Pflegegrad bei Krebs

Pflegegrad bei Krebs
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Eine Krebserkrankung wie Brustkrebs kann mit einer Pflegebedürftigkeit einhergehen. Die Voraussetzung für Pflegeleistungen ist, dass die Pflegekasse einen Pflegegrad gewährt. Erfahren Sie, wie Sie einen Antrag stellen und welche Leistungen möglich sind.

Eine Krebserkrankung wie Brustkrebs kann dazu führen, dass Sie Unterstützung oder professionelle Pflege in Ihrem Alltag brauchen. Manche Menschen mit Krebs können ihren Alltag nicht mehr ausreichend selbst bewältigen oder brauchen Hilfe bei der Körperpflege oder der Anwendung ihrer Therapien, zum Beispiel bei der Einnahme ihrer Medikamente. Manchmal sind auch medizinische Hilfsmittel wie ein Pflegebett notwendig.  

Die Pflegeversicherung in Deutschland übernimmt die Kosten für Pflegeleistungen unter bestimmten Voraussetzungen. Welche das genau sind und wie hoch die finanzielle Unterstützung ist, kann vom Ausmaß Ihrer Krebserkrankung und Ihrem individuellen Gesundheitszustand abhängen. Die Voraussetzung für die Einstufung als „pflegebedürftig“ ist, dass der Medizinische Dienst (MD) Sie vor Ort besucht und anschließend ein Gutachten erstellt. Medizinische Fachleute studieren Ihre Befunde und stellen Ihnen einige Fragen zu Ihren körperlichen, psychischen und geistigen Einbußen. Auf dieser Basis nehmen sie die Einstufung in einen Pflegegrad und das Gewähren von Leistungen vor. Insgesamt gibt es fünf Pflegegrade. Sie haben die früheren „Pflegestufen“ ersetzt.  

Voraussetzungen für einen Pflegegrad bei Krebs

Eine Pflegebedürftigkeit hängt nicht vom Alter ab, sondern kann prinzipiell in allen Phasen des Lebens auftreten. So können auch junge Menschen in die Situation geraten, auf die Hilfe von anderen Personen angewiesen zu sein.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) schreibt zur Definition von Pflegebedürftigkeit: 
  • Es gelten Personen als pflegebedürftig, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder ihrer Fähigkeiten aufweisen, und deshalb der Hilfe anderer Menschen bedürfen.
  • Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monatebestehen.
  • Außerdem wurden Kriterien für die Schwere in § 15 SGB XI definiert. Das Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI) legt fest, wie der Grad der Pflegebedürftigkeit ermittelt wird.  

Vereinfacht gesagt bedeutet Pflegebedürftigkeit, dass Ihre Selbstständigkeit, Autonomie oder Fähigkeiten so stark beeinträchtigt sind, dass Sie die Unterstützung von anderen Personen in Ihrem Alltag benötigen. Diese Einschränkungen können den Körper, die Psyche und den Geist betreffen. Wichtig ist, dass das Gesetz heute nicht mehr nur körperliche Einbußen gelten lässt, sondern auch psychische und geistige Einschränkungen. Bekannt ist zum Beispiel, dass sich eine Brustkrebserkrankung auf alle drei Ebenen auswirken kann. 

Krebstherapien wie eine Chemotherapie, Strahlentherapie, Immuntherapie oder zielgerichtete Medikamente, die oft bei Brustkrebs zum Einsatz kommen, sind körperlich herausfordernd und können einige Nebenwirkungen und Folgen mit sich bringen. Diese können wiederum Ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten im Alltag deutlich einschränken. So kann zum Beispiel eine Chemotherapie mit einer Fatigue verbunden sein – eine übermäßige Müdigkeit, Erschöpfung, Abgeschlagenheit und Antriebslosigkeit, die sich gravierend auf den Alltag auswirken kann. Auch Schmerzen, zum Beispiel aufgrund von Metatastasen in den Knochen, können die Alltagsfähigkeiten beeinflussen.  

Manche Frauen mit Brustkrebs leiden bei einer Chemotherapie zusätzlich unter Denk-, Konzentrations-, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen. Diese geistigen Einbußen heißen auch „Chemobrain“. Die Ursachen dafür sind noch nicht genau bekannt.  Zudem erleben viele psychische Belastungen aufgrund ihrer Krebserkrankung. Ängste, zum Beispiel vor einem Krebs-Rückfall oder vor dem Tod, sind keine Seltenheit. Auch finanzielle Sorgen oder depressive Verstimmungen bis hin zur Depression betreffen viele Menschen mit einer Krebserkrankung. 

Medizinische Kriterien für Pflegebedürftigkeit

Krankheiten wie Krebs lassen sich nicht allgemein einem bestimmten Pflegegrad zuordnen. Ein Beispiel: Wenn zwei Frauen an der gleichen Krankheit Brustkrebs leiden, können sie dennoch völlig verschiedene Pflegegrade erhalten. Entscheidend für die Höhe des Pflegegrades ist nur, wie stark die Erkrankung die Selbstständigkeit oder Fähigkeiten im Alltag einschränkt. Auch wenn Sie mit Hilfsmitteln, zum Beispiel einem Rollator, noch selbstständig zu Hause zurechtkommen, kann der Pflegegrad niedriger ausfallen. 

Bei der Pflegebedürftigkeit gibt es keine Unterschiede zwischen verschiedenen Krebsarten. Es ist also nicht entscheidend für den Pflegegrad, ob ein Mensch an Brustkrebs, Gebärmutterkrebs oder Prostatakrebs erkrankt ist. Auch das Alter ist kein Kriterium – so erhalten junge krebskranke Menschen genauso pflegerische Leistungen wie ein älterer Mensch mit einer Krebserkrankung.  

Wohl aber kann das Stadium der Krebserkrankung eine Rolle spielen. Ein Beispiel: Bei fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs müssen die (palliativen) Behandlungen oft intensiver ausfallen und sind meist ein Leben lang notwendig. Eine metastasierte Krebserkrankung gilt in der Regel als nicht mehr heilbar, aber behandelbar. Der gesundheitliche Zustand bei einer metastasierten Erkrankung kann sich aber so weit verschlechtern, dass Sie pflegebedürftig werden und Unterstützung brauchen.  

Manche Menschen sind nicht nur an Krebs erkrankt, sondern bringen noch weitere Grunderkrankungen mit. Dies können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus oder eine Demenz sein. Alle Faktoren können sich auf den Pflegegrad auswirken.

Anzahl der Pflegegrade und was sie bedeuten

Früher gab es in Deutschland mehrere Pflegestufen. Im Jahr 2017 wurden diese durch Pflegegrade ersetzt. Insgesamt gibt es jetzt fünf Pflegegrade. Sie bilden ab, in welchem Umfang die Selbstständigkeit oder die körperlichen, psychischen und geistigen Fähigkeiten einer Person eingeschränkt sind und wie umfangreich sie pflegebedürftig ist.

Pflegegrad  Bedeutung 

Pflegegrad 1

Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 2Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten  
Pflegegrad 3Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten  
Pflegegrad 4Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten  
Pflegegrad 5Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung  

Je höher die Pflegebedürftigkeit, desto höher ist der Pflegegrad und desto höher sind auch die gewährten Leistungen, um die Pflege und Betreuung zu finanzieren. Allgemein unterscheiden die Pflegekassen Geld- und Sachleistungen 

Den Pflegegrad ermitteln Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes mit Hilfe eines Instruments, das wiederum in sechs Module zu verschiedenen Lebensbereichen gegliedert ist. Diese sind: 

  1. Mobilität 
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten 
  3. Verhaltensweisen und psychische Belastungen 
  4. Selbstversorgung 
  5. Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen, etwa der Einnahme oder Anwendung von Medikamenten 
  6. Gestaltung des Alltagslebens 

 

Die Berechnung des Pflegegrades ist komplex. Hinter jeder Pflegestufe sind bestimmte Punktzahlen hinterlegt. 

Grafik Pflegegrad bei Krebs
© Vorage: BMG
Tipps!
  • Lassen Sie sich beraten, bevor Sie einen Pflegegrad beantragen. Unterstützung bieten zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz oder Sozialverbände wie der VDK. 
  • Im Internet gibt es Pflegegrad-Rechner, durch die Sie eine erste Einschätzung der Einschränkungen erhalten. Sie beantworten einige Fragen und können so die Chancen auf die Gewährung eines Pflegegrades besser vorab abschätzen. 

Pflegegrad beantragen – so funktioniert es

Den Pflegegrad beantragen können Sie in Deutschland inzwischen relativ einfach auf verschiedenen Wegen – analog oder digital. Wichtig: Um Leistungen aus der Pflegekasse zu erhalten, müssen Sie mindestens zwei Jahre innerhalb der letzten zehn Jahre in die Pflegekasse eingezahlt haben. 

Antragstellung bei der Pflegekasse

  • Den Antrag auf Pflegebedürftigkeit, eine Pflegebegutachtung und die Gewährung eines Pflegegrades stellen Sie bei der Pflegekasse. 
  • Die Pflegekasse ist Ihrer gesetzlichen Krankenkasse angeschlossen. Sie können also die Kontaktdaten Ihrer Krankenkasse nutzen, zum Beispiel der Barmer, AOK oder DAK. Privatversicherte wenden sich an ihre private Pflegeversicherung, wenn sie einen Antrag auf Pflegebedürftigkeit und einen Pflegegrad stellen möchten. 
  • Nehmen Sie Kontakt mit Ihrer Krankenkasse auf. Sie können zum Beispiel anrufen, einen formlosen Brief schreiben oder ein Fax senden. Viele Krankenkassen bieten inzwischen ein Musterformular als PDF im Internet an, das Sie in Ruhe zuhause ausfüllen und dann versenden können. Sie können den Antrag im Mitgliederbereich Ihrer Krankenkasse oft auch Online stellen. Zudem ist es möglich, dass eine andere Person den Antrag auf Pflegebedürftigkeit für einen kranken Menschen stellt.  
  • Ist der Antrag eingegangen, erhalten Sie eine Antwort von Ihrer Pflegekasse, meist per Post und binnen zwei Wochen.  
  • In diesem Schreiben erhalten Sie einen Terminvorschlag für die Pflegebegutachtung. Sollte er Ihnen nicht recht sein, kontaktieren Sie Ihre Pflegekasse und vereinbaren einen alternativen Termin. Außerdem erhalten Sie einige Dokumente sowie Informationen, welche Unterlagen Sie bereithalten sollten.  

Begutachtungsprozess durch den Medizinischen Dienst

  • Eine Gutachterin oder ein Gutachter kommt am vereinbarten Termin zu Ihnen zur Pflegebegutachtung nach Hause.
  • Geprüft wird, in welchen Lebensbereichen Sie körperliche, psychische oder geistige Einschränkungen haben und wie stark diese ausgeprägt sind. Kurz: Wie stark Ihre Fähigkeiten im Alltag beeinträchtigt sind und in welchen Bereichen Sie Unterstützung brauchen. 
  • Das Gespräch mit Ihnen, die medizinischen Befunde und die Eindrücke, die ein Gutachter oder eine Gutachterin von Ihnen bekommt, sind die Grundlage für die spätere Einstufung in einen Pflegegrad durch den Medizinischen Dienst.  
  • Den Bescheid über einen Pflegegrad erhalten Sie in der Regel etwa drei Wochen nach dem Begutachtungstermin. Auch das Pflegegutachten des Experten oder der Expertin ist dem Schreiben beigefügt. Sie können daraus ersehen, wie viele Punkte Sie auf welchem Gebiet erreicht haben und somit, wie die Einschätzung zustande gekommen ist.

Widerspruch bei Ablehnung des Pflegegrads

Wenn Ihr Antrag auf einen Pflegegrad abgelehnt wird oder der gewährte Pflegegrad in Ihren Augen zu niedrig ausfällt, können Sie formlos Widerspruch gegen den Bescheid einlegen. Es gilt eine Frist von vier Wochen ab dem Tag, ab dem der Bescheid zugestellt wurde. Sie müssen den Widerspruch schriftlich begründen. Mögliche Gründe können sein: Die betreffende Person war am Tag der Begutachtung ungewöhnlich schlecht beieinander oder der Gesundheitszustand hat sich seit der Begutachtung verschlechtert. Die Pflegekasse braucht meist einige Wochen (sie hat maximal drei Monate Zeit), um den Bescheid zu prüfen und zu bearbeiten.  

Schon gewusst?
  • Die Gesundheitssituation eines pflegebedürftigen Menschen kann sich verschlechtern, aber auch wieder verbessern. Dies müssen Sie der Pflegekasse mitteilen. Der Pflegegrad kann sich in diesen Fällen erhöhen oder vermindern.  
  • Für eine Höher- oder Rückstufung müssen Sie sich erneut vom Medizinischen Dienst begutachten lassen.

Welche Leistungen gibt es bei einem Pflegegrad?

Der Pflegegrad sagt etwas darüber aus, in welchem Umfang Sie Unterstützung brauchen. Je höher die Punktzahl und der Pflegegrad sind, desto höher fällt auch der Unterstützungsbedarf aus und desto höher sind auch die Pflegeleistungen.  

Sie können zwischen der Pflege zu Hause und der Pflege in einer stationären Einrichtung in einem Pflegeheim wählen. Diese Entscheidung zur häuslichen oder stationären Pflege sollten Sie immer gemeinsam mit Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen treffen. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Nicht immer leben Angehörige in der Nähe, die eine häusliche Pflege zumindest teilweise übernehmen können. Es gibt jedoch die Möglichkeit, einen mobilen Pflegedienst zu beauftragen. 

Bei einem Pflegegrad 1 gibt es weniger Leistungen, weil die Person ihren Alltag noch weitgehend alleine bewältigen kann und nur eine geringe Pflegebedürftigkeit vorliegt. Die Leistungen sollen dabei mithelfen, die Selbstständigkeit zu erhalten und zu verhindern, dass sich der Pflegegrad rasch weiter erhöht.  

Bei Pflegegrad 2 bis 5 haben Sie Anspruch auf alle Leistungen der Pflegeversicherung. Sie müssen wählen, wie Sie diese nutzen möchten. Beispiele: 

  • Vollstationäre Pflege in einer Pflegeeinrichtung 
  • Häusliche Pflege durch Angehörige oder einen Pflegedienst 
  • Kombination aus häuslicher Pflege durch Angehörige und einen Pflegedienst 

 

Es gibt mehrere Arten von Pflegeleistungen, über die Sie sich gut informieren und beraten lassen sollten – eine Auswahl 

  • Pflegegeld (zum Beispiel Pflege durch Angehörige)  
  • Pflegesachleistungen – für die Pflege durch professionelles Pflegepersonal 
  • Unterstützung für Angehörige  

Zudem gibt es Leistungen, die unabhängig vom Pflegegrad sind und für die ein Maximalbetrag gilt. Beispiele: Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege oder der Entlastungsbetrag. Dieser ist ein Budget für Angebote zur Betreuung und Unterstützung im Alltag, etwa für eine Haushaltshilfe. Mit dem Entlastungsbudget lassen sich aber auch andere Leistungen aufstocken oder ergänzen. Auch Maßnahmen, um das Wohnumfeld umzugestalten, zum Beispiel in Richtung Barrierefreiheit, gehören hierzu.  

Zusammengefasst: Es gibt viele verschiedene Pflegeleistungen, bei der Sie einen gewissen Spielraum und Wahlfreiheit haben. Die Leistungen sollten individuell auf den Bedarf zugeschnitten sein. Lassen Sie sich dazu am besten beraten.

  1. Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Online Ratgeber Pflege, Pflegebedürftig was nun, Pflegebedürftigkeit, abgerufen am 5.4.2025
  2. Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Pflege, Online Ratgeber Pflege, abgerufen am 5.4.2025
  3. Bundesministerium der Justiz (BMJ), SGB 11, 15, abgerufen am 5.4.2025
  4. Gesund.bund.de, Pflegegrade im Überblick, abgerufen am 6.4.2025 
  5. Medizinischer Dienst (MD), Versicherte, Pflegebegutachtung
  6. Verbraucherzentrale, Gesundheit Pflege, Pflegeantrag und Leistungen, Pflegegrad beantragen so gehts, abgerufen am 6.4.2025
  7. Deutsche Krebshilfe, Informieren über Krebs, Sozialleistungen bei Krebserkrankungen, abgerufen am 6.4.2025
  8. Pflegeantrag.de, Pflegegrad bei Krebs so erhalten sie Unterstützung, abgerufen am 6.4.2025

Unser Ziel ist es, wissenschaftliche Informationen verständlich zu vermitteln. Die Informationen können jedoch eine professionelle Beratung durch ausgebildete und anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Auch dienen sie nicht dazu, eigenständig eine Diagnose zu stellen oder eine Therapie einzuleiten.

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