gesunden zu entfernen. Hierzu ist eine gute Palpation, also Tastbarkeit der Lunge entscheidend. Aus diesem Grund sehen wir bei zentral liegenden Metastasen minimal-invasive Resektionen kritisch. Zudem zeigen Studien, dass durch die Palpation der Lunge durch den Operateur manchmal mehr Metastasen als in der Computertomografie entdeckt werden.
Brustbein infiltrierende Rezidive
Neben Lungenmetastasen bei Brustkrebs sind auch in das Brustbein infiltrierende Rezidive oder infiltrierende Metastasen bekannt. Leider erfolgt bei diesen Patientinnen meistens, bevor sie einem Thoraxchirurgen vorgestellt werden, bereits eine Radiochemotherapie. Auch hier empfehlen wir vor Einleitung einer Therapie die interdisziplinäre Rücksprache mit einem erfahrenen Thoraxchirugen, um gemeinsam das Therapiekonzept zu planen. Ist eine Resektion möglich, muss der tumortragende Abschnitt an Brustbein und Brustwand mit den angrenzenden Weichteilanteilen En-bloc, das heißt in einem, reseziert werden. Der Defekt kann durch eine sogenannte „Sandwich-Plastik“ aus Knochenzement und Kunststoffnetz ersetzt und anschließend durch einen Plastischen Chirurgen mit einem gut durchbluteten Muskellappen gedeckt werden. Dass diese Operation mit einer geringen Komplikationsrate und guten Langzeitergebnissen durchführbar ist, konnten wir in einer bei uns durchgeführten Studie bereits nachweisen.
Palliative Metastasenchirurgie
Neben der Resektion von Lungenmetastasen mit kurativem Ansatz, gibt es auch Indikationen zur palliativen Metastasenchirurgie. Hierunter zählen Tumoreinbrüche in den Bronchialbaum mit Blutung oder septischen Komplikationen, Brustwandinfiltrationen und therapieresistente Pleuraergüsse. Im Rahmen des Mammakarzinoms entstehen Pleuraergüsse meistens durch einen Tumorbefall des Rippenfells. Durch den Befall des Rippenfells kann dann die täglich produzierte Flüssigkeit zwischen Rippen- und Lungenfell nicht mehr komplett resorbiert werden. Entsteht bei Patientinnen ein therapieresistenter Pleuraerguss, sollte laut Leitlinie der Patientin eine Pleurodese, das heißt eine Verklebung des Lungen- und Rippenfells angeboten werden. Durch die Verklebung des Lungen- und Rippenfells, was meistens über einen minimal-invasiven Zugang komplikationsarm erfolgt, kann die erneute Ergussbildung vermieden werden. Die höchste Erfolgsrate hat hierbei eine Talkumpleurodese, bei der nach Absaugen der Flüssigkeit Talkumpuder auf das Lungen-und Rippenfell gestäubt wird. Aus der klinischen Erfahrung heraus wird die Pleurodese oft erst sehr spät in Erwägung gezogen, meistens werden Patientinnen vorher immer wieder punktiert. Dies hat zwei bedeutsame Nachteile. Einerseits kann es durch die rezidivierenden Punktionen zu einer so genannten „Fesselung“ der Lunge kommen. Hierbei bildet sich eine Schwarte um die Lungenoberfläche, sodass diese nach Ergussentlastung nicht mehr zur Ausdehnung kommt. Des Weiteren besteht bei jeder Punktion die Gefahr einer Keimverschleppung in den Brustkorb. Dies kann zu schwerwiegenden eitrigen Entzündungen im Brustkorb führen. Von daher ist die frühzeitige Erwägung einer Pleurodese bei Pleuraergüssen zu favorisieren.
Fazit
Lungenrundherde beim Mammakarzinom sollten histologisch gesichert werden. Metastasenchirurgie auch unter palliativer Therapieplanung kann nur im interdisziplinären Konzept erfolgen. Brustwandrezidive können gemeinsam mit Thoraxchirurgen und plastischen Chirurgen komplett reseziert und rekonstruiert werden. Eine Sonderstellung haben hierbei Tumorinfiltrationen durch Lymphknotenmetastasenketten am Brustbein (Sternum). Auch dieser Abschnitt der Brustwand ist sehr gut resektabel und rekonstruierbar. Die Interdisziplinarität ist eine essenzielle Voraussetzung für die beschriebenen Therapieschritte.