Jedes Jahr erkranken ungefähr 500.000 Menschen in Deutschland neu an Krebs, schätzt das Robert Koch-Institut (RKI). Schmerzen bei Krebs sind keine Seltenheit, wie folgende Zahlen der Deutschen Schmerzgesellschaft zeigen. Ungefähr ein Drittel der Betroffenen leidet schon in einem frühen Erkrankungsstadium an Schmerzen. Im weiteren Verlauf sind es bis zu 90 Prozent. Tumorbedingte Schmerzen können verschiedene Ursachen haben. Sie können zum Beispiel durch den Tumor selbst, aber auch durch die Krebstherapien bedingt sein.
Die Art, Häufigkeit und Intensität von Krebsschmerzen hängen von verschiedenen Faktoren ab und können individuell sehr verschieden sein. Eine Rolle spielen zum Beispiel die Krebsart und das Stadium der Tumorerkrankung. Auch seelische Faktoren und Ihre persönliche Schmerzwahrnehmung spielen mit hinein.
Wichtig ist: Sie müssen die Schmerzen nicht einfach aushalten. Eine individuell auf Sie zugeschnittene Schmerztherapie kann Krebsschmerzen in den meisten Fällen gut lindern. Sagen Sie Ihrem Behandlungsteam unbedingt, wenn Sie Schmerzen haben, damit die Schmerzbehandlung rechtzeitig beginnen kann. Schmerzen können die Lebensqualität nämlich entscheidend vermindern. Außerdem kann der Schmerz ohne ausreichende Behandlung chronisch werden.
Warum entstehen Schmerzen bei Krebs?
Hinter den Schmerzen können verschiedene Ursachen stecken. Die wichtigsten sind:
- Der Tumor selbst: Wenn ein Tumor wächst, kann er auf das Gewebe, die Organe und Nerven drücken, was schmerzhaft sein kann. Solche tumorbedingten Schmerzen kommen häufig vor.
- Folgen der Krebsdiagnostik, zum Beispiel nach einer Knochenmarksbiospie oder Magenspiegelung.
- Nebenwirkungen der Krebstherapien: Eine Operation, Chemotherapie, Bestrahlung und zielgerichtete Therapien wie die Immuntherapie kommen bei vielen Krebsarten zum Einsatz. Möglich sind zum Beispiel Schmerzen nach einem chirurgischen Eingriff, Nervenschmerzen nach einer Chemotherapie aufgrund von Nervenschäden (chemotherapieinduzierte periphere Neuropathie = CIPN) oder Schmerzen im Mund wegen einer Mundschleimhautentzündung (Mukositis), die nach einer Chemo- oder Strahlentherapie auftreten kann.
- Metastasen: Krebsabsiedelungen in anderen Organen und Geweben bilden sich, wenn die Krebserkrankung fortgeschritten ist, zum Beispiel in den Knochen, in der Leber oder Lunge. Manche Krebsarten bilden bevorzugt Knochenmetastasen, zum Beispiel Brust-, Prostata- oder Darmkrebs. Die Metastasen in den Knochen dehnen die empfindliche Knochenhaut, zerstören Knochengewebe und üben Druck auf die Nerven aus. Die Knochen können brüchig und instabil werden und leichter brechen, was ebenfalls sehr schmerzhaft ist.
- Psychische Belastungen: Eine Krebsdiagnose und die Krebstherapien sind oft mit Ängsten verbunden. Sie können das Schmerzempfinden verändern. Manche Menschen nehmen dann Schmerzen stärker wahr.
Medikamentöse Schmerztherapie bei Krebs: Was hilft?
Tumorschmerzen lassen sich in den meisten Fällen durch geeignete Schmerztherapien lindern. Sprechen Sie immer mit Ihrem Behandlungsteam, wenn Sie Schmerzen haben. Es gibt viele verschiedene Schmerzmittel. Die Art der Schmerzmedikamente und ihre Dosierung lassen sich individuell an Ihre Situation anpassen. Sie müssen Schmerzen nicht einfach ertragen, denn diese können den Körper schwächen, die Lebensqualität vermindern und die Lebensfreude rauben. Beschreiben Sie Ihren Ärztinnen und Ihren Ärzte Ihre Schmerzen genau.
Folgende Fragen können relevant sein:
- Wo genau haben Sie Schmerzen?
- Seit wann bestehen sie und wie intensiv sind sie ausgeprägt?
- Wie fühlen sich die Schmerzen an, zum Beispiel brennend, pochend, stechend, dumpf, drückend?
- In welchen Situationen treten die Schmerzen auf, zum Beispiel nach einer Krebsbehandlung?
- Gibt es Situationen, in denen sich die Schmerzen bessern oder verschwinden?
- Haben Sie Momente bemerkt, in denen sie sich verschlimmern?
Anhand Ihrer Antworten können Ärztinnen und Ärzte die Schmerzen besser einschätzen und die richtige Schmerztherapie auswählen.
Akute und chronische Schmerzen
Allgemein gibt es einige Unterschiede zwischen akuten und chronischen Schmerzen. Die wichtigsten sind:
Akute Schmerzen | Chronische Schmerzen |
|
|
|
|
|
|
Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenschema
Die Behandlung von Schmerzen mit Hilfe von Medikamenten erfolgt in der Regel nach dem Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Welche Schmerzmittel zum Einsatz kommen, hängt von der Schmerzintensität ab. Reicht eine Stufe der Schmerzbehandlung nicht aus, wählen sie die nächsthöhere Stufe.
- Stufe 1: Nicht-Opioid-Analgetika – dazu zählen zum Beispiel Wirkstoffe aus der Gruppe der Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen. Sie wirken schmerzstillend, entzündungshemmend und fiebersenkend. Analgetika wie Paracetamol besitzen hauptsächlich schmerzstillende und fiebersenkende Wirkungen. Auch der Wirkstoff Metamizol ist eine Möglichkeit bei leichten Tumorschmerzen.
- Stufe 2: Schwache Opioide – dazu gehören zum Beispiel die Wirkstoffe Tramadol und Tilidin. Sie lassen sich mit Nichtopioid-Analgetika kombinieren und werden bei mittelstarken Krebsschmerzen angewendet.
- Stufe 3: Starke Opioide – in diese Gruppen fallen zum Beispiel die Wirkstoffe Fentanyl, Oxycodon und Morphin. Diese Schmerzmittel kommen bei starken Tumorschmerzen zum Einsatz und lassen sich ebenfalls mit Nichtopioid-Analgetika kombinieren.
Begleitend sind auf jeder Stufe weitere Medikamente (Koanalgetika) einsetzbar, um die Schmerztherapie zu unterstützen oder Nebenwirkungen zu lindern. Dazu zählen zum Beispiel Antidepressiva, Glukokortikoide (Kortison), Antikonvulsiva und Bisphosphonate.
Wer führt die Schmerztherapie durch?
In einer Klinik (stationär) übernehmen in der Regel Onkologinnen und Onkologen die Schmerztherapie. Falls es notwendig ist, können sie auch Spezialisten aus der Schmerzmedizin, Physiotherapie oder Psychoonkologie hinzuziehen.
Im ambulanten Sektor gibt es verschiedene Anlaufstellen für Menschen mit Krebsschmerzen, zum Beispiel:
- Hausärztinnen und Hausärzte mit der Zusatzqualifikation Schmerztherapie und Erfahrung
- Fachpersonen aus der Onkologie, Neurologie, Schmerztherapie und Psychoonkologie
- Schmerzambulanzen an Kliniken
- Schmerzzentren
Palliative Schmerztherapie: Linderung in der letzten Lebensphase
Die Palliativmedizin nimmt einen unheilbar kranken Menschen ganzheitlich in den Blick. Sie umfasst körperliche, geistige, seelische, soziale und spirituelle Aspekte. Wichtig sind die Wünsche, Präferenzen, Würde und Selbstbestimmtheit eines Menschen. Die palliative Schmerztherapie soll Schmerzen lindern und die Lebensqualität verbessern oder aufrechterhalten. Wichtig sind das Wohlbefinden, die Lebensfreude und Autonomie eines Menschen in der letzten Lebensphase. Ziel der palliativen Schmerztherapie ist die größtmögliche Schmerzfreiheit. Die Basis dafür sind wiederum Medikamente, die Ärztinnen und Ärzte nach dem WHO-Stufenschema auswählen.
Nicht-medikamentöse und ergänzende Maßnahmen bei Krebsschmerzen
Neben der medikamentösen Schmerztherapie können bei Schmerzen, die durch den Tumor oder die Krebstherapien bedingt sind, auch nicht-medikamentöse Maßnahmen als Ergänzung helfen.
Einige Beispiele:
- Physikalische Therapien: Dazu gehören zum Beispiel Physiotherapie, Massagen, Bäder, Lymphdrainage, transkutane elektrische Stimulation (TENS) oder örtliche Wärme- und Kälteanwendungen, die das Wohlbefinden verbessern können.
- Psychoonkologische Unterstützung: Gespräche mit psychologisch geschulten Fachkräften können dabei helfen, mit Stress oder Ängsten besser umzugehen – dies kann wiederum zur Schmerzlinderung beitragen.
- Entspannungstechniken, etwa Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training, Yoga, Meditation, Achtsamkeitsübungen.
- Komplementärmedizin, z.B. Akupunktur
- Kreative und künstlerische Therapien, z.B. Musik-, Tanz- oder Maltherapien, die bei der Schmerzbewältigung und dem Umgang mit Schmerzen hilfreich sein können.
- Operation und Strahlentherapie – sie können Schmerzen aufgrund von Metastasen lindern.
Tipps für den Alltag: Was tun bei Schmerzen?
Sie können auch selbst ergänzend etwas tun, um im Alltag mit den Schmerzen bei Krebs besser umgehen zu können. Einige Tipps bei Krebsschmerzen, die Ihnen vielleicht helfen können:
- Schmerztagebuch führen: Notieren Sie in einem Tagebuch (es gibt auch elektronische Varianten), ob und wann Sie Schmerzen hatten, wie stark sie ausgeprägt waren und wie lange sie angehalten haben. Halten Sie eventuell auch Ihre Aktivitäten fest. So können Sie besser Situationen identifizieren, in denen die Schmerzen stärker oder schwächer wurden.
- Halten Sie sich gut an die Schmerztherapie, die Sie gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam vereinbart haben.
- Kommunizieren Sie gut mit Ihrem Behandlungsteam und teilen Sie mit, wenn sich die Schmerzen verändern oder verstärken.
- Informieren Sie sich über das Thema Schmerzen. Das Wissen kann erleichternd wirken. Außerdem können Sie Schmerzen besser einordnen und wissen dann eher, wie Sie reagieren müssen.
- Hausmittel wie heiße oder kalte Wickel, Einreibungen oder sanfte Massagen können in manchen Fällen hilfreich sein.
- Schlafen Sie genügend und achten Sie auf günstige Voraussetzungen für eine gute Schlafqualität (z.B. gut gelüftetes Schlafzimmer, elektronische Geräte verbannen). Müdigkeit kann das Schmerzempfinden erhöhen.
- Tun Sie sich Gutes und konzentrieren Sie sich auf Dinge, die Ihnen Freude machen. Dies kann von den Schmerzen ablenken. Jedem Menschen machen andere Dinge Spaß. Dies können Kochen und Backen genauso sein wie Spaziergänge, ein gutes Buch oder ein Kino-, Konzert- oder Theaterbesuch. Auch ein Haustier kann Freude bringen und von Schmerzen ablenken.
- Gespräche mit anderen Menschen, zum Beispiel aus der Familie oder dem Freundeskreis, können Ihnen helfen, auf andere Gedanken zu kommen und sich nicht übermäßig auf den Schmerz zu konzentrieren.
- Vielleicht besuchen Sie auch eine Selbsthilfegruppe? Dort finden Sie Gleichbetroffene, mit denen Sie sich austauschen können und die vielleicht nützliche Tipps für den Umgang mit Schmerzen und der Krebserkrankung haben.
- Foren im Internet oder Social Media-Plattformen können ebenfalls eine Möglichkeit für den Austausch mit anderen sein. Sie bieten mehr Anonymität. Manchen Menschen fällt es dann leichter, sich zu öffnen und ihre Probleme mitzuteilen.
- Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen, Version 2.0 – April 2025 , abgerufen am 28.9.2025
- Deutsche Schmerzgesellschaft, Patienteninformationen, medizinische Schmerzbehandlung, Medikamente bei Gewebeschmerzen und Schmerzerkrankungen, Tumorschmerzen, abgerufen am 28.9.2025
- Deutsche Schmerzliga e.V., Tumorschmerzen, abgerufen am 28.9.2025
- Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Nebenwirkungen bei Krebs, Schmerzen und Infoblatt Krebsschmerzen behandeln, abgerufen am 29.9.2025
- Deutsche Krebshilfe, Informieren, über Krebs, Krebsschmerzen, abgerufen am 29.9.2025
- Krebsliga Schweiz, über Krebs, Nebenwirkungen, Schmerzen, abgerufen am 29.9.2025
- Deutsche Krebsgesellschaft, Basisinformationen Krebs, Palliativtherapie, Schmerzen wirksam bekämpfen, Schmerzen bei Krebs, abgerufen am 29.9.2025
NP-DE-AOU-WCNT-250018 (10/2025)
Die Informationen auf dieser Seite können eine professionelle Beratung durch ausgebildete und anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Auch dienen sie nicht dazu, eigenständig eine Diagnose zu stellen oder eine Therapie einzuleiten.

