Der Lebensqualität krebskranker Menschen schenken Ärztinnen und Ärzte heute viel mehr Aufmerksamkeit als noch vor einigen Jahren. Vor allem während der Krebstherapien, die oft intensiv sein können, aber auch danach steht die Lebensqualität im Zentrum. Menschen mit einer Krebserkrankung sollen sich möglichst wohl fühlen, Freude am Leben haben und am Alltag und vielleicht auch ihrem Beruf teilhaben können.
Bei einer fortgeschrittenen Krebserkrankung wie dem metastasierten Brustkrebs rückt die Lebensqualität noch stärker in den Mittelpunkt. Die Palliativmedizin versucht nicht nur, das Krebswachstum zu bremsen, die Symptome zu lindern und das Überleben zu verlängern, sondern auch das Wohlempfinden zu verbessern und die Würde und Selbstbestimmung zu erhalten. Palliative Therapien sollen dazu beitragen, die verbleibende Lebenszeit und den Alltag so angenehm und autonom wie möglich zu gestalten. Menschen mit einer unheilbaren Krebserkrankung sollen auch beruflich aktiv sein können, wenn sie dies wünschen und gesundheitlich dazu in der Lage sind. Ziel ist es, möglichst viele gute Tage zu haben – unabhängig davon, wie lange das Leben dauert.
Was bedeutet Lebensqualität bei Krebs?
Lebensqualität ist ein Begriff, der verschiedene Facetten und Dimensionen besitzt. Gemeint ist nicht nur das körperliche, sondern auch das seelische und geistige Wohlempfinden eines Menschen. Auch seine sozialen Beziehungen, finanzielle Situation und Autonomie fließen hier mit hinein. Im Fokus steht daher nicht nur das Überleben selbst, sondern auch der Sinn, die Freude und Würde eines Menschen spielen eine Rolle.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert den Begriff „Lebensqualität“ so: „Die subjektive Wahrnehmung einer Person über ihre Stellung im Leben im Zusammenhang mit ihrer Kultur und ihren Wertesystemen, in denen sie lebt, und in Bezug auf ihre Ziele, Erwartungen, Standards und Anliegen“.
Wie Menschen ihre Lebensqualität beschreiben, ist subjektiv. Außerdem kann sich die Lebensqualität verändern. An einem Tag kann sie besser, an einem anderen schlechter sein. Wer zum Beispiel Schmerzen hat oder durch eine Fatigue übermäßig erschöpft ist, kann seinen Tag oft kaum genießen. Besonders wichtig ist es daher, alle Beschwerden zu lindern, weil sie die Lebensqualität maßgeblich vermindern können. Krebstherapien, zum Beispiel eine Bestrahlung bei Schmerzen aufgrund von Knochenmetastasen, aber auch supportive (unterstützende) Behandlungen oder die Psychoonkologie können dabei hilfreich sein.
Die Lebensqualität (engl. Quality of Life oder QoL) lässt sich mit Hilfe verschiedener Instrumente erfassen, meist mit standardisierten Fragebögen. Ein Beispiel ist der sogenannte EORTC-Fragebogen der European Organisation for Research and Treatment of Cancer, mit dem sich die Lebensqualität einschätzen lässt. Die Fragen bilden verschiedene Ebenen ab, die einen Einfluss auf die Lebensqualität haben: Körper, Geist, Seele und das Sozialleben.
Auswirkungen der Krebstherapie auf die Lebensqualität
Krebsbehandlungen können Tumoren bekämpfen oder ihr Wachstum in Schach halten. Sie können jedoch verschiedene Auswirkungen auf die Lebensqualität haben.
Eine Schlüsselrolle spielen körperliche Symptome, zum Beispiel Schmerzen (z.B. nach einer Operation), Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit (z.B. bei einer Chemotherapie) oder die Fatigue (z.B. während oder nach Chemo– und Strahlentherapie).
Darüber hinaus erleben viele krebskranke Menschen psychische Belastungen wie Stress, Ängste (z.B. vor Therapien, Tumorwachstum, Metastasen, Rückfall), depressive Verstimmungen, Verzweiflung, Hilflosigkeit oder einen Kontrollverlust über das eigene Leben.
Auch soziale Faktoren wie die Unterstützung durch Familie und Freunde sind wichtig für die Lebensqualität. Wer krebskrank und allein ist oder sich einsam fühlt, hat oft mehr zu kämpfen als eine Person, die durch ein stabiles soziales Netzwerk aufgefangen wird. Viele empfinden aufgrund der Krebstherapien Einschränkungen in ihrem Alltag und einen Verlust von Autonomie. Unzählige Arzttermine und die Krebsbehandlungen wie eine Chemotherapie oder Strahlentherapie haben Priorität und geben meist den Takt im Alltag vor. Der Freiraum für die eigene Lebensgestaltung ist oft gering.
Dazu kommen oft finanzielle Belastungen und ökonomische Unsicherheiten, die ebenfalls einen Einfluss auf die Lebensqualität haben können. Viele Menschen können während der Krebserkrankung und -behandlung ihrem Beruf nicht wie zuvor nachgehen. Außerdem müssen sie zusätzliche Ausgaben stemmen, zum Beispiel die Eigenbeteiligung für Krankenhausaufenthalte und Medikamente.
Darüber hinaus stellen sich viele Menschen mit einer Tumorerkrankung spirituelle Fragen, zum Beispiel, warum gerade sie an Krebs erkrankt sind. Menschen, die mit ihrem Schicksal hadern und die Krebserkrankung nur schwer akzeptieren können, erleben oft eine Verminderung ihrer Lebensqualität.
Körperliche Maßnahmen
- Lassen Sie Symptome ausreichend behandeln, die aufgrund der Krebserkrankung selbst oder der Krebstherapien entstehen. Es gibt unterstützende (supportive) Therapien, um verschiedenste Beschwerden zu bessern. So lassen sich zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen oder Schmerzen mit Hilfe von Medikamenten lindern.
- Bewegen Sie sich möglichst viel in Ihrem Alltag. Gehen Sie zum Beispiel viel spazieren, etwa im Park oder Wald. Die Natur tut vielen Menschen gut, weil sie alle Sinne anspricht und positive Gefühle vermitteln kann.
- Sie können auch Sport treiben, aber lassen Sie sich vorher unbedingt zur Sportart und Intensität beraten. Achten Sie auf Ihre Leistungsgrenzen und überfordern Sie sich nicht. Sport besitzt viele positive Wirkungen auf den Körper, Geist und die Seele. Körperliche Aktivität stärkt zum Beispiel Ihre Muskulatur und verbessert die Stimmung. Ausdauersportarten wie Wandern, Schwimmen, Radfahren oder Nordic Walking können Ihnen guttun. Auch ein schonendes Krafttraining, Yoga oder sanfte Bewegungsarten wie Tai-Chi und Qigong können positive Effekte besitzen.
- Ernähren Sie sich möglichst gesund. Essen Sie zum Beispiel täglich viel Obst und Gemüse, die wichtige Nährstoffe, Vitamine und Mineralien enthalten. Eine gesunde, vollwertige und abwechslungsreiche Ernährung unterstützt Ihren Körper dabei, Nebenwirkungen besser zu meistern. Auch Ihr Immunsystem können Sie durch eine gesunde Ernährungsweise stärken.
Psychische und soziale Unterstützung
Eine Krebserkrankung kann sich nicht nur auf den Körper, sondern auch auf die Psyche und den Geist auswirken – dieser Zusammenhang ist gut bekannt. Wichtig ist es deshalb, sich psychische Unterstützung zu suchen.
Die Psychoonkologie richtet sich speziell an Menschen, die an Krebs erkrankt sind. Sie bietet Beratung und psychische Hilfestellung für Betroffene. Bausteine der Psychoonkologie sind zum Beispiel Gesprächstherapien, Achtsamkeitsübungen oder Entspannungstechniken (z.B. Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training). Diese und andere Maßnahmen können dabei mithelfen, Stress abzubauen, Ängste zu vermindern, die Psyche zu stärken und wieder mehr Vertrauen in den eigenen Körper zu gewinnen.
Lassen Sie sich auch zu psychosozialen Fragen beraten, zum Beispiel bei finanziellen Problemen, beruflichen Schwierigkeiten oder Problemen in Ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Eine Sozialberatung bieten zum Beispiel die Krebsberatungsstellen der Länder oder karitative Organisationen an.
Sprechen Sie mit Angehörigen, Ihrem Freundeskreis und vielleicht auch mit engen beruflichen Kolleginnen und Kollegen. Gespräche können erleichternd sein und den Druck von der Seele nehmen. Außerdem kann Ihr Umfeld Sie besser unterstützen, wenn Sie Ihre Sorgen, Ängste und Wünsche offen kommunizieren. Die meisten Menschen bieten ihre Hilfe gerne an.
Hilfreich kann auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe sein, in der Sie sich mit Gleichbetroffenen austauschen können. In Deutschland gibt es verschiedene Selbsthilfeorganisationen für viele Krebsarten. Manche richten sich auch speziell an junge Menschen, die an Krebs erkrankt sind. Viele bieten inzwischen auch einen Online-Austausch an, weil das Treffen vor Ort für Menschen nicht immer möglich ist, zum Beispiel, wenn sie schlecht mobil sind oder es ihnen körperlich nicht gut geht.
Bei spirituellen Fragen kann zum Beispiel die Seelsorge helfen. Auch die Philosophie und Religion können Reflektionen ermöglichen und neue Sichtweisen eröffnen. Manchen Menschen spenden sie auch Trost und Hoffnung, geben Sinn oder machen Mut.
Kreative Tätigkeiten wie Zeichnen, Malen, Töpfern oder Tanzen können ebenfalls dazu beitragen, die Seele zu stärken, Kraft zu schöpfen sowie neue Blickwinkel und Perspektiven zu gewinnen.
Kommunikation und Teilhabe an Entscheidungen
Eine gute Kommunikation mit Ihrem Behandlungsteam ist ein wesentliches Element, um sich aktiv an den Behandlungsentscheidungen beteiligen zu können. Sie können Ihre Wünsche, Vorstellungen, Präferenzen und Überzeugungen einbringen, die Sie bisher in Ihrem Leben begleitet haben. Dann können diese auch Berücksichtigung erfahren.
Gut informierte und selbstbestimmte Entscheidungen über Therapien und weitere Maßnahmen treffen Sie am besten gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam nach dem Prinzip des Shared Decision Making (SDM). Außerdem vermindern sich die Gefühle des Ausgeliefertseins, der Ohnmacht oder des Kontrollverlustes, wenn Sie offen mit ihren Ärztinnen und Ärzten kommunizieren.
Selbstfürsorge nicht vergessen
Fürsorge für andere Menschen kennen die meisten gut. Ebenso wichtig ist aber die Selbstfürsorge. Hören Sie regelmäßig in sich hinein und finden Sie heraus, was Ihnen guttut. Das können Ruhepausen genauso sein wie ein Hobby, Kinobesuch oder ein Treffen mit Freundinnen und Freunden. Schöne Momente und Erlebnisse können Energie und Kraft geben und Freude spenden. Vielleicht entdecken Sie auch neue Dinge, die Ihnen Spaß machen? Probieren Sie Aktivitäten aus, an die Sie vielleicht vorher nicht gedacht haben.
Zusammengefasst: Die Lebensqualität bei Krebs umfasst körperliche, seelische, geistige, soziale und spirituelle Aspekte. Auch wenn es kein einheitliches Rezept gibt, dass allen Menschen mit einer Krebserkrankung hilft: Sie können Ihre Lebensqualität beeinflussen und sie stärker in Richtung „Wohlbefinden“ verschieben.
- Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Krebs und Psyche, Krankheit bewältigen, abgerufen am 25.9.2025
- Deutsche Krebshilfe: Palliativmedizin, abgerufen am 25.9.2025
- Europäisches Netzwerk der Jugendkrebsüberlebenden, Lebensqualität, Wirksame Tipps zur Bewältigung von Krebs, Nebenwirkungen und zur Verbesserung Ihres Wohlbefindens, abgerufen am 25.9.2025
- Greve, Lea: Lebensqualität von Krebspatienten: Einflüsse emotionaler und instrumenteller Unterstützung sowie soziodemographischer und klinischer Faktoren, Dissertation, 2021, Universität Regensburg, abgerufen am 26.9.2025
- Gelbe Liste, Onkologie, Bewegung, Verbesserung der Lebensqualität bei Krebs, abgerufen am 26.9.2025
- Van Eckert S. et al. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11248723/, abgerufen am 26.9.2025
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