Gebärmutterkrebs: Was sind Shared Decision Making und Zweitmeinung?

Redaktion Mamma Mia!

Shared Decision Making (SDM) bedeutet, gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam eine Entscheidung zu finden, etwa über die Behandlungen. Lesen Sie, wie SDM funktioniert, was es bewirken kann und warum eine Zweitmeinung bei Krebs sinnvoll sein kann.
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Shared Decision Making (SDM) bedeutet, gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam eine Entscheidung zu finden, etwa über die Behandlungen. Lesen Sie, wie SDM funktioniert, was es bewirken kann und warum eine Zweitmeinung bei Krebs sinnvoll sein kann.

Menschen mit einer Krebserkrankung wie Gebärmutterkrebs müssen meist viele Arztgespräche führen. Sie sollten Ihre Diagnose genauso wie alle Behandlungen verstehen, die Ärztinnen und Ärzte Ihnen vorschlagen. Doch dazu gehört eine gute, verständnisvolle und vertrauensvolle Kommunikation, die am besten auf Augenhöhe stattfindet. Diesen noch relativ neuen Ansatz in der Arzt-Patienten-Kommunikation verfolgt das Shared Decision Making, abgekürzt SDM. Übersetzt bedeutet der Begriff so viel wie „partizipative“ oder „partnerschaftliche“ Entscheidungsfindung.

Gemeinsam statt einsam handeln

Das Shared Decision Making geht weg vom „paternalistischen“ Kommunikationsstil, der früher oft von Ärztinnen und Ärzten gepflegt wurde. Dabei bekamen Patienten und Patientinnen Therapien „von oben herab“ verordnet und sollten diese möglichst ohne Widerspruch annehmen und beherzigen. 

In der heutigen Zeit wird diese Art der Kommunikation zwar auch noch gepflegt. Dieses Verständigungsprinzip birgt aber die Gefahr, an Ihren Wünschen und Bedürfnissen vorbei zu handeln. Dies kann für Unzufriedenheit sorgen, und zwar auf beiden Seiten. Sie wenden sich vielleicht anderen Behandlungen zu, die Ihnen plausibler und angenehmer erscheinen, während Ärztinnen und Ärzte Sie vielleicht als undankbar empfinden. Jedenfalls trägt dies nicht zu einem vertrauensvollen Verhältnis bei, das aber für Krebsbehandlungen oft unabdingbar ist.

Wie funktioniert Shared Decision Making?

Bei der partizipativen Entscheidungsfindung sprechen Sie mit Ihrem Behandlungsteam offen,
auf Augenhöhe und handeln auch gemeinsam. Daher steckt der Gedanke, gemeinschaftlich als
Team zu agieren und auch Entscheidungen zusammen zu verantworten. Ein gleichberechtigter
Dialog hilft Ihnen, Ihre Erwartungen realistisch einzuordnen und vielleicht auch unangenehme
Begleiterscheinungen von Therapien besser annehmen zu können. Shared Decision Making ist
also keine kommunikative Einbahnstraße, sondern ein partnerschaftlicher Dialog.

Shared Decision Making bedeutet aber nicht, dass Sie genauso viel wissen müssen wie ihr
medizinisches Gegenüber. Ihr Behandlungsteam besitzt weiterhin die medizinische Expertise. Sie übernehmen jedoch eine aktivere Rolle, mehr Eigenverantwortung und sind ein
wesentlicher Teil des gesamten Entscheidungsprozesses. Wichtig ist, dass Sie sämtliche medizinischen Informationen zur Verfügung haben, die für Ihre Entscheidungsfindung von
Bedeutung sind. Und: Sie sollten diese auch verstanden haben. 

Daher sollte Ihr Behandlungsteam Ihnen laienverständlich sämtliche Diagnosen, Untersuchungen und Behandlungen sowie die Vor- und Nachteile erklären. Auch über mögliche
Alternativen sollten Sie Informationen erhalten. Diese Aufklärungspflicht von Ärzten und
Ärztinnen ist im Patientenrechtegesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert.

Umgekehrt sollte Ihr Behandlungsteam auch Ihre persönlichen Wertvorstellungen, Ihre
Lebensumstände und Ihre Wünsche kennen. Denn diese sollten Ärztinnen und Ärzte bei der
Planung einer Krebstherapie berücksichtigen. Beim Shared Decision Making bringen Sie sich
also aktiv ins Gespräch ein. Sie teilen Ihre Gedanken, Ängste, Sorgen, Bedürfnisse und
Erwartungen offen und ehrlich mit.

Daneben sollte Ihr Behandlungsteam Ihnen Entscheidungshilfen an die Hand geben. Es gibt
laienverständliche Informationen zu Krankheitsbildern wie Gebärmutterkrebs als Broschüren
oder Flyer. Auch Adressen im Internet mit seriösen, verlässlichen und medizinisch fundierten
Informationen sollte Ihr Behandlungsteam Ihnen nennen können.

Ziel ist es, nach dem Abwägen aller Vor- und Nachteile eine mündige, informierte und fundierte
Entscheidung über Untersuchungen und Therapien treffen zu können. Letztlich entscheiden Sie
selbst, welche Behandlungen Sie durchführen möchten – und welche nicht. Am besten tun Sie
dies im Rahmen des Shared Decision Making gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam.

Shared Decision Making – kurzgefasst
  • Aktive Beteiligung beider Parteien am gesamten Prozesse der Entscheidungsfindung
  • Gleichberechtigter Dialog – partnerschaftliches Miteinander
  • Gegenseitiges Informieren im Verlauf des Entscheidungsfindungsprozesses
  • Gemeinsame Entscheidungsfindung von Ärztinnen, Ärzten, Patientinnen und
    Patienten über Untersuchungen oder Behandlungen
  • Zustimmung zur Entscheidung über die Behandlung und Bereitschaft, diese aktiv
    umzusetzen

Was kann Shared Decision Making bewirken?

Das Wissenschaftliche Institut der AOK (Wido) nennt einige mögliche positive Effekt der
partizipativen Entscheidungsfindung:

  • Wissensgewinn und mehr Teilhabe
  • Stärkere Autonomie
  • Höhere Zufriedenheit bei Patientinnen und Patienten
  • Bessere Lebensqualität
  • Größeres Verständnis der eigenen Erkrankung
  • Mehr Kontrolle über die eigene Krankheit
  • Weniger Ängste
  • Höhere Therapietreue („Compliance“) – Patientinnen und Patienten bleiben eher bei
    ihrer Therapie und brechen sie seltener ab
  • Auch Komplikationen scheinen seltener aufzutreten
 
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Wer soll entscheiden? Das wünschen sich Patienten und Patientinnen

Die Bertelsmann Stiftung hat in ihrem Gesundheitsmonitor ermittelt, wie Patienten und
Patientinnen dem Shared Decision Making gegenüberstehen. Die Zahlen aus dem Jahr 2012
ergeben folgendes Bild:

  • 52 Prozent der Befragten wünschen sich, dass Ärzte/Ärztinnen und
    Patienten/Patientinnen gemeinsam entscheiden. Über einen Befragungszeitraum von
    zehn Jahren liegt der Anteil der Menschen, die sich eine gemeinsame
    Entscheidungsfindung wünschen, konstant bei etwa 55 Prozent.
  • 25 Prozent möchten, dass Ärzte/Ärztinnen allein entscheiden.
  • 18 Prozent sagen: Ich als Patient oder Patientin entscheide allein.
  • 5 Prozent können sich nicht entscheiden, was sie bevorzugen würden.

 

Auch Menschen mit einer Krebserkrankung wurden befragt, inwieweit sie sich eine Beteiligung
bei der Entscheidung über ihre Behandlungen wünschen. Das Bundesgesundheitsministerium
nennt folgende Zahlen dazu:

  • 36,4 Prozent sagen: Ich möchte, dass mein Arzt und ich gemeinsam die Verantwortung
    dafür tragen, zu entscheiden, welche Behandlung für mich am besten ist.
  • 33 Prozent stimmen dieser Aussage zu: Ich möchte letztendlich selbst über meine
    medizinische Behandlung entscheiden, nachdem ich mich ernsthaft mit der Meinung
    meines Arztes auseinandergesetzt habe.
  • 23,2 Prozent erklären: Ich möchte, dass mein Arzt die endgültige Entscheidung über
    meine medizinische Behandlung trifft, meine Meinung dabei aber mit einbezieht.

 

Vielen Menschen mit einer Krebserkrankung ist also die partizipative Entscheidungsfindung
sehr wichtig.

Zweitmeinung bei Krebs

Bei einer Krebserkrankung wie Gebärmutterkrebs gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten.
Sie reichen von der Operation und Bestrahlung über die Chemotherapie bis hin zur Immuntherapie. Nicht immer ist es leicht, sich selbst nach ausführlicher Information für oder gegen eine Krebsbehandlung zu entscheiden. Viele fühlen sich unsicher, ob der Behandlungsvorschlag, der auf dem Tisch liegt, wirklich die richtige für sie ist.

Hier kann eine Zweitmeinung von einem anderen Krebsspezialisten oder einer Krebsspezialistin
zu einer vorgeschlagenen Behandlung hilfreich sein. Manchmal lassen sich so Fragen besser klären, etwa ob diese Behandlung wirklich notwendig ist, ob die Therapie für Sie die richtige ist oder ob es vielleicht noch Alternativen zum Therapievorschlag gibt.

Eine Zweitmeinung einzuholen ist übrigens kein Misstrauen gegenüber Ihrem Behandlungsteam, sondern es ist Ihr Recht. Seit dem Jahr 2016 ist dieses im Sozialgesetz festgeschrieben (§27b SGB V). Wer eine schwerwiegende Diagnose wie Gebärmutterkrebs bekommen hat und verschiedene Krebsbehandlungen durchlaufen soll, darf einen zweiten Arzt oder eine Ärztin zu den Therapievorschlägen des behandelnden Arztes oder der Ärztin befragen.

Eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung und der Barmer GEK zum Thema Zweitmeinungen
ergab, dass:

  • 89 Prozent der Befragten es grundsätzlich sinnvoll finden, vor wichtigen
    Untersuchungen und Behandlungen eine Zweitmeinung einzuholen.
  • 72 Prozent der Menschen ihre ursprüngliche Behandlungsentscheidung ganz oder
    teilweise aufgrund des Rates eines zweiten Spezialisten oder einer zweiten Spezialistin
    ändern.

 

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, Sie beim Einholen einer Zweitmeinung zu unterstützen.
Sie können Ihnen zum Beispiel Anlaufstellen nennen und Tipps für die Suche geben. Außerdem
sollten Sie Ihnen dabei helfen, sämtliche relevanten Untersuchungsergebnisse, Befunde oder
Arztbriefe zu übermitteln.

Zweitmeinungen für Menschen mit einer Krebserkrankung bietet das Internetportal
www.krebszweitmeinung.de an. Dieses Projekt ist eine Initiative der Deutschen
Krebsgesellschaft (DKG). Es arbeitet nach eigenen Angaben bundesweit mit mehr als 140 onkologischen Spitzenzentren zusammen, um Menschen mit Krebs die für ihre Tumorart
geeigneten Spezialisten oder eine Spezialistin zu nennen. Sie können telefonisch oder per E-Mail Kontakt mit der Organisation aufnehmen. Auch ein persönlicher Besuch ist möglich.

Die Zweitmeinung kann übrigens auch dann helfen, wenn das zweite medizinische Team die
vorgeschlagene Therapie bestätigt. So gewinnen Sie noch mehr Sicherheit bei der Entscheidung
für oder gegen eine Behandlung.

NP-DE-AOU-WCNT-230045 /10-2023

Mit freundlicher
Unterstützung von GlaxoSmithKline

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Die Informationen auf dieser Seite können eine professionelle Beratung durch ausgebildete und anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Auch dienen sie nicht dazu, eigenständig eine Diagnose zu stellen oder eine Therapie einzuleiten.