Metastasierter Brustkrebs: Viele Therapieoptionen

Redaktion Mamma Mia!

HER2-positiver Brustkrebs Testung Therapieoptionen
© iStock / Md Zakir Mahmud
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Die Entwicklung der ersten zielgerichteten Therapie gegen HER2-positiven Brustkrebs hat vor gut 20 Jahren für Aufsehen gesorgt. Mittlerweile gibt es mit den Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten Therapieoptionen, die vielen Patienten – abhängig von den individuellen Eigenschaften des Tumors – Hoffnung machen.

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HER2 – die Abkürzung steht für den Rezeptor des humanen (vom Menschen stammend), epidermalen (an der Zelloberfläche befindlich) Wachstumsfaktors. Dieser Biomarker (Erkennungszeichen) auf der Tumorzelle ist wichtig für die Therapieentscheidung bei Brustkrebs. Etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten mit Brustkrebs1 weisen eine sogenannte Überexpression dieser Rezeptoren auf der Oberfläche der Tumorzellen auf, die dazu führt, dass die Zellen sich vermehrt teilen und der Tumor schneller wächst. Mediziner sprechen hierbei von HER2-positivem Brustkrebs.

Antikörpertherapie bei Brustkrebs 

Mit der Entwicklung von speziellen Antikörpern ist es Anfang der 2000er Jahre gelungen, eine zielgerichtete Therapie gegen den HER2-positiven Brustkrebs zu entwickeln. Zielgerichtet bedeutet dabei, dass das eingesetzte Medikament sich gegen bestimmte molekulare Veränderungen richtet, die stark vermehrt auf der Zelloberfläche von Tumorzellen vorkommen und für deren Wachstum sowie die Ausbreitung verantwortlich sind. Im Fall von HER2-positiven Tumorzellen wird der HER2-Rezeptor durch den therapeutischen Antikörper blockiert, die Tumorzellen erhalten keine weiteren Wachstumssignale. Im Gegensatz zu einer systemischen Therapie wie der Chemotherapie, die im ganzen Körper wirkt, greifen zielgerichtete Therapien überwiegend die Tumorzellen an. 

Brustkrebstherapie mit Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten 

Eine Weiterentwicklung im Rahmen der Anti-HER2-Therapie sind die sogenannten Antikörper-Wirkstoff-Konjugate.2 Diese im englischen als Antibody Drug Conjugates, kurz ADCs, bezeichneten Medikamente bestehen aus drei Komponenten:  

  • Einem Antikörper, der die Tumorzelle als solche erkennt und an den entsprechenden Rezeptor– in diesem Fall an den HER2-Rezeptor – bindet
  • Einem Wirkstoff (auch als Payload bezeichnet) in Form eines hochwirksamen Chemotherapeutikums
  • Einem speziellen Linker, der Antikörper und Wirkstoff miteinander verbindet und dafür sorgt, dass das Chemotherapeutikum erst in der Tumorzelle freigesetzt wird und dort seine Wirkung entfaltet.  
So wirken Antikörper-Wirkstoff-Konjugate bei Brustkrebs

Durch die Bindung des Antikörpers an den Rezeptor gelangt die Chemotherapie direkt in die Krebszelle und zerstört sie.

HER2-Status als Basis für die Therapie  

Durch die Entwicklung der zielgerichteten ADCs steht sehr vielen Patienten mit metastasiertem Brustkrebs eine Behandlungsoption zur Verfügung. Wichtig ist, dass die Patienten ihren HER2-Status kennen. Patienten sollten ihren Arzt deshalb auf eine entsprechende Testung ansprechen. Dies gilt für den Ursprungstumor ebenso wie für etwaige Metastasen. Denn Tumore können durchaus heterogen sein; das bedeutet, dass (Fern-)Metastasen andere Eigenschaften besitzen können als der Primärtumor. Auch kann sich der Tumorstatus im Laufe der Zeit verändern. Eine (Re-)Testung des Tumorgewebes kann deswegen höchst relevant sein für die Therapieentscheidung.3 Eine solche Testung kann sowohl mittels einer erneuten Biopsie als auch durch eine erneute Testung von eingefrorenem Material aus einer früheren Biopsie erfolgen. Welches Verfahren patientenindividuell sinnvoll ist, entscheidet der behandelnde Arzt. Zeigt die Testung, dass der Einsatz des Antikörper-Wirkstoff-Konjugats vielversprechend für die Prognose ist, kann die Therapie beginnen.  

Nebenwirkungen bei Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten 

Neben der in den Studien gezeigten Effektivität gegen den Krebs können bei diesen Medikamenten durchaus Nebenwirkungen auftreten. Denn auch wenn das Chemotherapeutikum erst in der Tumorzelle freigesetzt wird und dort seine Wirkung entfaltet, können auch gesunde Zellen geschädigt werden.  

Zu den in den bisherigen Studien beschriebenen Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Fatigue (starke Müdigkeit) und Haarausfall. Auch auf das Blutbild kann sich die Behandlung mit Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten negativ auswirken. So kann unter der Therapie sowohl eine Neutropenie – eine Verminderung einer bestimmten Untergruppe der weißen Blutkörperchen – als auch eine Anämie (Blutarmut) auftreten. All diese Nebenwirkungen sind von vielen anderen Krebstherapien bekannt und mittlerweile stehen oft wirksame Behandlungsoptionen zur Verfügung. Wichtig ist, dass Patienten keine Scheu haben, offen mit ihrem Arzt über auftretende Nebenwirkungen zu sprechen. Er kann ein effektives Nebenwirkungsmanagement einleiten und zum Beispiel Medikamente gegen Übelkeit, sogenannte Antiemetika, verordnen, die auch vorbeugend gegeben werden können, sodass die Therapie weitergeführt werden kann.   

Eine weitere Nebenwirkung, die im Zusammenhang mit Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten stehen kann, ist die interstitielle Lungenerkrankung (ILD)/Pneumonitis. Unter dem Begriff verstehen Mediziner verschiedene Erkrankungen, die das Lungengewebe, genauer gesagt, das Bindegewebe zwischen den Lungenbläschen, betreffen. Dort können Entzündungen auftreten, das Gewebe kann zunehmend vernarben (Fibrosierung), sodass das Atmen behindert werden kann. Bemerkbar macht sich eine ILD durch Atemnot, trockenen Husten, Müdigkeit, Gewichtsverlust, Fieber oder Brustschmerzen. Treten diese Symptome auf, sollte das Behandlungsteam sofort darüber informiert werden, um die Ursache abzuklären. Auch sollten Ärzte bei jedem Kontakt nach diesen Symptomen fragen. Zur Diagnose einer ILD kommen verschiedene Untersuchungen infrage:  

  • Hochauflösende Computertomografie 
  • Hinzuziehen eines Lungenfacharztes 
  • Lungenfunktionstest und Pulsoxymetrie 
  • Arterielle Blutgasanalyse 
  • Blutkultur und großes Blutbild, gegebenenfalls weitere Blutuntersuchungen 
  • Eventuell Bronchoskopie 

 

Steht die Diagnose fest, muss je nach Schweregrad der Erkrankung, die Therapie unterbrochen oder sogar abgesetzt werden.

Trotz dieser möglichen Nebenwirkungen – da sind sich Mediziner einig – sind Antikörper-Wirkstoff-Konjugate sichere und sehr wirksame Medikamente. Wichtig ist, dass Patienten offen über Beschwerden sprechen und keine Angst haben, dass die Therapie deshalb leichtfertig unterbrochen oder gar abgesetzt wird. Aber auch Ärzte sollten ihre Patienten dafür sensibilisieren, Symptome wahrzunehmen. Gemeinsam lässt sich dann in der Regel ein Weg finden, die Nebenwirkungen in den Griff zu bekommen und den Erfolg der Therapie zu gewährleisten.  

 

  1. Rakha E. A. et al., Assessment of Predictive Biomarkers in Breast Cancer: Challenges and
    Updates, Pathobiology 2022;89:263–277,DOI: 10.1159/000525092
  2. Subhan, M.A.; et al., Advances in Targeted Therapy of Breast Cancer with Antibody-Drug
    Conjugate. Pharmaceutics 2023, 15,1242. https://doi.org/10.3390/pharmaceutics15041242
  3. Denkert C. et al., Neue Therapiemöglichkeiten beim metastasierten HER2-low-Mammakar-
    zinom, Die Pathologie; https://doi.org/10.1007/s00292-022-01124-x

DE-61749

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