Eine Krebsdiagnose wie Brustkrebs verändert das Leben der meisten Betroffenen tiefgreifend. Viele müssen Krebsbehandlungen wie eine Operation, Chemotherapie oder Bestrahlung meistern. Diese Therapien nehmen oft viele Monate in Anspruch, sind kräftezehrend und beeinflussen die körperliche, seelische und geistige Leistungsfähigkeit. Zudem haben viele Menschen mit Nebenwirkungen der Krebsbehandlungen zu kämpfen, zum Beispiel mit Übelkeit, Erbrechen oder einer erhöhten Infektanfälligkeit. An normales Arbeiten wie früher ist in dieser Phase meist nicht zu denken. Auch nach dem Abschluss der Krebstherapien leiden viele noch unter Folgen wie einer erheblichen Erschöpfung (Fatigue), Nervenschäden (Neuropathie) oder einem Lymphstau nach einer Operation (Lymphödem).
Diagnose Krebs – und was bedeutet das für den Beruf?
Eine Krebserkrankung kann sich somit auch auf den Beruf und die Finanzen auswirken. Dass eine Krebserkrankung mit finanziellen Einbußen verbunden ist und ein Armutsrisiko birgt, ist schon länger bekannt. Auch wenn es finanzielle Unterstützung während einer Krebserkrankung gibt, so erleben viele dennoch, dass ihr Geld knapp wird. Das Einkommen sinkt, während gleichzeitig die Ausgaben steigen, zum Beispiel für Medikamente, Hilfsmittel oder einen Klinikaufenthalt. Die schwierige finanzielle Situation kann krebskranke Menschen noch weiter belasten. Das gilt besonders, wenn sie der Hauptverdiener sind und das Familieneinkommen von ihnen abhängt.
Viele stellen sich die Frage, ob sie ihren bisherigen Beruf noch ausüben können, in welchem Umfang dies zukünftig vielleicht möglich ist oder ob sie überhaupt noch in der Lage sind, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Manche haben körperlich herausfordernde Berufe, zum Beispiel im Handwerk, während bei anderen die Belastungen eher im geistigen, seelischen und sozialen Bereich liegen (zum Beispiel in der Software- und Produktentwicklung, Schule, Kita, Pflege, ärztliche oder therapeutische Berufe). Es gilt, diese beruflichen Belastungen realistisch einzuschätzen und zu überlegen, ob sie zukünftig noch leistbar sind.
Manchmal ist die Krebserkrankung so schwer, zum Beispiel bei einem fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium, dass eine berufliche Tätigkeit überhaupt nicht mehr möglich ist. Dann müssen Sie sich mit dem Thema Berufsunfähigkeit auseinandersetzen. In Deutschland ist eine Berufsunfähigkeit im Zusammenhang mit Krebs keine Seltenheit. Mit knapp 17,4 Prozent sind Krebs und andere bösartige Neubildungen im Jahr 2024 die Ursachen für eine Berufsunfähigkeit gewesen, berichtet das Portal Statista.
Was bedeutet „berufsunfähig“?
Eines vorab: Eine Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente) erhalten Sie nur, wenn Sie vorher eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben. Die frühere gesetzliche Absicherung bei Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit wurde im Jahr 2001 abgeschafft. An ihre Stelle ist die Erwerbsminderungsrente getreten. Sie ist wichtig, wenn Sie keine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben.
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) definiert Berufsunfähigkeit so: Berufsunfähig sind Versicherte, die aus gesundheitlichen Gründen (zum Beispiel Krankheit, Unfall) weder im erlernten (zuletzt in gesunder Verfassung ausgeübten) noch in einem zumutbaren Beruf halb so viel (mindestens 50 Prozent) leisten und verdienen können, wie andere Berufstätige mit ähnlicher Ausbildung, gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) schreibt, dass der Beruf ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden kann. Viele Versicherer definieren hier einen Zeitraum von sechs Monaten. Die genauen Bedingungen können je nach Versicherer und Vertrag unterschiedlich sein.
Von der Berufsunfähigkeit abzugrenzen ist die Erwerbsminderung, bei der es verschiedene Abstufungen gibt. Bei der DRV heißt es dazu:
- Voll erwerbsgemindert sind Personen, die weniger als drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Dies gilt unabhängig vom bisherigen Beruf.
- Eine teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn eine Person zwischen drei und weniger als sechs Stunden pro Tag arbeiten kann.
- Bei voller Erwerbsminderung kann ein Anspruch auf die volle, bei teilweiser Erwerbsminderung auf die halbe Erwerbsminderungsrente vorliegen.
- Versicherte, die noch mindestens drei, aber weniger als sechs Stunden täglich arbeiten können, erhalten eine volle Erwerbsminderungsrente, wenn sie keine Teilzeitbeschäftigung finden können und deshalb arbeitslos sind.
Informieren Sie sich gut über die Berufsunfähigkeitsrente und Erwerbsminderungsrente und lassen Sie sich zu allen Möglichkeiten ausführlich beraten. Eventuell sollten Sie sich für den Antrag der BU-Rente bei Ihrem Versicherer professionelle Unterstützung einholen, zum Beispiel von einer Anwaltskanzlei.
Berufsunfähigkeit feststellen – Ablauf
Um eine Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung festzustellen und finanzielle Leistungen im Rahmen der BU-Rente oder Erwerbsminderungsrente zu erhalten, sind mehrere Schritte notwendig. Besonders wichtig sind folgende Dokumente:
Ärztliches Gutachten
In diesem medizinischen Gutachten müssen die wichtigsten Fakten zu Ihrer Krebserkrankung (Art, Stadium, Verlauf) sowie zu Ihren körperlichen, psychischen und geistigen Einschränkungen festgehalten sein. Die Ärztin oder der Arzt muss die Arbeitsunfähigkeit und ihren zeitlichen Verlauf für einen Begutachtenden nachvollziehbar darstellen. Zudem ist es wichtig, den Einfluss der Erkrankung auf Ihren Beruf zu bewerten. Das Gutachten muss also insgesamt aussagekräftig und schlüssig sein.
Antrag bei privater Berufsunfähigkeitsversicherung stellen
Bei einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung müssen Sie schriftlich mit Ihrer Versicherung Kontakt aufnehmen und Ihre Berufsunfähigkeit melden. Als Belege müssen Sie einige Unterlagen einreichen, zum Beispiel ärztliche Atteste, medizinische Gutachten und eine Beschreibung Ihrer bisherigen Berufstätigkeit. Die Versicherung teilt Ihnen mit, welche Unterlagen sie genau für ihre Entscheidungsfindung braucht und welche Dokumente eventuell noch fehlen. Auf dieser Basis prüft die Versicherung, ob eine Berufsunfähigkeit auf Sie zutrifft und sie Ihren Leistungsfall anerkennt.
Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen
Den Antrag auf Erwerbsminderungsrente können Sie bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) stellen. Auf der Website der DRV sind Antragsformulare und Anlagen zur Erklärung zum Download bereitgestellt. Die ausgefüllten Unterlagen können Sie per Post an den Rentenversicherungsträger in Ihrem Bundesland senden oder vor Ort in einer Beratungsstelle der DRV abgeben.
Rückkehr in den Beruf: So gelingt die Wiedereingliederung
Wenn Sie Ihre Krebsbehandlungen abgeschlossen und anschließend vielleicht an einer Rehabilitation (Reha) teilgenommen haben, können Sie überlegen, ob Sie langsam und Schritt für Schritt wieder in Ihren Beruf zurückkehren möchten beziehungsweise können. Die Deutsche Krebsgesellschaft gibt Tipps, welche Fragen Sie sich zunächst stellen können:
- Wie belastbar sind Sie (körperlich, geistig, seelisch)?
- Können Sie das, was Sie vor Ihrer Krebserkrankung gekonnt haben?
- Welche Ihrer bisherigen Aufgaben können Sie übernehmen – welche nicht?
- Welche Arbeitsbedingungen brauchen Sie, um wieder gut arbeiten zu können?
- Fühlen Sie sich in der Lage, wieder voll in den Beruf einzusteigen oder ist eventuell Teilzeit die bessere Variante?
- Ist eine Umschulung auf eine andere Tätigkeit eine Möglichkeit?
Versuchen Sie, diese und andere Fragen ehrlich zu beantworten. Hören Sie auch gut in sich hinein, an welchem Punkt Sie in Ihrem Leben stehen und was Sie sich zukünftig wünschen. Für manche Menschen ist eine Krebsdiagnose auch der Anlass dafür, alte Zöpfe abzuschneiden und sich beruflich neu zu orientieren.
Manchmal ist eine andere Tätigkeit im gleichen Unternehmen möglich, die vielleicht weniger anstrengend oder mit einer geringeren Anzahl an Arbeitsstunden verbunden ist. Auch eine Umschulung oder Weiterbildungen können Ihnen helfen, nach einer Krebserkrankung wieder berufstätig zu sein. Oft finden die Beteiligten gemeinsam gute Lösungen, die auch in der Zukunft tragfähig und für alle von Vorteil sind.
Sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrem bisherigen Arbeitgeber, wenn Sie in Ihren Beruf zurückkehren möchten. Notieren Sie sich für dieses Gespräch Punkte, die Sie ansprechen möchten. Das können Homeoffice-Zeiten genauso sein wie ein speziell angepasster Arbeitsplatz.
Eine Rückkehr in den Beruf kann gelingen, wenn Sie mit reduzierter Arbeitszeit und wenigen Aufgabenbereichen langsam wieder einsteigen. So haben Sie die Chance, sich wieder Arbeit und Beruf zu gewöhnen. Etabliert hat sich die betriebliche Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell.
Die Kernpunkte:
- Gemeinsam mit einer Ärztin oder einem Arzt (zum Beispiel aus Behandlungsteam, Reha oder Betrieb) erstellen Sie einen Stufenplan zur Wiedereingliederung. Dieser ist ein zentrales Element, in dem der Beginn und das Ende der Maßnahmen, die Wochenstunden und Aufgabenbereiche für jede einzelne Stufe festgehalten sind. Auch das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) kann die Rückkehr in den Beruf unterstützen und organisieren. Arbeitgeber sind seit dem 1. Mai 2004 gesetzlich zum BEM verpflichtet.
- Sie beginnen mit einer verminderten Stundenzahl und steigern Ihre Arbeitsleistung dann langsam – von wenigen Stunden pro Tag bis hin zur Teilzeit oder Vollzeit.
- Während der Wiedereingliederung muss der Arbeitgeber kein Gehalt bezahlen (er kann es aber freiwillig). Daher erhalten Sie in dieser Phase Krankengeld oder Übergangsgeld. Dies hängt davon ab, ob die Krankenkasse oder die Rentenversicherung der Träger der Wiedereingliederung ist.
Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation erhalten Sie und Ihr Arbeitgeber weitere Unterstützung für die Rückkehr in den Beruf. Dabei handelt es sich um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und um Rehamaßnahmen, die Ihre Berufstätigkeit fördern. Beispiele: Hilfsmittel oder technische Geräte für den Arbeitsplatz. Die Kosten dafür trägt die Deutsche Rentenversicherung. Ob die Leistungen auf Ihren Antrag hin gewährt werden, ist allerdings eine Ermessensentscheidung der DRV. Die Behörde entscheidet in jedem Einzelfall darüber. Allgemein sollen besondere Leistungen dabei mithelfen, den Arbeitsplatz zu sichern oder auch neue berufliche Möglichkeiten zu eröffnen.
Mit einer Krebserkrankung haben Sie das Recht auf einen Schwerbehindertenausweis. Dabei wird ein Grad der Behinderung (GdB) festgelegt. Der Schwerbehindertenausweis bringt verschiedene Vorteile mit sich, auch in Ihrem Beruf. Es gibt zum Beispiel einen besonderen Kündigungsschutz und einige Tage mehr Urlaub. Den Antrag auf diesen Ausweis stellen Sie beim Versorgungsamt.
Arbeiten mit einer Krebserkrankung: Möglichkeiten und Grenzen
Nach einer Krebserkrankung und wenn die ersten Krebsbehandlungen abgeschlossen sind, besteht oft die Möglichkeit, wieder zu arbeiten. Viele freuen sich, ihre Kolleginnen und Kollegen wieder zu treffen, sich auszutauschen, gemeinsam an Projekten zu arbeiten und ein Stück Normalität zurückzugewinnen. Eine berufliche Tätigkeit kann Freude machen, das Selbstwertgefühl verbessern, dem Leben Struktur und Stabilität geben, für gesellschaftliche Teilhabe sorgen und Sinn stiften. Nicht zuletzt sorgt eine Berufstätigkeit auch wieder für mehr finanzielle Sicherheit und Spielräume.
- Beratungsstellen der Landeskrebsgesellschaften
- Wohlfahrtsverbände (z.B. AWO, Caritas, Paritätischer Wohlfahrtsverband)
- Integrationsämter der Kommunen
- Krankenkassen
- Reha-Beratung der Deutschen Rentenversicherung
- Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (Stiftung UPD)
- Beratungsportal „Krebs und Beruf“ der Else-Cremer-Stiftung
Überlegen Sie vor der Rückkehr in Ihren Beruf, ob Sie mit Ihren Arbeitskolleginnen und -kollegen über ihre Krebserkrankung sprechen möchten. Denken sie auch darüber nach, welche Fragen vielleicht kommen könnten, wie Sie auf diese reagieren und welche Informationen Sie preisgeben möchten. Wenn das Team an Ihrem Arbeitsplatz jedoch Bescheid weiß, können Sie in der Regel auf Hilfe und Unterstützung in Ihrem Job bauen.
Mit Ihren Vorgesetzten und dem Arbeitgeber müssen Sie nicht über Ihre Krebserkrankung sprechen. Ob Sie sich mitteilen, hängt ein Stück weit von Ihrem Vertrauensverhältnis ab. Wenn Ihre Vorgesetzten jedoch informiert sind, können sie besser gezielt für Unterstützung sorgen. Der Arbeitgeber kann zum Beispiel den Arbeitsplatz an Ihre Bedürfnisse anpassen. Eventuell lässt sich ein Teil Ihrer Aufgaben auch im Homeoffice erledigen. Das teilweise Arbeiten zu Hause bieten inzwischen viele Betriebe an. Ist Ihr Verhältnis dagegen nicht so gut, kann es besser sein, nicht alle Details zu offenbaren. Vielleicht wenden Sie sich in diesem Fall an eine Schwerbehindertenvertreten, den Personal- oder Betriebsrat.
Einige allgemeine Tipps für die Rückkehr in den Beruf:
- Überfordern Sie sich in den ersten Tagen und Wochen nicht, sondern lassen Sie es langsam angehen. Machen Sie sich Schritt für Schritt wieder mit Ihren Tätigkeiten vertraut. Die meisten erwarten nicht, dass Sie nach einer Krebserkrankung gleich wieder voll einsatzfähig und so leistungsfähig wie früher sind.
- Überlegen Sie sich Strategien, wie Sie mit stressigen Situationen umgehen. Ein gutes Mittel zur Stressbewältigung sind Entspannungsmethoden wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Yoga.
- Achten Sie verstärkt auf Ihr eigenes Wohlbefinden und vergessen Sie die Selbstfürsorge nicht.
- Sorgen Sie für ausreichend Erholung und positive Erlebnisse in ihrer Freizeit. Unternehmen Sie Dinge, die Ihnen Kraft und Energie geben und durch die Sie auftanken können.
- Statista, Studie: Verteilung der Ursachen von Berufsunfähigkeit in Deutschland, abgerufen am 20.5.2025
- Deutsche Rentenversicherung, Rentenarten und -leistungen, Erwerbsminderungsrente, abgerufen am 20.5.2025
- Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Alltag mit Krebs, Arbeit und Beruf und Aktuelles, Arm durch Krebs, abgerufen am 20.5.2025
- Deutsche Krebsgesellschaft, Leben mit Krebs, Beratung und Hilfe, Krebs überstanden – zurück in den Beruf, abgerufen am 21.5.2025
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), einfach teilhaben, Hamburger Modell, abgerufen am 21.5.2025
- Österreichische Krebshilfe, Beratung, Hilfe, Leben mit Krebs, Krebs und Beruf, abgerufen am 21.5.2025
- Finanztip, Berufunfähigkeitsversicherung, Berufsunfähigkeitsrente beantragen, abgerufen am 21.5.2025
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