Print Friendly, PDF & Email

Patientenrechte bei Krebs

Redaktion Mamma Mia!

Print Friendly, PDF & Email
Gesetzeszeichen und Stetoskop - Gesetze in der Medizin
© iStock / AndreyPopov
Patientenrechte stehen jedem Menschen mit einer Erkrankung gesetzlich zu. Lesen Sie, welche Rechte Sie als Patientin oder Patient bei Krebs haben – von der ärztlichen Aufklärung bis hin zur freien Arzt- und Krankenhauswahl.

Krebs ist eine Erkrankung, die mit vielen Untersuchungen und Therapien verbunden ist. Jeder Patientin und jedem Patienten stehen in einem Behandlungsverhältnis bestimmte Patientenrechte zu. Diese gelten im Verhältnis zu Ärztinnen und Ärzten, aber auch zu Fachleuten aus anderen Gesundheitsberufen, etwa aus der Psychotherapie, Physiotherapie oder Heilpraktik. Dass das Wissen rund um die Patientenrechte noch nicht flächendeckend verbreitet ist, zeigt eine Zahl der Bertelsmann Stiftung: Rund zwei Drittel aller Patientinnen und Patienten kennen ihre Rechte beim Arztbesuch nur teilweise oder gar nicht.  

Die Patientenrechte sind seit dem Jahr 2013 im sogenannten „Patientenrechtegesetz“ verankert. Auf diese gesetzlichen Grundlagen können Sie sich berufen, wenn Sie Ihre Rechte gegenüber Vertreterinnen und Vertretern der Gesundheitsberufe geltend machen möchten. Wir erklären die wichtigsten Rechte, die Ihnen zustehen. 

Behandlungsvertrag

Wenn Sie die medizinischen Leistungen einer Ärztin oder eines Arztes in Anspruch nehmen, schließen Sie automatisch einen Behandlungsvertrag mit ihr oder ihm. Diesen müssen Sie weder mündlich noch schriftlich abschließen. Er regelt aber die gegenseitigen Rechte und Pflichten. So verpflichtet sich die Ärztin oder der Arzt, Sie sorgfältig und fachgerecht zu untersuchen und zu behandeln. Dabei müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Sie wiederum haben das Recht, die Art und den Umfang der medizinischen Behandlung selbst zu bestimmen. Außerdem entscheiden Sie darüber, ob Sie sich behandeln lassen möchten oder nicht. Im Gegenzug hat die Ärztin oder der Arzt einen Anspruch darauf, die Kosten für die Untersuchung oder Behandlung erstattet zu bekommen.

Recht auf Aufklärung, Information und Nichtwissen

Ärztinnen und Ärzte müssen Sie rechtzeitig aufklären und beraten. Sie müssen Ihnen umfassende Informationen geben, etwa über Ihre Krebserkrankung, Untersuchungen, Diagnosemethoden sowie sämtliche Behandlungsmöglichkeiten. Auch über Chancen, Vorteile, Nachteile, Risiken und möglichen Folgen einer Therapie oder Untersuchungsmethode müssen Ärztinnen und Ärzte Sie informieren.  

Zudem spielen möglicherweise anfallende Kosten eine Rolle. Denn die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen nicht alle Untersuchungen und Therapien. Manche müssen Sie ganz oder teilweise selbst bezahlen. Sie müssen jedoch wissen, welche Kosten eventuell auf Sie zukommen. Dann können Sie sich dafür oder dagegen entscheiden. Bei den privaten Krankenversicherungen hängt es unter anderem von Ihrem Vertrag ab, welche Leistungen sie übernehmen. 

Die Information geschieht immer in einem persönlichen Gespräch. Sie sollten genau verstehen, was der Arzt oder die Ärztin Ihnen vorschlägt und was genau geschehen soll. Falls Ihnen etwas unklar ist, fragen Sie immer nach – und zwar so lange, bis Sie alles verstanden haben. Manchmal verwenden Ärztinnen und Ärzte medizinische Fachbegriffe, die für Laien unverständlich sind. Es ist aber kein Problem, sie darauf hinzuweisen und um eine Erklärung zu bitten.  

Sie haben übrigens auch ein Recht auf Nichtwissen. Dieses Recht müssen Ärztinnen und Ärzte beachten. Menschen sind individuell sehr unterschiedlich. Manche möchten alles bis ins Detail wissen, während andere nicht aufgeklärt werden möchten und sich fürs Nichtwissen entscheiden. Sie vertrauen dann ihrem Arzt oder ihrer Ärztin, dass sie die bestmögliche Untersuchungs- oder Behandlungsmethode erhalten. 

Selbstbestimmungsrecht in der Behandlung

Sie haben das Recht, selbst über die Behandlungen Ihrer Krankheit und über ihr Leben zu entscheiden. Ärztinnen und Ärzte dürfen Sie nicht gegen Ihren Willen untersuchen oder behandeln. An dieses Selbstbestimmungsrecht muss sich Ihr ärztliches Behandlungsteam halten.  

Sie können eine Therapie wie vorgeschlagen absolvieren, sie aber auch ablehnen, wenn Sie Zweifel haben oder beispielsweise Ihre Überzeugungen dagegen sprechen. Keine Ärztin und kein Arzt kann Sie zu einer Therapie zwingen, wohl aber Sie dazu beraten – und auch die Folgen erklären, wenn Sie eine Behandlung nicht durchführen möchten.  

Manchmal gibt es Alternativen, die vielleicht ähnlich wirksam sind. Sie können auch selbst Vorschläge machen, wie sie behandelt werden möchten. Ihr Behandlungsteam prüft und ordnet es ein, ob die Behandlung eine Möglichkeit sein kann. Oft lassen sich tragfähige Kompromisse zwischen einem ärztlichen Vorschlag und Ihren persönlichen Einstellungen und Präferenzen finden. Auch hier gilt: Sie sollten sowohl die Vorteile als auch die Risiken kennen, wenn Sie von den ärztlichen Behandlungsempfehlungen abweichen.  

Im besten Fall greift bei der Entscheidung über eine Behandlung das sogenannte Shared Decision Making, zu Deutsch: Partizipative Entscheidungsfindung. Dann treffen Sie gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam eine informierte und fundierte Entscheidung, wie es weiter gehen soll. 

Zweitmeinung einholen

Manche Menschen mit Krebs hegen Zweifel an den Untersuchungsergebnissen oder vorgeschlagenen Behandlungen. Wenn Sie unsicher sind und weitere Informationen benötigen, haben Sie das Recht auf eine Zweitmeinung. Viele ärztliche Kollegen aus der Onkologie machen bei einer Krebserkrankung das Angebot, eine zweite Meinung zu einem Fall abzugeben.  

Die meisten Ärztinnen und Ärzte unterstützen Sie bei der Suche nach Adressen. Sie können auch bei Ihrer Krankenkasse, den Krebsorganisationen oder bei Selbsthilfegruppen nachfragen.  

Einsichtsrecht in die (elektronische) Patientenakte

Ärztinnen und Ärzte führen für alle Patientinnen und Patienten eine Patientenakte. Dort sind zum Beispiel Diagnosen, Untersuchungen, Laborergebnisse, durchgeführte Behandlungen oder die aktuelle Medikation festgehalten. Sie haben das Recht, Ihre Patientenakte jederzeit zu lesen und sich über die Inhalte zu informieren. Auf Wunsch erhalten Sie eine Kopie Ihrer Patientenakte von der Arztpraxis. Die Kosten dafür müssen Sie jedoch selbst tragen.  

Die elektronische Patientenakte (ePA) soll zukünftig die Akten auf Papier oder einem Datenträger (CD, Stick) ersetzen. Sie haben dann zu jeder Zeit Zugriff auf Ihre ePA. Außerdem können Sie bestimmen, wer Ihre Daten lesen darf (zum Beispiel andere Ärztinnen und Ärzte).  

Wichtig ist, dass Gesundheitsdaten äußerst sensible Daten sind und gut geschützt sein müssen. Sie dürfen nicht in die Hände von Unbefugten geraten. In der ePA sind zum Beispiel sämtliche Befunde, Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Behandlungen und Bilder an einem Ort gespeichert. 

Freie Arzt- und Krankenhauswahl

Gesetzlich Versicherte können sich ihre Ärztinnen und Ärzte in der Regel aussuchen. Es gibt das Recht auf eine freie Arztwahl. Auch in welchem Krankenhaus Sie sich untersuchen und behandeln lassen möchten, können Sie meist frei wählen. Niemand kann Sie verpflichten, sich in einer bestimmten Arztpraxis oder Klinik behandeln zu lassen.  

Es gibt jedoch einige Ausnahmen und Einschränkungen bei der freien Arztwahl. Ein Beispiel: Gesetzlich Versicherte dürfen nur Ärztinnen und Ärzten frei wählen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Die Leistung anderer Ärztinnen und Ärzte dürfen sie nur im Notfall in Anspruch nehmen. Außerdem sollten sie die Arztpraxis innerhalb eines Kalendervierteljahres nur dann wechseln, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. 

Ebenfalls verbrieft ist das Recht auf freie Krankenhauswahl. Sie können sich von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt beraten lassen, welche Klinik für Sie in Frage kommt und sich eine Empfehlung geben lassen. Bei Krebs gibt es spezialisierte Organzentren, zum Beispiel zertifizierte Brustzentren für Brustkrebs und zertifizierte gynäkologische Krebszentren für Gebärmutter- oder Eierstockkrebs. Außerdem verfügt Deutschland über sogenannte Onkologische Spitzenzentren, in denen Sie mit einer Krebserkrankung ebenfalls sehr gut aufgehoben sind. In all diesen Zentren arbeiten medizinische Fachleute aus verschiedenen Fachrichtungen und Gesundheitsberufen eng Hand in Hand. 

Recht auf Schmerzlinderung

Eine Krebserkrankung kann mit Schmerzen verbunden sein, etwa wenn die Krankheit fortgeschritten ist und sich Knochenmetastasen gebildet haben. Menschen mit einer Krebserkrankung haben das Recht auf eine Schmerzbehandlung, welche die Schmerzen wirksam lindert. Ziel ist es, möglichst schmerzfrei zu leben und seinen Alltag gestalten zu können. Es gibt spezialisierte Schmerztherapeuten und therapeutinnen, die sich gut mit der Schmerzbehandlung auskennen.  

Rehabilitation bei Gebärmutterkrebs – was bringt sie mir?
Jetzt lesen!

Unterstützung bei Behandlungsfehlern

Wie jedem Menschen können auch dem ärztlichen Personal in Arztpraxen oder Krankenhäusern Fehler unterlaufen. Wenn Sie einen ärztlichen Behandlungsfehler vermuten, sollten Sie immer mit der Ärztin oder dem Arzt darüber sprechen. Manchmal genügt dies aber nicht. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen ihre Mitglieder bei eventuellen Behandlungsfehlern kostenlos unterstützen.

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)

Individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL, sind ärztliche Untersuchungen oder Behandlungen, deren Wirksamkeit (noch) nicht ausreichend in wissenschaftlichen Studien belegt ist. Die Kosten für IGeL müssen Sie selbst tragen. Die Webseite www.igel-monitor.de listet solche Leistungen auf und bewertet sie. In Ihrer Arztpraxis haben Sie das Recht, sich für oder gegen das Angebot von IGeL zu entscheiden. Keine Ärztin und kein Arzt darf Sie dazu drängen oder gar seine Behandlung davon abhängig machen. 

Onkologische Rehabilitation

Nach dem Abschluss der ersten Krebsbehandlungen haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf eine onkologische Rehabilitation (Reha). Sie heißt auch noch Anschlussheilbehandlung oder kurz AHB, weil sie sich zeitnah (vier bis sechs Wochen) an die ersten Therapien anschließen sollte. Eine Pflicht, die Reha wahrzunehmen, gibt es jedoch nicht. Es ist Ihre freie Entscheidung. Bei der Auswahl der Rehaklinik können Sie inzwischen maßgeblich mitreden. Sie haben ein Wunsch- und Wahlrecht, das Sie gegenüber dem Träger der Rehamaßnahme äußern können.  

Recht auf Sozialleistungen

Für Menschen mit Krebs gibt es verschiedene soziale Hilfen und finanzielle Unterstützung. Denn sie sind oft in ihrem Alltag und Beruf eingeschränkt. Auch für den Arbeitsplatz gelten besondere Rechte. Beispiele: Krankengeld, Pflegegeld, Kinderbetreuung, Haushaltshilfe, Reha, Wiedereingliederungsmaßnahmen, Arbeitslosengeld, Rente, Sozialhilfe, Schwerbehindertenhilfe, Schwerbehindertenausweis. 

Hospiz- und Palliativgesetz

Gesetzlich Versicherte haben einen Anspruch darauf, dass ihre Krankenkasse sie individuell bei der Auswahl und Inanspruchnahme von Leistungen der Palliativ- und Hospizversorgung berät und ihnen Hilfestellung bietet. Dies ist im Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) festgelegt, welches es seit Dezember 2015 gibt. 

Das HPG umfasst viele Maßnahmen, um die medizinische, pflegerische, psychologische und seelsorgerische Versorgung von Menschen in der letzten Lebensphase zu verbessern und einen flächendeckenden Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung zu fördern. Eine Palliativversorgung soll die Folgen einer Erkrankung lindern, wenn keine Aussicht auf Heilung mehr besteht. Sie kann zu Hause, im Krankenhaus, im Pflegeheim oder im Hospiz erbracht werden.  

Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsverfügung

Manchmal ist eine Krebserkrankung nicht mehr heilbar und Ärztinnen und Ärzte versuchen, die Lebenszeit zu verlängern und Beschwerden zu lindern. Viele Menschen wollen bis zuletzt mitentscheiden. Dafür eignet sich eine Vorsorgevollmacht. Sie bestimmen dabei eine Vertrauensperson, die Ihre Angelegenheiten in Ihrem Sinn regelt. Mit einer Patientenverfügung können Sie festlegen, welche medizinischen Maßnahmen erfolgen sollen – und welche nicht. Es gibt Vordrucke und Informationsmaterial, wie Sie eine Patientenverfügung rechtssicher aufsetzen. In einer Betreuungsverfügung können Sie eine Betreuungsperson bestimmen. Das Gericht bestellt diese Person, wenn der Alltag ohne rechtliche Betreuung nicht mehr möglich ist.  

NP-DE-AOU-WCNT-240004 (03/24)

Mit freundlicher
Unterstützung von GlaxoSmithKline

Das könnte Sie ebenfalls interessieren

Die Informationen auf dieser Seite können eine professionelle Beratung durch ausgebildete und anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Auch dienen sie nicht dazu, eigenständig eine Diagnose zu stellen oder eine Therapie einzuleiten.