Metastasierter Brustkrebs: Umfrage zeigt unerfüllte Bedürfnisse

Redaktion Mamma Mia!

unerfüllte Bedürfnisse
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Metastasierter Brustkrebs ist eine Herausforderung für Betroffene. Eine Studie gibt jetzt interessante Einblicke, wie sie neue Behandlungen, die Lebensqualität und die Kommunikation mit medizinischen Fachkräften oder die Vermittlung von Informationen einschätzen – es gibt Handlungsbedarf.

Die Behandlungen bei metastasiertem Brustkrebs (mBC) verbessern sich immer weiter und verlängern das Überleben der betroffenen Frauen. Doch wie steht es um ihre Lebensqualität? Welche Präferenzen haben sie bei den Therapien und welche Erfahrungen machen sie mit der gesundheitlichen Versorgung im Gesundheitssystem? Diesen Fragen ging jetzt eine neue Studie nach, die sogenannte Patient Preference Study. Sie wurde in den drei Ländern durchgeführt – Deutschland, Italien und im Vereinigten Königreich (UK).

Die Studienergebnisse belegen, dass es Verbesserungsbedarf gibt. „Diese Umfrage zeigt deutlich, dass sich Frauen und Männer mit metastasiertem Brustkrebs mehr Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse in der Versorgung wünschen. Eine gute Aufklärung und eine gemeinsame Entscheidungsfindung sind die Basis für eine gute Lebensqualität in dieser Lebensphase“, sagt Eva Schumacher-Wulf, die Erstautorin der Publikation.

Metastasierter Brustkrebs: Fragen zu Auswirkungen und Lebensqualität

An der Umfrage nahmen 191 erwachsene Personen teil, die an metastasiertem Brustkrebs erkrankt waren. Die große Mehrzahl (98 Prozent) der Teilnehmenden waren Frauen. 70 Prozent der Befragten waren zwischen 41 und 60 Jahren alt. 83 Prozent hatten die Diagnose „metastasierter Brustkrebs“ in den letzten fünf Jahren erhalten. Bei 46 Prozent war der Brustkrebs hormonrezeptorpositiv (HR+) und der humane epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 war nicht übermäßig vorhanden (HER2-negativ/HER2-).

Die Teilnehmenden wurden über verschiedene Patientenvertretungen in den jeweiligen Ländern rekrutiert. 75 Personen lebten Deutschland, 53 in Italien und 63 im Vereinigten Königreich. Zwischen Juli und September 2024 füllten sie Online einen etwa 20-minütigen Fragebogen aus. Sie gaben Auskunft zu ihren demographischen Daten, zu den negativen Auswirkungen ihre Erkrankung (ihrer Krankheitslast), zur Zufriedenheit mit der Therapie, zu ihrer Lebensqualität und über ihre Präferenzen bei den Behandlungen.

Metastasen oft nur in einem Organ, meist in den Knochen

Bei allen Befragten war der Brustkrebs metastasiert. Krebsabsiedelungen können sich bei einem Mammakarzinom an mehreren Stellen im Körper bilden. Oft entstehen sie in den Knochen, in der Lunge, Leber oder seltener im Gehirn. Die Erkrankung gilt dann in der Regel als nicht mehr heilbar, aber behandelbar. Zur Anzahl und zum Ort der Metastasen machten sie folgende Angaben:

  • Die Mehrheit hatte Metastasen in nur einem Organ (57 Prozent). Zwischen den europäischen Ländern gab es jedoch Unterschiede: In Italien hatten 74 Prozent der Befragten Metastasen in einem Organ, in Deutschland waren es 53 Prozent und im Vereinigten Königreich 48 Prozent.
  • Bei 26 Prozent der Befragten waren zwei Organe und bei 17 Prozent drei Organe
  • Metastasen in drei oder mehr Organen hatten 29 Prozent der Studienteilnehmenden im Vereinigten Königreich. In Italien galt dies nur für 13 Prozent und in Deutschland für 9 Prozent der Frauen.
  • Bei den meisten (73 Prozent) hatten sich Metastasen in den Knochen Bei 39 Prozent waren Tochtergeschwulste in der Leber, bei 20 Prozent in der Lunge und bei 7 Prozent im Gehirn nachweisbar.

Medizinische Versorgung bei mBC

Die Forschenden wollten zunächst wissen, wo sich Frauen und Männer mit mBC bevorzugt behandeln lassen. In Italien wurden 58 Prozent der Studienteilnehmenden in spezialisierten onkologischen Klinken wegen ihrer metastasierten Brustkrebserkrankung behandelt. In Deutschland und im Vereinigten Königreich wurden die meisten in privaten onkologischen Kliniken (32 Prozent) und in allgemeinen Krankenhäusern (38 Prozent) behandelt.

In Deutschland gibt es zertifizierte Brustzentren, in denen Fachärztinnen und Fachärzte verschiedener medizinischer Disziplinen sowie Pflege- und Gesundheitsfachkräfte ein Team bilden und eng zusammenarbeiten. In Universitätsstädten bieten onkologische Spitzenzentren (Comprehensive Cancer Center, CCC) eine Behandlung für Menschen mit Krebserkrankungen an. Empfohlen ist es, sich in einem spezialisierten Zentrum behandeln zu lassen, das über viel Wissen und Erfahrung verfügt. Ist kein solches Zentrum in der Nähe, gibt es die Möglichkeit der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV).

Lebensqualität stufen viele als niedrig ein

Was ihre Lebensqualität anging, waren die Befragten oft nicht sehr zufrieden oder optimistisch. 39 Prozent der Befragten aus Deutschland gaben an, eine „schlechte“ oder „sehr schlechte“ Lebensqualität zu haben. In Italien sagten dies 31 Prozent und im Vereinigten Königreich 30 Prozent. Besonders einschränkend auf die Lebensqualität wirkten sich Metastasen in der Lunge oder im Gehirn aus: 50 Prozent stufte sie als gering oder sehr gering ein.

Der Begriff Lebensqualität umfasst verschiedene Aspekte, die sich positiv und negativ auf das Wohlbefinden auswirken können. Dazu gehören zum Beispiel gesundheitliche, psychische, soziale, finanzielle, familiäre, berufliche und andere gesellschaftliche Faktoren.

Die Nebenwirkungen der Krebsbehandlungen bei mBC können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Am häufigsten berichteten die Befragten von diesen Nebenwirkungen:

  • Fatigue (84 Prozent) – eine tiefgreifende Erschöpfung, die den Körper, Geist und die Seele erfasst.
  • Schmerzen (71 Prozent) – Knochenmetastasen können sehr schmerzhaft sein.
  • Sexuelle Lustlosigkeit (70 Prozent)

 

Manche Nebenwirkungen empfanden die Befragten als besonders beeinträchtigend. 58 Prozent stuften die Fatigue, 35 Prozent Schmerzen und 32 Prozent Durchfall und/oder Verstopfung als besonders störend ein.

Wie werden neue Behandlungen empfunden?

Ein Fragenkomplex bezog sich auf den Umgang mit neuen Behandlungen. Hier antworteten die Befragten so: Wenn ihnen eine neue Behandlung angeboten wurde, sorgten sich 58 Prozent im Vereinigten Königreich über die möglichen Nebenwirkungen der neuen Therapie. In Deutschland zeigten sich 42 Prozent und in Italien 38 Prozent besorgt bezüglich eventuellen Nebenwirkungen.

Zielgerichtete Therapien stuften die meisten als Fortschritt in der Krebstherapie ein: 88 Prozent in UK, 90 Prozent in Italien und 100 Prozent in Deutschland. Zielgerichtete Therapien machen sich die besonderen biologischen und molekulargenetischen Eigenschaften von Krebszellen zunutze, die sich im Labor identifizieren lassen. Auf diese Merkmale lässt sich die Brustkrebsbehandlung anschließend individuell zuschneiden. Die meisten Patientinnen und Patienten wünschten sich, eine Chemotherapie so lang wie möglich vermeiden zu können. Dies galt für 66 Prozent der Befragten aus dem Vereinigten Königreich, 74 Prozent aus Italien und 81 Prozent aus Deutschland.

Ist eine Mitentscheidung bei den Therapien möglich?

Die meisten hatten das Gefühl, an den Therapieentscheidungen ihrer Onkologinnen und Onkologen beteiligt zu sein. Diese Angaben variierten von 68 Prozent in Italien, 72 Prozent in UK bis 76 Prozent in Deutschland. Diese partizipative oder partnerschaftliche Entscheidungsfindung (Shared Decision Making, SDM) ist heute ein wichtiges Ziel in der Kommunikation zwischen Ärztinnen, Ärzten, Patientinnen und Patienten. Bekannt ist aus vielen Umfragen, dass kranke Menschen bei Fragen, die ihre eigene Gesundheit betreffen, mitreden möchten. SDM besitzt mehrere Vorteile. So fühlen sich Patientinnen und Patienten zum Beispiel aktiv am Behandlungsprozess beteiligt, bleiben häufiger bei ihrer vereinbarten Therapie (Adhärenz) und sind insgesamt zufriedener.

Gesundheitsversorgung und Kommunikation

Einige kritische Punkte benannten die Befragten, wenn es um die Gesundheitsversorgung ging. Sie wünschten sich vor allem eine Behandlung in einem Spezial- oder Exzellenzzentrum, an dem alle innovativen Behandlungen verfügbar und für sie zugänglich sind. Außerdem hatten sie den Wunsch nach mehr Kontinuität bei der Behandlung, also keinen Wechsel des behandelnden Arztes oder der behandelnden Ärztin.

Mit der Kommunikation zwischen ihnen selbst und ihren Onkologinnen und Onkologen waren die Befragten in allen drei Ländern zufrieden. Dies bezog sich auf die klare, nicht allzu fachspezifische Sprache. Unzufrieden waren sie allerdings damit, wie und welche Information das medizinische Personal sowie ihr Hausarzt oder ihre Hausärztin über ihren Gesundheitszustand kommunizierten.

Das zeigte sich zum Beispiel dadurch, dass 75 Prozent der Befragten in Deutschland und UK erst einmal Suchmaschinen bedienen mussten, um Informationen über metastasierten Brustkrebs und seine Behandlungen zu finden. In Italien ist die Lage dagegen etwas anders: 66 Prozent vertrauen auf ihren Onkologen, ihre Onkologin oder das medizinische Personal als Hauptquelle für medizinische Informationen zu ihrem Krankheitsbild.

Am häufigsten suchten sie nach Informationen zu möglichen Nebenwirkungen von Behandlungen und wie sich diese managen lassen. Von Interesse waren auch Informationen zur Diagnose von metastasiertem Brustkrebs und zur Prognose. Die Befragten wollten außerdem wissen, wie sich ihre Lebensqualität verbessern lässt.

Bemängelt wurde, dass bestimmte Informationen schwer auffindbar oder kaum verfügbar waren. Dazu gehörten Auskünfte zur finanziellen Unterstützung (47 Prozent in Deutschland), über den Zugang zu klinischen Studien (28 Prozent in Italien) und zu genomischen Tests (42 Prozent in UK). Die meisten bevorzugten eine seriöse, vertrauenswürdige und verlässliche Webseite, wenn es um zusätzliche Informationen zu ihrer Erkrankung und zu ihren Behandlungen ging. 

Und zuletzt: Befragt zu ihrem Leben mit metastasiertem Brustkrebs und ihren Erfahrungen, deuteten die Teilnehmenden in Deutschland und UK folgendes an: Sie empfanden oft, dass andere Menschen die Herausforderungen nicht begreifen würden, mit denen sie aufgrund ihrer Erkrankung und der Behandlungen konfrontiert sind. In Italien betonten die Befragten jedoch: Das Wissen, dass es Therapien gibt, die ihnen noch mehr Lebensjahre schenken könnten, helfe ihnen, konzentriert und positiv zu bleiben.

Die Studienautorinnen und -autoren ziehen aus der Umfrage mehrere Schlussfolgerungen:
    • Die Ergebnisse unterstreichen, dass es unerfüllte Wünsche und Bedürfnisse bei der Gesundheitsversorgung von Menschen mit metastasiertem Brustkrebs gibt.
    • Besonders wichtig sei es, die zentralen Elemente der gesundheitlichen Versorgung an der Patientenzufriedenheit auszurichten.
    • Die Entscheidungsträger in der Gesundheitsversorgung sollten die Präferenzen von Patientinnen und Patienten in den Vordergrund stellen, in dem sie sich auf Faktoren konzentrieren, die geeignete gesundheitliche Unterstützung bieten und den Zugang zu Gesundheitsleistungen ermöglichen.
    • So ließe sich die Zufriedenheit mit der Behandlung steigern und die Lebensqualität von Menschen mit metastasiertem Brustkrebs verbessern.
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Die Informationen auf dieser Seite können eine professionelle Beratung durch ausgebildete und anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Auch dienen sie nicht dazu, eigenständig eine Diagnose zu stellen oder eine Therapie einzuleiten.